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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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skeptisch den Kopf. »Vielleicht war der Speichel schon abgewaschen, als es meinen Fuß erwischt hat. Ich meine, in dem Schacht war eine Menge Wasser. Wenn es mich mit speichelfreien Fingernägeln gekratzt hat, konnte ich mich auch nicht anstecken. Und das könnte der Grund dafür sein, dass ich mich nicht verwandle.«
    Aber sie sieht mich weiter staunend an.
    »Ich muss dich kontrollieren«, sage ich eilig. »Dreh dich um.« Das tut sie, ihr feuchter Rücken glänzt in dem grünen Licht. Ich streiche mit dem Finger über die vorstehenden Schulterblätter und durch das Tal ihrer Wirbelsäule. Ihr Rücken ist gewölbt und glatt wie das Innere einer Muschel. In ihrem Kreuz verharrt mein Finger, ich halte still und spüre ihre innere Erregung. Sissys Brustkorb dehnt und senkt sich schneller, weiter, tiefer. Sie wendet den Kopf und sieht mich über die Schulter an.
    »Alles okay«, sage ich leise. »Keine Kratzer.« Ich hebe ihre Bluse auf, und sie zieht sie wieder an. »Du hast Luft in mich geblasen. Woher wusstest du, was zu tun ist?«
    »Der Forscher hat es uns erklärt«, sagt sie. »Er hatte ständig Angst, dass wir in dem Teich unter der Kuppel ertrinken.« Sie verstummt und blickt zur Tür. Durch den Spalt fällt ein Schimmer von Morgenlicht. »Da draußen ist es nicht sicher«, sagt sie. »Es ist nirgendwo mehr sicher.«
    »Sie waren hier drin«, sage ich. »Eine Gruppe Älterer, sie wollten zuschauen, wie wir sterben.«
    Sie nickt. »Ich habe sie auch gesehen. Warum haben sie das getan? Warum wollten sie uns töten? Ich dachte, der Befehl der Zivilisation hätte uns davor geschützt … umgebracht zu werden.«
    Ich hebe mein Hemd auf und wringe es aus. »Auf dem Bahnsteig haben wir eine Grenze überschritten. Im Angesicht des ganzen Dorfes. Wir haben die Älteren körperlich attackiert, selbst wenn es in Notwehr war. Das durften sie nicht durchgehen lassen. Nicht vor den Augen all der Mädchen. Sie mussten ein Exempel statuieren, Befehl hin oder her.«
    »Wir müssen die Jungen holen«, sagt sie und knöpft eilig ihre Bluse zu. »Dann fliehen wir in den Wald, so weit fort von hier wie möglich. Zu warten, bis die Brücke heruntergelassen wird, können wir jetzt vergessen. Los, komm!«
    Ich lege die Hand auf ihren Arm. »Ich muss dir etwas erzählen, etwas total Wichtiges.« Ich berichte ihr alles, was Clair mir erzählt hat. Ich spreche schnell und denke die ganze Zeit, dass wir möglichst schnell zurück zur Hütte und den Jungen laufen sollten.
    »Im Osten?«, fragt Sissy perplex. »Der Forscher lebt noch?«
    »Das ist ganz schön viel auf einmal, ich weiß. Aber jetzt müssen wir erst mal fliehen . Wir können später versuchen, es zu verdauen und zu verstehen. Jetzt hauen wir ab, steigen den Berghang hinab bis zum Flusslauf und folgen ihm nach Osten.«
    Aber Sissy hört mir nicht mehr zu und sieht mich auch nicht mehr an. Ihr Blick ist auf etwas direkt vor der Glaswand fixiert. Sie wird blass und zeigt auf die Öffnung des Schachts.
    Das Schatter-Mädchen ist – das Gesicht nach unten – an die Oberfläche des Beckens getrieben, ein lebloser Klumpen. Sein schwarzes Haar treibt auf dem Wasser wie Risse im Glas. Nachdem es sich mit den Krallen in meinem Hosenbein verfangen hatte, habe ich es offenbar mit mir durch den Quertunnel in den anderen Schacht gezerrt.
    Sissy geht auf das Mädchen zu.
    »Es ist tot, Sissy.«
    »Wir müssen uns vergewissern«, sagt sie und bückt sich. Das Schatter-Mädchen ist mit Wasser vollgesogen und so schwer, dass Sissy seinen Körper am Rand des Beckens wieder sinken lässt, wo er halb heraushängt wie eine schwarze entzündete Zunge.
    Ich stupse seinen Kopf mit dem Fuß an, bis sein Profil in meine Richtung blickt. Seine Augen sind geschlossen, der Mund ist offen wie ein klaffender Schlund, die Spitzen der Schneidezähne sind auf die Unterlippe gepresst.
    Es stöhnt.
    Sissy und ich machen einen Satz zurück.
    Rauch steigt in dünnen grauen Fäden vom Gesicht des Schatter-Mädchens auf. Es beginnt zu wimmern, seine Finger zittern. Es ist das Licht das GlühBrenns, nicht so hell, dass es tödlich wäre, aber hell genug, um ihm quälend langsam Verbrennungen zuzufügen.
    »Wir müssen es zu Ende bringen. Ich schleppe es nach draußen in die Sonne.«
    »Sissy, lass uns kein Risiko eingehen. Und keine Zeit verschwenden.«
    »Ich werde nie Ruhe finden, wenn ich weiß, dass hier ein Schatter herumläuft.«
    »Sissy«, sage ich drängend und fragend. »Es ist zu gefährlich. Es

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