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Die Jaeger

Die Jaeger

Titel: Die Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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mich aufpassen.«
    »Ich weiß«, antwortete er nach einem kurzen Zögern genauso leise. »Aber du hast keine Ahnung, wozu sie fähig sind. Sie dürfen gar nicht erst auf die Idee kommen, dich mit mir in Zusammenhang zu bringen. Schon das könnte schlimme Folgen haben.«
    Ich ging den einen Schritt auf ihn zu und schmiegte mich an ihn.
    »Aber ich habe dich doch gerade erst gefunden. Ich möchte dich nicht gleich wieder verlieren.«
    Er drückte mich an sich. »Ich weiß«, erwiderte er sanft. »Ich will dich auch nicht verlieren, aber es muss sein.«
    Ich presste meine Nase an seine Schulter und sog tief seinen vertrauten Geruch ein. Meine Hand strich über seine kalte Haut. Für einen winzigen Moment glaubte ich, seinen Herzschlag zu spüren, aber das war eine Täuschung, vermutlich nur eine Sehne oder ein Muskel, der sich anspannte.
    »Kannst du mich mitnehmen?«, flüsterte ich in sein Ohr. »Zusammen können wir ihnen vielleicht entkommen. Und ich will doch eigentlich sowieso nicht in Mullendorf bleiben.«
    Diese Idee hatte ich neulich schon einmal gehabt, aber nicht laut ausgesprochen. Es war Wahnsinn, mit einem Vampir auf der Flucht zu sein. Aber auf der anderen Seite hatte ich nichts zu verlieren. Mullendorf war nicht gerade der Hort für eine glorreiche Zukunft voller Wohlstand und Glück. Vielleicht würde ich mit Robert nach Russland oder Frankreich fliehen, wo Grabflüchter nicht verfolgt wurden. In Gedanken sah ich mich Arm in Arm mit ihm die Avenue de Champs-Élysées entlang schlendern. Bei Gucci blieben wir stehen und er kaufte mir eine schicke Sonnenbrille, bei Prada eine Handtasche, für die es sich zu sterben lohnte. Wir aßen Eis, also ich aß es, er leckte mir die Lippen danach ab, und dann saßen wir in einem Café und tranken Wein. Vermutlich wieder nur ich, und er erzählte mir hinterher, dass meine Lippen nach den Weinbergen der Provence schmeckten.
    Unsanft holte mich Robert mit einem einzigen Wort aus meinem französischen Traumschloss. »Niemals!« Er löste sich von mir und hielt mich etwa eine Armlänge von sich entfernt.
    Ich war entsetzt, wie harsch er klang. Doch ich hielt tapfer dagegen. »Warum nicht? Ich habe nicht viel zu verlieren, überhaupt nichts, um genau zu sein. Meine Mutter würde gar nicht merken, dass ich weg bin. Meine Schwester würde einen Luftsprung machen. Leif hat seine neue Angestellte sowieso lieber als mich, und der Rest von Mullendorf ist mir egal.«
    »Es ist viel zu gefährlich. Du hast keine Ahnung, wie entbehrungsreich ein Leben auf der Flucht ist. Das willst du nicht. Und ich will es definitiv nicht für dich.« Er ließ mich los.
    »Habe ich nicht auch etwas dazu zu sagen? Ich würde gerne …«
    »Nein«, schnitt er mir das Wort ab. »Du hast nichts dazu zu sagen.«
    Dann nahm er seine Jacke und ging hinaus.
    Ich war viel zu perplex, um ihn aufzuhalten. Sprachlos blieb ich zurück. Insgeheim hoffte ich, dass er zurückkehren und seine Worte zurücknehmen würde, doch der Türrahmen blieb leer. Als er nach zehn Minuten immer noch nicht zurückgekommen war, verließ ich sein Haus. Es war ohnehin an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen.
    Karen war nicht da, als ich in der Tankstelle eintraf. Leif stand hinter dem Tresen und pfiff vergnügt. Seine Stimmung schien meiner völlig entgegengesetzt zu sein, denn mir war inzwischen mehr nach Heulen zumute.
    Leif ignorierte meine Laune jedoch und strahlte mich an. »Ist das nicht ein schöner Tag, heute?«, sagte er, als ich zu ihm trat, um mich in die Kasse einzuloggen.
    »Ich hab schon bessere gesehen«, erwiderte ich missmutig.
    »Die Sonne lacht, die Vögel zwitschern, die Welt ist gut.«
    Ich hatte keine Ahnung, was er eingeworfen hatte, aber ich sah weder die Sonne, noch hörte ich die Vögel zwitschern. Und die Welt war alles andere als gut. »Was ist denn mit dir los«, fragte ich ihn.
    »Nichts«, antwortete er und pfiff eine Melodie, die mich vage an Stevie Wonders »I just called to say I love you« erinnerte. War der Kerl etwa wirklich verliebt? Das war ja nicht zum Aushalten.
    »Ist was mit Karen? Seid ihr endlich einen Schritt weiter?«
    »Nein, sind wir noch nicht«, erwiderte er mit einem breiten Grinsen. »Aber da du es erwähnst: Sie hat mich heute zum Essen eingeladen. Sie ist gerade losgefahren, um die nötigen Besorgungen zu machen.«
    Ich heuchelte Begeisterung. »Das ist schön für dich. Will sie dich hier bekochen?«
    »Nein, nicht hier, sondern im Clubhaus.«
    Ich stutzte. »Im

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