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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Maccallini
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der Stirn sprießen sollen. »Alle können sie sehen, außer dem, der sie trägt«, erklärt er.
    Das ist ja nur eine Legende, aber die »wahre« Geschichte – und ich will ihm glauben –, die mir der Fischer Alberto aus Ligurien erzählt, der ebenfalls in der Schlange am Anmeldungsstand steht, hat mich doch sehr verblüfft. In einem kleinen Dorf in der Provinz La Spezia soll ein Unbekannter Männer wie Frauen dem allgemeinen Spott ausgeliefert haben, indem er die gesamte Dorfgemeinschaft über das geheime Treiben ihrer treulosen Ehe- und Lebenspartner informierte: Familienväter und -mütter wurden mit vollem Namen auf Flugblättern aufgelistet, die er in Bars und Kneipen aufhängte oder unter die Scheibenwischer von parkenden Autos klemmte! Innerhalb weniger Stunden wussten sämtliche Nachbarn und Bekannten Bescheid, und die Angeprangerten mussten Spott und Hohn über sich ergehen lassen. Tagelang sprachen die rund 8000 Einwohner des Ortes von nichts anderem. In der kleinen Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kennt, sorgte diese Aktion für gewaltigen Wirbel. Auf der berüchtigten Liste tauchten sogar manchmal beide Eheleute auf, die sich mit anderen Partnern vergnügen sollten. Wer hatte sich diesen »Streich« nur ausgedacht? Die Polizei beschlagnahmte einen Großteil der Zettel und befragte die Einwohner des Ortes, um den Urheber der diffamierenden Flugblätter zu ermitteln. Im Dorf waren alle davon überzeugt, dass es jemand sein müsse, der ebenfalls auf besagter Liste stand. Die anderen Namen hätte er nur aufgenommen, um von sich selbst abzulenken.
    Wahrscheinlich ging es um Rache: Ein (verheirateter) Mann wurde (anscheinend zu Recht) verdächtigt, sich zu gut mit einer anderen Frau aus dem Dorf zu verstehen, die ebenfalls Familie mit Kindern hatte, und deren Ehemann wollte die heimliche Liebschaft ans Licht der Öffentlichkeit bringen. Der in seinerEhre Gekränkte hatte also aus Rachsucht und vor allem, um falsche Spuren zu legen, ein Verzeichnis sämtlicher angeblicher Seitensprünge des Dorfes angelegt. Einige der dort Genannten nahmen es mit Humor, so wie ein Mann, der in einem Interview meinte: »Das zeigt doch bloß, dass meine Gattin noch eine äußerst attraktive und begehrenswerte Frau ist, das Ganze wird unseren häuslichen Frieden nun ganz sicher nicht gefährden ...« Aber selbst wenn es einige Männer, die der Gehörnte aufs Korn genommen hatte, mit Fassung trugen, hatte es so manche Frau danach nicht leicht. Wenn es in der Ehe sowieso nicht zum Besten stand, lieferten die Unterstellungen nur noch weiteren Zündstoff.
    Würde es wohl genügen, den einzig »echten« Hahnrei ausfindig zu machen, um den Fall zu lösen? »Wollen wir mal hoffen, dass nicht jemand unschuldig hinter Gitter wandert, nur weil sich in den Verhören herausstellt, dass seine Frau auch ihn betrogen hat«, schloss Alberto seine Erzählung.
    ~ ~ ~
    Sollten Sie jetzt Gefallen an Festen für Betrogene gefunden haben, hätte ich noch was für Sie:
    Auf der Landkarte ist Ruviano nur ein winziger Fleck in den Hügeln der Provinz Caserta (Kampanien). Das Dorf liegt zwar nur knapp hundert Meter über dem Meeresspiegel, trotzdem weht im November den wenigen Einwohnern, die auf der Piazzetta zu Füßen des Uhrenturms unterwegs sind, ein kalter Herbstwind schneidend um die Nase. Doch am Abend des 11. November – Sankt Martin – scheint das niemand zu stören, wie jedes Jahr ist an diesem Tag alles anders: Kleine Grüppchen ziehen durch die Gassen, das Fremdenverkehrsamt hat bis spätabends geöffnet, hier und da sieht man einen Maroniverkäufer, und diese Ansammlung alter Steinhäuser auf dem Hügel füllt sich mit Einheimischen, Schaulustigen, Reportern und Fernsehteams wie meinem.
    Der Generalsekretär hat es so eilig, dass ich kaum mit ihm Schritt halten kann, als er zum »Verband der Gehörnten von Ruviano« hastet, wo die Männer des Ortes sich zu Ehren des Heiligen herrichten.
    Auf dem Weg dorthin erklärt er mir nebenbei: »Keiner weiß so ganz genau, wie dieser Brauch entstanden ist. In der Nachkriegszeit gab es ein paar Männer, die auf dem Platz unterhalb des Kastells regelmäßig am Martinstag ein Festmahl ausrichteten. Einer von ihnen, der legendäre Alfredino, genannt › u sunature ‹, was so viel heißt wie der Musikant, machte sich einen Spaß daraus, Passanten mit Spottversen aufzuziehen, in denen es unvermeidlich um das Thema Seitensprünge und Hörner aufsetzen ging. Nicht immer ließen die Betroffenen den Spott

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