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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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dazwischen. Es ist Ashley June. An ihrem Blick erkenne ich, dass sie genau weiß, was los ist, und sich Sorgen macht. Die andere Frau ist empört und will gerade protestieren, als sie sieht, um wen es sich handelt. Sie weicht zurück. Ashley und ich beginnen zu tanzen. Wieder klicken Kameras.
    Diesmal ist der Tanz keine Freude. Wir sind uns der Leute um uns herum zu bewusst, haben zu viel Angst vor dem Schweißfilm, der sich jeden Moment in meinem Gesicht zeigen kann, dem Geruch, den ich verströme. Ich habe zu wild getanzt. Am Ende des Stückes erkläre ich Ashley June (so laut, dass auch andere mithören können), ich müsse auf die Toilette. Ich weiß nicht genau, was mir das nützen soll, aber ich darf mich nicht weiter anstrengen. Ich muss hier raus und meinem Körper Gelegenheit geben, sich abzukühlen. Sie sagt, sie würde auf mich warten.
    Als ich am Urinal mein Geschäft verrichte, kommt jemand herein und stellt sich direkt neben mich, obwohl die ganze Reihe von Urinalen noch frei ist. Die Toilette ist komplett leer.
    »Was meinst du, wie lange du durchhältst?«, fragt er.
    »Verzeihung?«
    »Ist doch eine ganz simple Frage. Wie lange hältst du durch?« Er ist ein großer, imposanter Mann mit breiten Schultern. Er trägt eine zierliche Brille, die überhaupt nicht zu seinem stämmigen, muskulösen Körper passt. Auch sein Smoking sitzt nicht gut, er ist ein paar Nummern zu klein und kneift unter den Armen.
    Ich beschließe, ihn zu ignorieren, und konzentriere mich stattdessen auf die Zielmarke in dem Urinal. Meistens ist es eine Fliege oder ein Fußball, hier ist es eine Abbildung der Kuppel.
    »Lang oder kurz?«, fragt der Mann.
    »Was?«
    »Lange oder kurze Zeit?«
    »Hören Sie, ich weiß immer noch nicht, wovon Sie reden.«
    Der Mann schnuppert. »Mein Tipp ist kurz. Vielleicht eine halbe Stunde. Sobald ihr Jäger außer Sichtweite seid, werden die anderen euch ausschalten. Sowohl dich als auch das Mädchen.«
    Ein Reporter. Wahrscheinlich ein Paparazzo, der sich mit falschen Referenzen eine Zulassung erschlichen hat und nun auf eine sensationelle Insiderstory aus ist. In der Regel gehen sie wie folgt vor: Sie werfen dir eine ungeheuerliche Behauptung an den Kopf, um eine Reaktion zu provozieren, und berichten dann nur über die Reaktion. Am besten ich beachte ihn gar nicht.
    Ich ziehe meinen Reißverschluss hoch und gehe zu dem Papierhandtuchspender an der Tür.
    Er zieht seinen Reißverschluss ebenfalls hoch, stellt sich neben mich, streckt die Hand unter den Spender und versperrt mir den Weg. Der Spender wirft ein Papierhandtuch aus.
    »Benutzt die FLUN s, das ist alles, was ich sage«, meint er und zerknüllt das Handtuch in seiner Hand. »Benutzt sie sofort und ohne zu zögern. Die anderen Jäger, vor allem die beiden College-Kids, werden versuchen euch zu einem frühen Zeitpunkt der Jagd aus dem Rennen zu nehmen. Sei vorsichtig.« Während er spricht, sieht er mich nicht einmal an, als ob der Handtuchspender ein Teleprompter wäre.
    »Wer sind Sie?«, frage ich. Und woher weiß er von den FLUN s?
    »Eins ist ja wohl klar«, sagt er. »Die Dinge sind nicht das, was sie zu sein scheinen. Nimm zum Beispiel die heutige Nacht. Guck dir die Pracht des Festbanketts an. Was hat man euch erzählt? Dass es eine Entscheidung in letzter Minute war, zu dem Galadinner einzuladen? Guck dir die Speisen an, den Wein, die Dekoration, die Zahl der Gäste, und dann sag mir, ob es aussieht wie eine auf die Schnelle improvisierte Spontanparty. Und denk auch über die sogenannte Lotterie nach – manipulierbar wie nur irgendwas. Glaubst du, du bist zufällig hier? Die Dinge sind nicht das, was sie zu sein scheinen.« Er legt die Hand auf die Klinke und will gehen, wendet sich jedoch noch einmal zu mir um.
    »Und das Mädchen. Die Hübsche, mit der du eben getanzt hast. Pass auf mit ihr.« Zum ersten Mal sieht er mich direkt an. Ich erwarte, Härte in seinen Augen zu finden, und die ist auch da. Aber gleichzeitig sehe ich eine Spur von Freundlichkeit, die ich nicht erwartet habe. »Du musst vorsichtig sein. Sie ist nicht die, für die du sie hältst. Lass dich durch sie nicht von deinem Weg abbringen.« Und damit stößt er die Tür auf und ist verschwunden.
    Verrückter Spinner, denke ich, nehme ein Papierhandtuch und will mir gerade die Achselhöhlen trocken reiben, als eine lärmende Gruppe von vier oder fünf Mann hereinplatzt. Sie sind laut, wackelig auf den Beinen und offensichtlich betrunken. Ich verlasse die

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