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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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Organismus wie ein Schock. Selbst im schwachen Licht der fortgeschrittenen Dämmerung ist das Wasser überraschend klar.
    Ich kann stehen. Der Boden fällt sanft ab und fühlt sich glatt und metallisch an. Hastig rubbele ich meinen Körper ab, mein Gesicht, meinen Unterarm, alle Körperöffnungen und -höhlen, ohne jegliche Rücksicht. Ich schrubbe mich wund. Mit steifen Fingern kratze ich über meine Kopfhaut und wasche, so gut und schnell ich kann, meine Haare.
    Dann spüre ich es. Eine tiefe Vibration, die vom Boden des Teichs ausgeht, schwach zuerst, dann jedoch immer stärker.
    Das Hepra steht auf, blickt zum Rand des Dorfes und wieder zu mir. Ich verstehe sofort. Die Kuppel beginnt sich zu schließen. Ich muss hier raus.
    Ich stürze spritzend aus dem Teich, springe über den Rand und renne los.
    Die Vibration ist zu einem ausgewachsenen Dröhnen angeschwollen, das den Boden erschüttert. Man hört ein deutliches Klicken und das Summen wird zu einem lauten Ächzen. Eine Glaswand steigt aus dem Boden und droht mich einzusperren. Sie wächst schneller, als ich erwartet habe. Viel schneller. Binnen Sekunden ist sie kniehoch. Ich nehme Anlauf und springe ein paar Meter entfernt von ihr ab. Mit beiden Händen packe ich den oberen Rand und klammere mich an die glatte Oberfläche. Während die Wand weiter hochfährt, suchen meine Füße strampelnd Halt. Aber durch das Wasser, das von meinem Körper tropft, ist das Glas rutschig geworden, und ich drohe abzustürzen. Wenn ich jetzt falle, kann ich die Wand unmöglich noch einmal erklimmen. Ich wäre unter der Kuppel eingesperrt!
    Ich schließe die Augen, stoße einen stummen Schrei aus und werfe den Arm über die Krone, bis ich mit der Hand die äußere Kante erreiche. Jetzt ist es leichter. Ich ziehe mich hoch, rolle mich über die Krone und lande auf der anderen Seite der Kuppel, auf der Außenseite.
    Ich pralle unsanft auf die Seite und einen Moment lang wird vor meinen Augen alles weiß. Mittlerweile ist die Wand schon doppelt so groß wie ich und erhebt sich weiter.
    Das Hepra-Mädchen steht neben dem Teich. Es hebt meine Unterhose auf und hält sie zur näheren Begutachtung hoch. Es kräuselt – »kräuseln« ist diese Sache, die Hepra machen, wenn sie ihre Gesichtshaut zusammenziehen – die Nase in mildem Ekel. Und dann huscht ein weiteres Gefühl über sein Gesicht, unvertraut und fein. Da ist Ekel, aber auch die Andeutung von etwas anderem. Lachen? Nein, das ist zu stark. Der Hauch eines Lächelns streift kaum merklich seine Lippen, als ob es nicht die Kraft hätte, die Oberfläche zu durchbrechen.
    Das Hepra-Mädchen spießt meine Unterhose mit einem seiner Dolche auf, wirft mir einen raschen Blick zu und holt aus. Wie eine flatternde Fahne fliegt meine Unterhose an dem Dolch durch die Luft, segelt knapp über die Wand der sich schließenden Kuppel und landet einen Meter von mir entfernt. Dort bleibt sie liegen wie eine erlegte Beute.
    Die Kuppel schließt sich überraschend leise. Ich nehme meine Unterhose von dem Dolch. Sie riecht wirklich. Nachdem ich mich selbst gewaschen habe, stinkt sie sogar regelrecht. Und dann mache ich etwas, das ich nie zuvor getan habe: Ich kräusele die Nase, nur so, um zu sehen, wie es sich anfühlt. In meinem Gesicht kommt es mir gezwungen und fremd vor, als ob etwas Künstliches an meiner Nase ziehen würde.
    Das Hepra-Mädchen geht zur Glaswand der Kuppel. Ich kann es nicht besonders gut erkennen, der violette Himmel wirft einen letzten widerscheinenden Streifen auf sein Gesicht. Ich gehe hinüber, bis wir nur noch wenige Meter voneinander entfernt stehen, getrennt von der gläsernen Wand. Es tritt nah an die Kuppel, sodass sein Atem das Glas beschlägt. Ein kleiner nebliger Kreis, der sofort wieder verblasst.
    In seinem Gesicht liegt Furcht, Wut, Neugier und noch etwas. Ich blicke in seine Augen, und statt des Hochglanzplastikleuchtens, das ich von den Leuten gewöhnt bin, sehe ich etwas anderes. In seinen Augen tanzen kleine Tupfer, wie Flocken in einer Schneekugel.
    Ich wende mich ab und gehe weg. Auf dem Rückweg sammele ich meine Kleider ein und ziehe sie eilig über. Ich drehe mich um und werfe einen letzten Blick auf die Kuppel. Das Hepra hat sich nicht bewegt. Es steht nur da und beobachtet mich.

VORLETZTE NACHT VOR DER JAGD
    »Die Ereignisse, die sich gestern Nacht bei der Introduktion abgespielt haben«, sagt der Direktor, »waren ein wenig aggressiv.«
    Wir sind wieder im Vorlesungssaal, nach einem schnellen

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