Die italienischen Momente im Leben
Menschen und tief greifendsten Erfahrungen sich in deineErinnerung einbrennen, aber aus irgendeinem Grund verblassen sie als Erste. Nur die Rezepte bleiben.
Setzen Sie die Spaghetti auf. Inzwischen schneiden Sie die Sardellenfilets und den Knoblauch in kleine Stücke und braten sie in reichlich Olivenöl an, sodass sie Geschmack annehmen. Dann einige klein geschnittene, getrocknete, in Öl eingelegte Tomaten dazugeben. Mit Peperoncino, wenig (!) Salz und Pfeffer würzen und mit gehackter Petersilie bestreuen. Semmelbrösel in Öl anrösten, vom Herd nehmen und mit Pecorino vermischen. Gießen Sie die Spaghetti ab, dabei behalten Sie etwas Kochwasser zurück, um es bei Bedarf der Soße hinzuzufügen, wenden Sie die Nudeln in der Pfanne mit den Sardellen, und mischen Sie alles gut durch.
Probieren Sie es doch selbst einmal aus!
31.
AVEZZANO
1970–2010
Im Alter von zehn Jahren entdeckte ich, dass es den Weihnachtsmann in Wirklichkeit gar nicht gibt. Ich weiß nicht, wie Sie das erlebt haben, für mich war das eine traumatische Erfahrung. Als ich vor einer Weile in einem alten Koffer kramte, fiel mir der rote Anzug in die Hände, den mein Vater damals trug, um mich zu überraschen. Da kam mir die Idee für diese kleine Erzählung:
Bis Weihnachten waren es zwar noch ein paar Tage hin, die Vorbereitungen hatten jedoch längst begonnen. Die kleinen Cousinen hatten schon die letzten Geschenke eingepackt, und die Mutter hatte eben den Stern auf der Spitze des Weihnachtsbaums befestigt. In der Schule zählte man jetzt die Tage rückwärts bis zum Fest, sogar die Nonnen in der Klosterschule konnten es kaum noch erwarten, diese Horde kleiner Monster loszuwerden, deren größte Freude es im Moment war, mit der Bronzefarbe von der Weihnachtskrippe lustige Sprüche an die Wände zu kritzeln: »Liebes Jesuskind, wir versprechen dir, demnächst immer schön brav zu sein, aber bitte mach, dass die Mutter Oberin sich den Damenbart abrasiert.« – »Weihnachten wird nicht einfach. Der Weihnachtsmann hat gesagt, dass dieses Jahr viele Nonnen Durchfall bekommen. Die Hälfte des Personals wird mit Grippe zu Hause bleiben, und wir Schüler werden aus Solidarität bis Ostern streiken.«
Der Junge, der immer den Kopf hängen ließ, beteiligte sich nie an diesen Streichen, er blieb stets ein wenig für sich, obwohl er sich eigentlich gern mit dem einen oder anderen frechen Satz dort verewigt hätte. Phantasie hatte er ja genug. Doch seine Mitschüler nannten ihn »Speckbombe«, nur weil er ein bisschen pummelig war und weil seine Mutter ihm jeden Tag ein Esspaket mit mindestens zwei Schalen Maccheroni oder Spaghetti mitgab. Und die mochte er doch so gern. An diesem Morgen hatte man den Anführer dieser Bande in flagranti erwischt, wie er gerade den neuesten seiner Sprüche an die Wand pinselte, aber der Mutter Oberin hatte er dann erzählt, ausgerechnet der arme Speckbombe habe sich diese Gehässigkeiten ausgedacht. Zur Strafe musste der Junge dann im Schulgarten auf lauter spitzen kleinen Steinen knien, während die anderen im Klassenzimmer fröhlich die Krippe aufbauten.
Kindheit bedeutet Liebe, Spaß, Ausgelassenheit, aber er, Speckbombe, war fast immer allein, nachdenklich, ein Außenseiter. Er lief mit ernstem Gesicht und gerunzelter Stirn herum, er redete kaum mit den anderen, auch die Mädchen hänselten ihn gern und gaben ihm das Gefühl, hässlich zu sein. Deshalb zog er sich in dieser Vorweihnachtszeit lieber in die stille Einsamkeit seines Zimmers zurück, als sich an dem ausgelassen lärmenden Treiben seiner Mitschüler zu beteiligen, die die schöne Zeit der Kindheit genossen.
»Sie haben ja recht: Ich bin wohl wirklich fett und deswegen mag mich keiner.«
Dieses Gefühl, von allen abgelehnt zu werden, machte ihn noch schüchterner, noch trauriger und verbitterter. Da beschloss er, draußen im Park spazieren zu gehen, wie immer mit hängendem Kopf, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, ein paar Haselnüsse knabbernd, die er am Morgen nach der Schule stibitzt hatte.
Wenn einer seiner Mitschüler ihn so niedergedrückt durch die Straße laufen sah, rief er ihm normalerweise etwas in derArt nach wie: »Speckbombe, was guckst du so nach unten, sind dir etwa die Maccheroni aus dem Mund gefallen?« Oder: »Du kannst die Mathestunde wohl gar nicht vergessen, oder?«, aber an diesem Tag hörte er etwas anderes: »Pass auf, Speckbombe, der Nusshändler sucht nach dir.«
Der Junge drehte sich schnell um, doch er konnte
Weitere Kostenlose Bücher