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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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herauswürgen. Ich bleibe eine Minute lang auf der Seite liegen, zu erschöpft, um mich zu bewegen. Sissy richtet mich auf, zieht mein Hemd hoch und erkundet mit ihren Händen meine Brust, meinen Bauch und meinen Unterleib.
    »Sissy?«, frage ich stammelnd, wobei mir Tropfen von den Lippen spritzen.
    »Hast du einen Kratzer abbekommen? Eine Schnittwunde? Einen Biss? Hat es dich irgendwo erwischt?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hat es dich erwischt, Gene? Sag es mir!« In ihren Augen brodelt Besorgnis.
    Und plötzlich habe ich selbst wieder Angst, und diese neue Furcht macht mich schlagartig hellwach. Sissy hat Recht: Wenn einer von uns auch nur einen Kratzer von dem Schatter abbekommen hat, werden wir uns verwandeln. Die Symptome dieser grausamen Zersetzung zeigen sich immer sofort, obwohl es Stunden dauern kann, bis der Prozess abgeschlossen ist. Sie mustert mich beunruhigt, ihr Haar klebt in ihrem porzellanweißen Gesicht, Wassertropfen kullern wie Schweiß über ihre Wangen.
    Wir stehen zusammen auf, sie zieht mir das Hemd vom Leib, ich öffne die Knöpfe ihrer Bluse, die wie Seepocken auf ihrer Haut sitzen. In dem ersterbenden grünen Licht wandern unsere Blicke über den Körper des anderen. Auf der Suche nach Stichen, Kratzern, Schnitten streichen meine Finger über ihre Haut.
    Sie lässt ihre Hand an meinem rechten Bein hinab bis zum Knöchel wandern und zuckt zusammen.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Gene«, sagt sie mit vor Angst gedämpfter Stimme, »dein Hosenbein ist total zerfetzt.«
    In den längsten zwei Sekunden meines Lebens krempelt sie den zerrissenen Stoff hoch und reißt entsetzt den Mund auf. Lange Kratzer ziehen sich über meine Haut, zumeist weiße Striemen, wo Fingernägel sie gestreift haben. Doch es gibt einen langen blutigen Riss, wo die Krallen des Schatter-Mädchens die Haut aufgeritzt haben, sodass sein ansteckender Speichel eindringen konnte.
    Unsere Blicke treffen sich. Dann reiße ich mich los.
    »Weg von mir!«, rufe ich. »Lauf, Sissy!«
    Aber sie rührt sich nicht, sondern starrt mich nur eindringlich an, als wollte sie mir mit ihrem Blick ein Heilmittel einflößen.
    »Sissy! Du musst abhauen! Bevor ich mich verwandle!«
    »Tust du das denn, Gene?«
    »Was?«
    »Verwandelst du dich? Ich glaube nicht.«
    Ihre Frage macht mich völlig perplex. Ich fasse mir an die Brust, als ob dort die Antwort liegen würde. Sie hat Recht. Ich spüre keins der Symptome einer Verwandlung, wie mein Vater sie mir vor Jahren eingetrichtert hat. Kein Zittern. Kein Gefühl, dass es meine inneren Organe zerreißt. Und meine Haut ist auch nicht brennend heiß.
    »Du hast uns erklärt, dass die Symptome immer nach maximal einer Minute auftreten. Aber du hast die Verletzung schon deutlich länger als eine Minute und machst trotzdem einen völlig gesunden Eindruck.« Noch einmal gleitet ihr Blick über meinen Körper.
    Sie steht auf und geht bis zur vordersten Reihe des Zuschauerraums, wo ich eben noch die gaffenden Älteren gesehen habe. Jetzt sind die Plätze leer, nur ein paar GlühBrenns sind bei ihrem hastigen Aufbruch zurückgeblieben. Sie knackt eins von ihnen auf. Grünes Licht strömt heraus.
    Ich verziehe keine Miene und kneife auch nicht die Augen zu. Das Licht schmerzt nicht im Geringsten. Im Gegenteil, es ist die strahlendste, schönste Farbe, vor der ich je nicht zusammengezuckt bin. Die Farbe verschwimmt, und ich merke, dass ich Tränen in den Augen habe.
    Ich höre das Knacken von Plastik, dann spritzt Flüssigkeit in mein Gesicht.
    »Hey, lass das!« Leuchtend grüne Punkte sind über mein Gesicht und meine Kleidung verstreut.
    »Tut mir leid«, sagt Sissy und unterdrückt ein Lächeln. »Ich musste mich nur vergewissern.« Sie streckt die Hand aus und wischt mir die schimmernden Perlen aus dem Gesicht. Ihr Finger streicht über meine Wagenknochen und verharrt dort einen Moment.
    »Gene«, flüstert sie, »du bist wirklich der Ursprung. Du hast eine Kratzwunde und müsstest dich eigentlich verwandeln. Aber sieh dich an.« Ihr Augen glänzen.
    Ich bin für den Moment sprachlos und kann ihren Blick nur erwidern. Als es nach mir in den Schacht getaucht ist, war das Schatter-Mädchen mit eigenem Speichel beschmiert, seine Hände und Nägel vollgesabbert. Aber vielleicht war die Spucke schon abgewaschen worden, als es mich gekratzt hat. »Ich weiß nicht, Sissy.«
    »Es ist wirklich wahr«, flüstert sie, als hätte sie mich gar nicht gehört. »Du bist es. Du bist der Ursprung.«
    Ich schüttle

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