Die Jäger des Roten Mondes
anderen Zeiten waren sie ausschließlich sich selbst überlassen, mit allen Vorstellungen, Mutmaßungen oder Gedanken, die sie sich über ihr mögliches Schicksal machten.
Das ging, wie Dane später vermutete, ungefähr zwei Wochen so weiter. Für die Gefangenen gab es nichts weiter zu tun, als Lebensgeschichten auszutauschen, wenn sie wollten, sich gegenseitig von ihren Heimatwelten zu erzählen und einander kennen zu lernen.
Dane erzählte ihnen alles, was er über die soziale und politische Geschichte der Erde wußte, obwohl vermutlich ein Teil ihres Interesses aus Verwunderung und Erstaunen darüber bestand, daß eine zumindest teilweise zivilisierte Welt so lange vom Galaktischen Bund übersehen worden war. Nur Rianna hatte eine vage Vermutung, was der Grund dafür sein konnte.
»Ihr habt einen gewissen Grad des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts erreicht«, stimmte sie zu, »aber auf anderen Gebieten hinkt ihr weit hinterher, vermutlich, weil ihr so abgeschnitten seid. Zum Beispiel sagst du, daß ihr in eurer überlieferten Geschichte niemals auch nur von Beobachtungs- oder Gastmannschaften von anderen Planeten besucht worden seid.«
»In unserer bekannten Geschichte nicht, nein. Obwohl manche Wissenschaftler vermuten, daß einige religiöse Mythen entstellte Überlieferungen solcher Besuche vor dem Zeitalter der Geschichtsschreibung sein könnten.«
»Das ist unwahrscheinlich«, protestierte Dallith. »Wissenschaftliche und beobachtende Teams des Bundes sind gewöhnlich sehr darauf bedacht, daß auf den Planeten, die sie besuchen, nicht solche Vorstellungen entstehen.«
»Aber es gibt keine Möglichkeit herauszufinden, ob die Besucher vom Bund waren … wenn es solche Besucher gab«, sagte Rianna. »Sie können von überallher gekommen sein. Nein, die wahrscheinlichste Erklärung ist, daß sie euer Solarsystem einfach übersehen haben. Es gibt so furchtbar viele unbewohnte Welten, daß eine oder zwei oder zweihundert beim Katalogisieren einfach vergessen worden sein können. Hast du nicht gesagt, daß nur eine Welt eures Systems für normales, tierisches Leben bewohnbar ist? Das ist sehr ungewöhnlich; wahrscheinlich besuchten sie einen oder zwei Planeten, fanden sie unbewohnbar und ließen das ganze System links liegen. Schlampige, wissenschaftliche Arbeit natürlich, aber so etwas kommt vor.«
Dallith vermutete: »Vielleicht ist eure Erde besucht worden, bevor sich intelligentes Leben entwickelte. Oder als ihr Menschen noch in den Bäumen wohntet.«
Aratak rasselte: »Das würde sie nicht aufhalten. Meine Welt trat dem Bund bei, noch ehe das Göttliche Ei uns mit dem Rad beschenkt hatte!«
Das erinnerte Dane an eine bevorzugte Theorie der Science Fiction-Schriftsteller. »Manche Leute nahmen an, daß Besucher aus dem All uns wegen unserer Atomkriege und ähnlichem mieden oder unter eine Art kosmische Quarantäne stellten.«
»Wenn absoluter und dauernder Frieden eine Qualifikation wären«, sagte Rianna trocken, »würde der Galaktische Bund vermutlich aus nicht mehr als zwei Dutzend Welten bestehen, von denen die meisten von Empathen bewohnt wären. Der Bund tut alles, was in seiner Macht steht, um den Mitgliedplaneten bei der Lösung ihrer internen Auseinandersetzungen zu helfen, und manchmal trägt schon die Anwesenheit des Bundes dazu bei, daß die Bewohner eines Planeten ein Gefühl für Solidarität und innere Harmonie entwickeln. Aber auf die Weise, wie der Bund organisiert ist, dient er hauptsächlich als Barriere gegen interplanetarischen oder interstellaren Krieg. Die meisten Planeten lösten ihre Kriegsprobleme zu einem früheren Zeitpunkt in der Geschichte als ihr, aber eure Geschichte scheint von klimatischen Wechseln, Sintfluten und ähnlichem zerrissen zu sein, was typischerweise dazu führt, daß kleine Gruppen von Menschen von anderen kleinen Gruppen abgeschnitten werden und ihre ethnischen, kulturellen, sozialen und sprachlichen Unterschiede überbetonen. Das Ergebnis ist natürlich eine Verlängerung der Kriegsperiode in der Geschichte des Planeten. Obwohl ich zugeben muß, daß es ein bißchen ungewöhnlich ist, Kriege auf das Entwicklungsstadium nach der Industriellen Revolution auszudehnen.«
Dane war froh, die Diskussion über seine ›mißratene‹ Kultur zu beenden und etwas über die anderen zu erfahren. Dallith kam von einer weitgehend homogenen Welt, die – nach einer langen Eiszeitperiode, gefolgt von Perioden der Überflutungen und tropischen
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