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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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Moment lang empfinde ich irrationale Erleichterung. Jenseits meiner Beine bin ich sicher, sie bilden einen Puffer. Soll er meine Beine haben, solange er mich nicht kriegt.
    Mein Gedanken schweifen wirr. Mein Verstand funktioniert nicht.
    Ich bewege mich hin und her. Ich brauche Luft. In meiner Panik habe ich vergessen, vor dem Eintauchen tief einzuatmen, und schon jetzt wird die Luft knapp. Noch habe ich fast nichts von der Strecke, die ich unter Wasser zurücklegen muss, geschafft, und meine Lungen sind bereits leer.
    Ich winde und drehe mich, versuche, meinen eingeklemmten Körper zu befreien, ich hätte vorher meine lästige Kleidung ausziehen sollen. Ich zapple weiter, und irgendwie rutsche ich durch die windenden Bewegungen ein gutes Stück tiefer nach unten. Haltsuchend gleiten meine Hände über die glatten Metallwände des Schachts. Ich ertaste eine winzige Erhebung, nicht mehr als eine unsauber eingedrehte Schraube, doch es reicht als Halt für meinen Finger, um mich weitere dreißig Zentimeter nach unten zu ziehen.
    So hangle ich mich stückweise weiter, bis ich ganz untergetaucht bin. Doch ich komme zu langsam voran, so kann das nicht funktionieren. Ich habe die Augen geöffnet, sehe jedoch nichts als schwarze eisige Kälte wie tausend Nadelstiche und bar jeder Luft. Das Ganze war ein Fehler, ich muss irgendwie umkehren, wieder auftauchen, Luft schnappen, kostbare Luft …
    Von oben packt etwas meinen Fuß.
    Ich schreie. Die letzten Luftblasen blubbern aus mir heraus wie aus einem halb aufgeblasenen Luftballon.
    Mein Schuh wird abgestreift, mein Fuß beinahe mit herausgerissen. Ich trete nach hinten aus, kreische und stoße meinen Körper nach unten.
    Irgendetwas gibt irgendwie nach. Mein Körper rutscht einen weiteren Meter tiefer. Die Schultern eingerollt und so schmal wie möglich versuche ich, mich an den Wänden entlangzutasten und weiter nach unten zu ziehen …
    Ein scharfer Fingernagel kratzt über meine nackte Fußsohle.
    Ich reiße den Mund zu einem Schrei auf, doch kein Laut dringt heraus. Es ist keine Luft, kein Laut mehr übrig.
    Kein Wasser schlucken! Ein Tropfen Wasser in der Luftröhre würde einen tödlichen Krampf auslösen. Ich trete aus und treffe auf Haut und einen runden Knochen – den Wangenknochen des Schatters? Als ich den Fuß wegziehe, streichen Haarsträhnen über meinen Knöchel in Richtung meines Fußes.
    Panik erfasst meinen gesamten Körper. Ich taste verzweifelt an den glatten Wänden entlang. Und dann geschieht ein Wunder: Der Schacht wird plötzlich breiter. Nur ein oder zwei Zentimeter auf jeder Seite und bestimmt nicht genug, um sich umzudrehen, doch es fühlt sich an wie ein Cañon. Mein Körper rutscht erst einen halben, dann ein, zwei Meter tiefer, ich stoße mich mit den Armen an den Wänden ab und trete mit den Beinen. Ich fange an, den Wasserdruck auf den Ohren zu spüren. Nun müsste ich außer Reichweite des Schatter-Mädchens sein und werde mich bestimmt nicht weiter in die Tiefe vorwagen.
    Doch dann spüre ich die Krallen seiner Hand wie eine Zange um meinen Knöchel, sein Griff fest und unnachgiebig. Ich trete, doch das scheint es nur anzuspornen. Sein Griff wird noch fester. Ich trete erneut aus, und dieses Mal trifft mein Ballen auf etwas Großes und Festes wie einen Kopf.
    Unvermittelt scheint dem Schatter-Mädchen bewusst zu werden, dass es ganz untergetaucht ist, und es fängt an, mitden Armen um sich zu schlagen. Ich spüre, wie es meinen Knöchel loslässt, doch seine Hand hat sich in meinem Hosenbein verfangen. Eingeschränkt durch den schmalen Schacht und die enge Hose kann es den Stoff nur halb zerreißen und bleibt mit den Krallen darin hängen. Panik erfasst den Schatter, als ich noch tiefer in den Schacht tauche; sein vom Wasser gedämpfter Schrei wird begleitet von einem Knacken, seine Finger werden verbogen und ausgerenkt. Ich spüre ein letztes heftiges Zucken und dann nichts mehr. Der Schatter ist still, ertrunken.
    Ich reiße die Augen auf und versuche, den Boden auszumachen, doch alles ist schwarz. Ich kann mich nur immer weiter in den Abgrund ziehen. Dann kommt mir ein Gedanke, der mir das Mark gefrieren lässt. Was, wenn ich nicht auf den Boden, sondern auf Sissy stoße? Auf ihre Leiche, die den Weg versperrt, Kleider, die um ihren Körper treiben, ihr Gesicht im Tod aufgequollen und ausdruckslos, das lange Haar, das wie in Zeitlupe um ihren Kopf schwimmt?
    Ich kneife die Augen zu, um das Bild zu vertreiben, und tauche noch tiefer,

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