Die italienischen Momente im Leben
Wanderung durch die Felsen – wobei man sowohl vom oberen Ortsteil von Portofino als auch in Camogli starten kann und auf dem Weg mit wunderschönen Ausblicken belohnt wird –, muss man entweder mit dem eigenen Boot hinfahren, oder man nimmt eine der vielen Fähren, die täglich zwischen Camogli (aber auch Genua und Santa Margherita) und diesem zauberhaften, von der Welt abgeschnittenen Fleckchen Erde verkehren. San Fruttuoso, das ist eine kleine Strandbucht, eine monumentale, auf das Jahr 1000 zurückgehende Abtei, eine Kirche, der Geschlechterturm der Doria und einige wenige Privathäuser, die sich strahlend hell von den dunkelgrünen Pinien abheben, davor erstreckt sich malerisch das smaragdgrüne Meer. Die Trattorien hier sind klein, aber überall bekommt man fangfrischen Fisch. Eine Übernachtung in San Fruttuoso ist in unseren hektischen Zeiten eine ganz besondere Erfahrung, doch dafür muss man frühzeitig eines der sieben Zimmer des einzigen Gasthauses am Ort reservieren. Fernab vom Alltag – hier gibt es weder Kinos noch Bars oder Geschäfte für einen Schaufensterbummel – erlebt man eine einzigartige Ruhe, nur das dunkle Rauschen des Meeres ist zu vernehmen und ab und zu Vogelgezwitscher. Und wenn im benachbarten Portofino das mondäne Leben tobt und die Touristen entzückt schreien: » My God, it’s unbelievable! «, würde niemand annehmen, dass ganz in der Nähe ein solcher Ort existiert.
Ich komme am 1. August mit dem Flugzeug in Genua an und steige dort mit Vito, einem befreundeten Regisseur, der Produktionssekretärin, dem Chef-Kameramann, der Kostümbildnerin und dem Bühnenbildner in einen Fiat Multipla. Unser Ziel heißt Camogli. Dieses Auto verlassen wir eigentlich erst nach einer ganzen Woche wieder, und das auch nur, um in einen bequemeren neunsitzigen Kleinbus umzusteigen.
Die Tage davor sind wir rund um die Uhr durch die Gegend gefahren auf der Suche nach Requisiten und Kostümen. Was für ein Stress! Dazwischen gönnen wir uns nur wenige Stunden Schlaf, denn in den wenigen Verschnaufpausen müssen wir das Drehbuch noch ein wenig umschreiben ... Es gibt Probleme über Probleme ... von unliebsamen Zwischenfällen, die nicht durch die Dreharbeiten bedingt sind, mal ganz zu schweigen (wenn sich Vito beispielsweise mit einem Verkehrspolizisten anlegt und eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung bekommt ... irgendwie hatte der was dagegen, als »Stück Sch...« bezeichnet zu werden).
Die ersten beiden Szenen werden wir in Camogli drehen, einem ehemaligen Fischerdorf im Golfo Paradiso, den übrigen Film in San Fruttuoso. Verdammt, bis dahin sind es jetzt bloß noch zwei Tage! Daran möchte ich nicht einmal denken.
Ich stelle Ihnen jetzt die Mitglieder unserer fröhlichen Truppe vor, wenigstens die, die schon angekommen und inzwischen im Hotel untergebracht sind:
Checco, der klassische Schauspieler, der eigentlich nicht raucht, aber trotzdem ständig eine Zigarette in der Hand hat.
Maricla, die Produktionssekretärin, Spitzname: »Warum bin ich nicht lieber Büroangestellte geworden.«
Sebastiano, genannt »Sebi«, der männliche Hauptdarsteller in der Rolle des »schönen Schiffbrüchigen«, Spitzname »Ich probier’s bei jeder«. Eigentlich ein begnadeter Schauspieler, aber sobald die Kamera aus ist, geht es mit ihm durch, und er jagt jeder Frau hinterher, die nicht bei drei auf den Bäumen ist.
An unserem Set stellt er einen Rekord auf, den wir leider nicht an die Guinness-Redaktion weitergegeben haben. So können Sie im Buch der Superlative nur Bepi finden, den einzigen Italiener auf der ganzen Welt, der in einer Stunde 89 (neunundachtzig!) Scheiben Wassermelone essen kann, und die beiden Brüder Tazzi, die schwimmend die Straße von Messina durchquerten, aber nicht Sebi. Dabei hat er es geschafft, innerhalb von dreißig Sekunden zwölf Schauspielerinnen in den Ausschnitt zu fassen!
Doch weiter mit unserem Team: Deborah, die weibliche Hauptdarstellerin. Obwohl sie erst neunzehn ist, hat sie sich augenscheinlich schon Nase, Lippen und Busen richten lassen – was bleibt unserer Heldin da noch anderes außer einer Fersenkorrektur? Doch im Moment scheint ihr größtes Problem ihre Setcard zu sein: »Soll ich die alten Bilder alle überarbeiten oder lieber eine Card mit lauter neuen Fotografien machen lassen? Soll ich die alten Aufnahmen rausnehmen und dafür die neuen reinkleben oder die alte komplett wegwerfen und gleich ganz neu anfangen?« Neue Setcard oder nicht, das ist hier die
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