Die Jaeger
Autos sah.
»Reife Leistung«, sagte er und nickte uns wohlwollend zu. »Das muss man erstmal hinkriegen.« Doch als er das viele Blut erblickte, verstummte er. »Ist das von euch?« Er musterte uns entsetzt.
»Nein, das war für die Praxis bestimmt«, antwortete Robert, bevor ich etwas erwidern konnte.
»Für die Praxis?« Kurt drehte eine Runde um das Auto, wobei er die Blutspritzer genau ansah. Auch die beiden noch intakten Blutbeutel im Fußraum entgingen ihm nicht. »Wir hatten noch nie Blutkonserven in Mullendorf.«
»Dann ist das jetzt neu«, sagte ich schnell. »Robert ist ein guter Arzt.«
»Zieht das nicht Vampire an? Ich habe gehört, die Krankenhäuser dürfen nichts rausgeben, es muss alles gut bewacht werden.«
»Sag das den Kranken, die eine Transfusion brauchen, denen ist egal, was die sich in den Behörden immer ausdenken.« Ich nahm Kurt zur Seite. »Wie geht es eigentlich Viviane?«, fragte ich, um ihn von weiteren Fragen abzulenken. Er sah mich mit sorgenvollem Blick an, bevor er mit Robert den Opel auf den Abschleppwagen hievte.
»Oh, gar nicht gut. Sie trauert um ihre Mutter. Sie will niemanden sehen, isst nichts und schimpft die ganze Zeit auf Vampire. Ich weiß gar nicht, was sie hat, denn es ist ja nun klar, dass es ihr Stiefvater war, der sie umgebracht hat, aber sie flucht trotzdem. ›Die sind schuld‹, sagt sie immer wieder, ›diese Monster sind schuld‹. Es ist nicht einfach.« Er seufzte.
Es tat mir sehr leid um meine beste Freundin. Aber sie wollte auch mich nicht sehen, so dass ich ihr nicht helfen konnte. Vielleicht musste ich mich einfach mal über ihre Anordnung hinwegsetzen und zu ihr gehen, um sie zu trösten. Dass sie auf Vampire schimpfte, beunruhigte mich, aber ich hoffte, sie würde Robert und Leif nicht verraten. Nicht jetzt, wo gerade die Spione im Ort herumspionierten.
Nach einer weiteren halben Stunde waren unsere Wagen verladen, und wir konnten uns auf den Weg nach Mullendorf machen. Kurt plauderte munter von seiner Arbeit, erklärte uns, was er mit unseren Autos anstellen wollte, um sie wieder in Gang zu kriegen, während Robert und ich schwiegen und nur hin und wieder ein »aha« einwarfen. Dreißig Minuten später erreichten wir Leifs Tankstelle und die dazugehörige Werkstatt. Mein Chef – oder bald Ex-Chef – stand draußen und half einem Touristen mit dem Luftprüfgerät. Als er uns vorfahren sah, kam er sofort heran. Noch während Kurt ihm Bericht erstattete, hatte er mit einem Blick die Situation überschaut.
»Das Blut ist nicht von ihnen«, erklärte Kurt. »Der Doktor wollte Blutkonserven für die Praxis holen. Aber immerhin haben es zwei Beutel überlebt.«
Ich konnte sehen, wie schwer es Leif fiel, sich nicht sofort auf das Blut im Wagen zu stürzen. Mühsam beherrschte er sich und gab uns mit zusammengepressten Kiefern Anweisungen, wie mit den Wagen zu verfahren sei. Dann machte er eine kurze Runde um die beiden Autos und kehrte in den Laden zurück.
Kurz darauf standen wir in der Werkstatt und füllten die nötigen Formulare aus, dann überließen wir die Wracks den fürsorglichen Händen der Mechaniker. Ich ging zu meinem Auto und holte meine Tasche heraus.
Kurt stand noch bei Robert und erklärte ihm, wie sie das Blut aus den Sitzen und der Verkleidung entfernen würden. Dann griff er in den Fußraum, um Robert die beiden intakten Konserven zu reichen. Doch sie waren nicht mehr da. Er untersuchte den ganzen Wagen von oben bis unten. Sie blieben verschwunden.
Erschüttert stand er schließlich vor uns. »Sie sind weg. Es tut mir leid, nun kann doch niemand in deiner Praxis eine Transfusion bekommen.«
Robert nickte. »Ja, das ist sehr bedauerlich. Aber dann hole ich eben neue.«
»Aber wo sind sie?« Das Rätsel ließ Kurt keine Ruhe. »Sie können nicht von alleine weggegangen sein, sie haben keine Beine. Sie können nur gestohlen worden sein. Wer klaut denn hier Blutkonserven?«
»Niemand macht das! Wer weiß, wo sie hingekommen sind«, antworteten Robert und ich fast gleichzeitig.
»Es können Vampire gewesen sein.« Kurt zog die Stirn kraus. »Dann haben wir Vampire in Mullendorf.« Ich konnte sehen, wie es in seinem Hirn ratterte und er ein Puzzleteilchen zum anderen fügte. Ich wollte ihn auf eine falsche Fähre locken, doch er ließ sich nicht beirren.
»Nur wir drei waren hier. Ihr habt sie gebracht, werdet sie also kaum stehlen. Und ich war es auch nicht.« Seine Stirn legte sich in noch tiefere Falten. »Dann kam Leif
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