Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
Vom Netzwerk:
reden«, sage ich.
    »Der Kleine ist noch nicht initiiert.« Der Ältere, der das sagt, ein großer Mann mit Knopfaugen, klopft mit den Fingern auf seinen vorstehenden Bauch. Die anderen lachen mit ihm.
    »Der Junge ist ein bisschen verklemmt, der Ärmste«, sagt Krugman. »Die Unterdrückung seines Triebes hat ihn überreizt. Wir hätten seine Bedürfnisse aufmerksamer beachten sollen. Also, wollen wir in den Besichtigungsraum gehen? Dort gibt es Mädchen im Überfluss.«
    Hinter mir ergreift Sissy das Wort. »Ich glaube nicht. Aber apropos Überfluss … woher haben Sie so viel Nahrung? Woher kommen die ganzen Vorräte? Und was ist mit den Medikamenten, mit den Werkzeugen, dem Tafelsilber, den Gläsern …?«
    »Wie ich sehe, habt ihr Fragen«, sagt Krugman und mustert uns kühl. Einen langen Moment sagt niemand etwas. Dann lächelt er wieder sein gewinnendes Lächeln. »Und ihr werdet euch erst zufriedengeben, wenn ihr Antworten bekommt«, sagt er nicht unfreundlich. »Ihr beide seid wie zwei Katzen. Zwei neugierige kleine Katzen, jaulende rollige Straßenkatzen.«
    Einer der Älteren lächelt schief.
    Krugman betrachtet schnaufend die Festungsmauer. »Dann kommt«, sagt er und weist nach draußen, »ich werde euren Wunsch mit dem allergrößten Vergnügen erfüllen. Aber lasst uns in mein Büro gehen, ja? Es ist in dem Eckturm der Mauer. Nicht weit von hier, nur ein kurzer Fußweg.«
    In diesem Moment geht die Tür hinter ihm auf, und ein junges Mädchen kommt heraus, das Haar zerzaust und aufeiner Seite platt gedrückt. Beim Anblick all der Männer erschrickt sie und zieht die Decke, in die sie gehüllt ist, enger um ihren Körper und über ihre nackte Schulter. Sie senkt den Kopf, murmelt eine Entschuldigung, verschwindet hastig wieder in dem Zimmer und schließt die Tür.
    Niemand sagt etwas. Dann dreht sich Krugman mit einem strahlenden Lächeln zu allen um. »Nun«, sagt er, und sein essigsaurer Atem weht in meine Richtung. »Sie ist auf jeden Fall ›initiiert‹ worden.«
    Brüllendes Gelächter lässt die Bodendielen beben und folgt uns, als wir die Taverne verlassen und uns auf den Weg zu Krugmans Büro machen. Auf beiden Seiten der Straße bleiben rehäugige Mädchen stehen und verbeugen sich.

22
    Als Sissy und ich zusammen mit Krugman und zwei seiner Gefolgsleute den gepflasterten Dorfplatz überqueren, zeigt Krugman nach oben. Vom Dach eines Hauses spannt sich ein langes Kabel bis zur Festungsmauer. »Dieses Kabel versorgt mein Büro mit Strom«, sagt er. »Für all die Spielzeuge und Apparate, die ich dort aufbewahre. Wenn man mein Büro finden will, muss man nur nach oben gucken. Das Stromkabel führt direkt zu mir.«
    Und so ist es. Aus der Ansammlung von Hütten führt es über den Pfad und quer über die Weiden bis zu Krugmans Büro im Eckturm der Festungsmauer.
    Als wir die Wendeltreppe auf der Innenseite der Mauer hochsteigen, scheppern die Metallstufen unter unseren Schritten. Oben werden wir einen langen Flur hinunter bis zu Krugmans Büro geführt. Es ist imposant. An den Außenwänden bieten Fenster vom Fußboden bis zur Decke ein beeindruckendes Panorama. Die steife Atmosphäre wird durch eine Sammlung traditioneller Möbel abgemildert. Eine Wandist mit rustikalen Bücherregalen aus Eiche vollgestellt, in denen jedoch seltsamerweise keine Bücher, sondern gerahmte – offensichtlich von Kindern gemalte – Bilder von Regenbögen, Sonnenuntergängen und Ponys stehen. Auf der anderen Seite befindet sich ein großer offener Kamin mit Steinplatten. Davor liegt ein beigefarbener ovaler Teppich mit Blumenborte. Über dem Kamin hängt ein gerahmtes Gemälde von üppigen grünen Weiden, blauen Seen und Blumen unter einer sattgelben Sonne.
    Ein kaum dreizehnjähriges Mädchen tritt vor und bietet den Älteren Gläser mit Whisky an.
    »Setzt euch«, sagt Krugman und weist auf einen merkwürdig aussehenden Sofastuhl. Wir zögern. »Es heißt Chaiselongue«, sagt er, als er sieht, wie ich ihn betrachte. »Das ist die klassische Aussprache, aber das kannst du natürlich nicht wissen. Schau dir das zierliche Unterteil aus geflochtenem Seegras an. Das leise Knarren, wenn man sich daraufsetzt oder -legt; wie es zu einem Bett wird, das gerade breit genug ist, um sich zu zweit darauf zu kuscheln; das gekürzte Polster, die organische Ästhetik. Ich liebe es.« Er lächelt. »Aber ihr seid nicht hergekommen, um meine Büroeinrichtung zu erörtern, nicht wahr? Also, welche Fragen belasten euch?«
    Sissy

Weitere Kostenlose Bücher