Die Jägerin (Die Anfänge) (German Edition)
Teppichboden und stützte mein Kinn auf die Hände.
„Ich bin ein Mensch, Miss Ada, genau wie Sie,“ meinte er, worüber ich aber nur lachen konnte. „Ha! Sie sind kein Mensch. Menschen werden nicht dreihundert Jahre alt oder wie alt Sie auch immer sein mögen. Genau genommen, dürften Sie gar nicht existieren. Kein Wunder, dass Sie hier herum schweben können wie ein Geist und ich kriege es nicht mit,“ meckerte ich ihn voll.
„Sie werden einfach mehr üben müssen,“ erwiderte er.
Ich verzog angewidert das Gesicht. Ich würde niemals so gut werden wie er. Aber die Lösung lag tatsächlich in seinem Satz. Ich übte wie eine Besessene. Und eines Tages gelang es mir.
Ich verfolgte den Pater durch mehrere Räume, und er hatte mich immer noch nicht bemerkt. Er ging in die Küche und stand an der Spüle. Ich hörte, wie er sich ein Glas Wasser einfüllte. Er trank einen Schluck und drehte sich herum. „Verdammt!“, rief er aus, und das Glas hüpfte in seiner Hand herum, als er es vor Schreck fast hätte fallen lassen.
„Sie haben geflucht, Pater,“ bemerkte ich und grinste ihn an, „und Ihre Strafe ist, dass Sie für den Rest des Tages nett zu mir sein müssen.“
Er starrte mich immer noch an, als wäre ich ein Geist. Ich war zwar keiner, hatte mich aber wie einer bewegt. „Seit wann sind Sie denn schon hinter mir?“, fragte er mich und stellte sein Glas beiseite.
„Och, schon seit Sie aus dem Labor gekommen sind.“
„Das war vor etwa zwanzig Minuten,“ sagte er erstaunt und blickte von der Küchenuhr zu mir.
Ich grinste ihn breit an und nickte. „Ich weiß.“
Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Wirklich gut gemacht, Miss Ada!“
Ein Lob von Pater Michael? Wahnsinn!
„Hey, Sie sagen das doch jetzt nicht nur einfach so? Oder haben Sie die ganze Zeit nur so getan, als würden Sie mich nicht sehen?“ Ich traute ihm irgendwie nicht.
Pater Michael bekreuzigte sich und sagte: „Ich schwöre Ihnen, ich habe Sie nicht einmal gesehen.“
Okay, vielleicht konnte ich ihm ja doch glauben.
Er durchquerte die Küche und blieb vor mir stehen. „Wirklich gut gemacht. So gut war noch niemand vor Ihnen. Vielleicht hatte Bernard Recht,“ flüsterte er und kratzte sich nachdenklich am Kinn.
Ich runzelte die Stirn und sah ihn fragend an.
„Er sah Ihre Aura schon leuchten, als er Ihnen zum ersten Mal begegnet war. Er kam schon damals zu mir und war sich sicher, dass Sie bereits „reif“ waren. Ich stellte Nachforschungen über Sie an.”
Ich fiel ihm ins Wort. „Wie bitte? Sie haben mir nachspioniert?“ Fassungslos starrte ich ihn an, aber Pater Michael zuckte nur mit den Schultern, als wäre es kaum der Rede wert. „Ich fand heraus, dass Sie noch nicht einundzwanzig waren. Bernard hatte sich also getäuscht. Aber es verblüffte uns umso mehr, denn das bedeutete, dass Ihre Aura noch an Leuchtkraft zunehmen würde. Bernard war ganz aufgeregt und sagte, es sei ein Zeichen dafür, dass Sie mächtiger sein würden als alle anderen Jäger vor Ihnen. Er war davon überzeugt, dass Sie die beste und stärkste Jägerin sein würden, die es jemals gegeben hat, sobald Sie erst einmal „reif“ wären und das Training abgeschlossen hätten. Vielleicht hatte er Recht, und Sie werden uns noch alle überraschen.“ Der Hauch eines Lächelns huschte über sein Gesicht.
Ich erwiderte es, aber ich war mir nicht sicher, ob er es gesehen hatte. Er war nämlich schon an mir vorbei aus dem Raum geschlüpft. Eilig lief ich ihm nach.
„Woher kennen Sie Mister Hawk eigentlich?“ Pater Michael blieb nicht stehen, und ich musste fast rennen, um mit seinen langen Schritten mithalten zu können.
„Er kam vor vielen Jahren zu mir in die Kirche. Er war damals noch ein kleiner Junge und hatte einen Ihrer Vorgänger entdeckt. Aber es ängstigte ihn, dass er den Mann leuchten sah. Er dachte, er würde verrückt sein und bat mich um eine Teufelsaustreibung. Ich konnte ihn aber beruhigen und erklärte ihm alles. Seitdem standen wir immer in Kontakt, denn die Kirche beobachtet die „Seher“ und beschützt sie.“
„Aber wie können Sie sie beschützen, wenn Sie diese Kirche nicht verlassen, Pater?“, fragte ich ihn außer Atem. Ich bekam langsam Seitenstechen. Er legte ein ganz schönes Tempo vor.
Am oberen Ende der Treppe, die zu seinem Büro führte, wartete er endlich auf mich. „Die Kirche ist ein Netzwerk. Es gibt viele andere, die eingeweiht sind und sich außerhalb dieser Mauern befinden,“
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