Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
sterben. Und zwar bald. Die Monster da draußen beobachten diese Kirche. Sie werden bald herausfinden, dass eine neue Jägerin da ist. Sie werden herausfinden, wer Sie sind und wo Sie wohnen. Und dann war Ihr Zuhause die längste Zeit Ihr Zuhause. Sie sind dort nicht sicher.“
„Ach? Und hier bin ich es?“, schrie ich ihn an. Mein Echo hallte durch den hohen Raum wie ein Donnergrollen.
Der Pater nickte. „Die Kirche steht auf geweihtem Boden. Die Geschöpfe der Nacht können nicht durch diese Tür treten. Das hier ist der einzige Ort, an dem Sie sicher sind. Gewöhnen Sie sich an den Gedanken. Ich musste es auch tun.“ Damit wandte er sich um und lief auf den Altar zu.
Ich lief ihm eilig hinterher und hielt ihn am Ärmel fest. „Moment mal! Soll das heißen, Sie sind auch ein Jäger?“
Behutsam nahm er meine Hand von sich. „Ich bin kein Jäger, Miss Ada. Ich bin ein Lehrer. Ihr Lehrer, um genau zu sein. Uns gibt es bereits genauso lange, wie es die Jäger gibt. Seit Anbeginn der Zeit sind die Lehrer ausnahmslos Männer der Kirche. Wir sind dazu da, dass das Wissen nicht verloren geht. Natürlich muss man auch gewisse Voraussetzungen erfüllen.“
„Mhh, und Sie haben all diese Voraussetzungen erfüllt, nicht wahr?“, fragte ich ihn und musterte sein Gesicht.
„In der Tat, Miss Ada. Und wenn Sie es mir erlauben zu sagen, ich bin einer der Besten, die es je gegeben hat,“ entgegnete er mir sichtlich stolz auf seine Leistung.
Ich runzelte die Stirn. „Okay. Offensichtlich ist Arroganz eine der Voraussetzungen für dieses Lehrer- Ding,“ entfuhr es mir. Ich hatte es mir einfach nicht verkneifen können.
Pater Michael funkelte mich mit seinen dunklen Augen an. Dann straffte er die Schultern, trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Nun, Miss Ada. Wie lautet Ihre Wahl? Wollen Sie sich der Sache stellen oder sind Sie feige und verstecken sich bis zu Ihrem baldigen Ende unter Ihrem Bett?“, fragte er und lächelte mich mit einem schiefen Grinsen an, das mir absolut nicht gefiel. Ein gewisser Hass darauf entwickelte sich schon jetzt bei mir!
Hier stand ich nun. Ein fremder Mann hatte mir eine abstruse Geschichte erzählt und stellte mich vor die Wahl, ob ich um mein Leben kämpfen oder es aufgeben wollte. Oftmals hatte ich mich gefühlt, als würde ich nur vor mich hinvegetieren und wartete darauf, dass etwas Spannendes, etwas Aufregendes passierte. Ulkig, wie Wünsche sich manchmal erfüllen.
„Ich will noch nicht sterben!“, antwortete ich ihm nur kurz.
Pater Michael nickte. „Das dachte ich mir schon. Dann sollten Sie sich von Allem und Jedem in Ihrem Leben verabschieden,“ sagte er, drehte sich herum, wobei seine Soutane wie die Schwingen einer Fledermaus flatterte, und schwebte davon.
„Das habe ich schon vor Jahren getan,“ murmelte ich.
Pater Michaels Schritte gerieten kurz ins Stocken, dann verschwand er hinter dem Vorhang. Aber es kam mir vor, als hätte er gesagt: „Umso besser. Das macht es einfacher.“
Blöder, gefühlskalter Kirchenfutzi!
6. Noch kannst du es beenden
Das Klicken des Aufnahmegerätes brachte mich zum Verstummen.
„Oh,“ sagte der Reporter und besah sich das Band. „Es ist zu Ende, und ich habe kein weiteres mitgebracht.“
Ich nickte. „Sie müssen sowieso gehen. Es wird bald dunkel, und Sie wollen doch dort draußen nicht den Monstern begegnen?“, erwiderte ich.
Der Reporter lächelte nur schwach. „Dann komme ich morgen noch einmal. Sagen wir, um die gleiche Zeit wie heute?“, sprachs und blickte von seiner Tasche auf.
„Das heißt also, dass Sie mir glauben?“
„Lassen Sie es mich so ausdrücken: Sie haben mich neugierig gemacht,“ erwiderte er.
Ich lächelte und reichte ihm die Hand. „Dann sehen wir uns morgen. Selbe Zeit. Selber Ort.“
Der Reporter nahm seine Tasche und schlenderte zwischen den Holzbänken hindurch auf die Kirchentür zu. Ich wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte und ging dann hinterher, um sie für die Nacht zu verriegeln.
Ich wandte mich um und lief zum Altar. Für einen Augenblick blieb ich davor stehen. Gedankenverloren spielte ich mit meinem geflochtenen Zopf und betrachtete das prunkvolle goldene Kreuz, dessen blutrote Rubine mich anfunkelten. Ich überlegte immer noch, ob es richtig war, meine Geschichte zu erzählen. Aber anders ging es nicht! Ich musste die Menschen warnen. Ich konnte den Kampf nicht allein führen. Die Menschen
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