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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Maccallini
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Frage, schwerwiegendere Probleme hatte auch Hamlet nicht zu wälzen, und der musste nebenbei nicht auch noch Text lernen und oder zur Make-up-Probe. Ach, die Ärmste!
    Laura, die zweite weibliche Hauptrolle, war immerhin schon mal zu einem Casting für Das Leben ist schön von Roberto Benigni eingeladen. Sie wurde aber gleich aussortiert, wahrscheinlich weil sie ein T-Shirt mit der Aufschrift »Ich bin zu allem bereit« trug. Sie kommt aus sehr armen Verhältnissen, war malmit einem Reservespieler vom AC Mailand liiert, der dadurch berühmt wurde, dass er einen Mitspieler gezwungen hatte, sich tätowieren zu lassen, weil auf seinem eigenen Körper kein Platz mehr war. Boshafte Stimmen sagen auch, sie habe sich der Technik eines Indiostamms bedient und ihre Lippen so lange mit einem Hanfseil bearbeitet, bis sie die Dicke von zwei Federkissen hatten.
    Karen, die das polnische Starlet spielt, hat ebenfalls eine stürmische Liebesaffäre mit einem Fußballer hinter sich, und im Sommer ist sie regelmäßig in der Diskothek »Malindi« in Cattolica zu finden, wo sie halb nackt als Gogogirl tanzt. Den Rest des Jahres serviert sie Cocktails in einer Mailänder In-Bar. Einem Journalisten hat sie mal gesagt: »Ich habe schon immer davon geträumt, Cocktails zu servieren. Aber natürlich vergesse ich auch nicht meine polnischen Wurzeln.« Diese beiden ohne Sinn und Zusammenhang geäußerten Sätze haben den Journalisten so beeindruckt, dass er sich sofort in sie verliebte.
    Miriam gibt die Rolle der »schiffbrüchigen Ex-Pornoqueen« und sieht aus wie ein Double von Demi Moore. Ganz Italien kennt sie seit einem Banküberfall in Varese (nein, das ist kein Witz!). Nicht dass sie aktiv daran beteiligt gewesen wäre – zu solch drastischen Mitteln greifen wir Schauspieler nicht einmal in Italien –, aber sie nutzte die Gelegenheit, ihren nackten Busen in die Kameras der Videoüberwachung zu halten, dadurch fiel sie dem stellvertretenden Polizeipräsidenten auf, der sie wiederum seinem Sohn, einem Regisseur, vorstellte. Miriam ist ausgesprochen gläubig, und sie träumt davon, einmal Mutter Teresa in einer Serie des staatlichen Fernsehens darzustellen.
    Schließlich Roberto, der einzige Laiendarsteller. Er ist Besitzer einer Sushibarkette in Rom und Umgebung. Seine Sushiröllchen gehen bei den Leuten aus dem Latium weg wie warme Semmeln, Vito meint ja, die würden sie als Unterlegscheiben für Tischbeine oder als Knöpfe benutzen, und sagt, er hätte inder Gegend keine besser bestückte Kurzwarenhandlung gesehen, aber das halte ich für eine boshafte Unterstellung.
    Warum bin ich eigentlich hier? Weil es ein unterhaltsamer Film wird, sage ich mir. Denk nicht weiter darüber nach. Carpe diem , wie es so schön heißt. Lebe den Augenblick, Bruno!
    Ich habe mit Vito schon zwei andere Low-Budget-Filme gedreht, aber da war ich bloß Schauspieler. Ich habe gesehen, wie er mehrfach grandios gescheitert ist und immer wieder aufstand, niemals aufgegeben hat und wie er Begeisterungstänze aufführte, nur weil ziemlich halbseiden wirkende Produzenten, die wie eine billige Kopie der Mafiosi der Fünfzigerjahre in Little Italy aussahen, ihm ihr Okay gegeben hatten.
    Ich habe miterlebt, wie er zur Bank lief und dort um einen Kleinkredit bettelte, nur um sein Team eine Woche lang bezahlen zu können. Und wie er überall Schulden machte, um sich das Filmmaterial zu besorgen (damals gab es noch keine Digitalkameras). Wie er aus einem zusammengewürfelten Haufen von Nutten, die er auf dem römischen Straßenstrich der Via Salaria aufgegabelt hatte, eine ansehnliche Schar Komparsinnen machte, die dann glaubhaft Nonnen verkörperten. Ich war mit von der Partie, wenn man sich das von ihm mitgebrachte Mittagessen teilte, als wären alle eine große Familie, und man sich über diejenigen lustig machte, die nach dem Essen mit vollem Magen ein Nickerchen einlegten; ich war auch bei ihm an jenem Abend, als alle so erledigt waren, dass sie kein Bein mehr vor das andere setzen konnten, aber ein gemeinsames Essen mit Käsemaccheroni war noch drin; und ich war am letzten Drehtag dabei, das hieß in letzter Zeit allerdings schon immer am dritten Tag, denn länger reichte das Geld nicht mehr.
    Doch jetzt alles der Reihe nach.
    ~ ~ ~
Vor einem Monat
    BRUNO : Vito ... hast du überhaupt eine Vorstellung, was es bedeutet, einen Film in San Fruttuoso zu drehen? Irgendwo muss das Team auch schlafen ... und wo soll ich sie unterbringen? Etwa im Kloster? Das einzige

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