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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Sicherheit ihrer Kammern zurückgezogen hatten, schienen jetzt alle in den Straßen und Gassen zu sein, ehe sie sich bei Einbruch der Dämmerung erneut verkriechen würden. Immer wieder standen Männer und Frauen zusammen und sprachen aufgeregt miteinander. Es war überall dasselbe Thema, das die Menschen beschäftigte: Das neueste Opfer des Wahnsinnigen Schlächters. Doch obwohl die Angst beinahe greifbar war, schien niemand etwas gehört oder gesehen zu haben. Ebenso wenig gab es Spuren, die darauf hindeuteten, wohin die Vampyre entschwunden waren.
    Schließlich musste auch Vladimir einsehen, dass es sinnlos war, weiterzusuchen, und so ließ er Alexandra endlich ziehen. Mit schnellen Schritten eilte sie aus dem Close und machte sich auf den Weg zur Universität. Die angegliederte Bibliothek besaß einen ausgezeichneten Ruf. Sicher würde sie dort umfangreiches Kartenmaterial finden, mit dem sie sich einen Überblick über Edinburgh und seine nähere Umgebung verschaffen konnte. Auf diesem Wege hoffte sie einen Anhaltspunkt zu finden, wo er sich verbergen konnte. Er. Der erste aller Vampyre. Der Unendliche. Alexandra war es gleichgültig, welchen Namen man ihm gab. Für sie war er nur eines – das widerwärtigste aller Monster. Ohne ihn gäbe es keine der anderen Kreaturen.
    Sie wollte gerade ein weiteres Mal die Klingel betätigen, als die gebeugte Gestalt eines alten Mannes im Durchgang erschien. »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«, fragte er trotz ihrer offensichtlichen Ungeduld freundlich.
    »Ich bin auf der Suche nach Karten von Edinburgh und seiner Umgebung.«
    Der Alte nickte. Er griff nach einer Feder, tauchte sie in ein Tintenfass und reichte sie Alexandra zusammen mit einem Papier. »Tragen Sie sich bitte hier ein. Name und Adresse.« Alexandra nahm die Feder entgegen und kritzelte ihren Namen in die nächste freie Zeile. »Halten Sie sich rechts und gehen dann immer geradeaus, bis Sie an eine Tür gelangen. Dahinter befindet sich das Kartenarchiv. Lampen finden Sie im Raum.«
    Alexandra dankte ihm und betrat den Durchgang. Vor ihr öffnete sich die Bibliothek mit ihren unzähligen Regalreihen. Dicke Teppiche dämpften jeden Schritt, als sie tiefer ins Halbdunkel tauchte. Die Luft war trocken und roch nach Staub. Abgesehen davon war es erstaunlich kalt. Der Bibliothekar sollte es, weiß Gott, besser wissen, als bei dieser feuchten Witterung die Fenster aufzureißen! Ihre Augen wanderten umher. Zu ihrer Linken, halb hinter weiteren Regalen verborgen, erhaschte sie einen Blick auf die Tische und Stühle des Lesebereichs. Auf einem der Tische stand eine Kerze und warf ihr flackerndes Licht auf einen Bücherstapel, der sich dort auftürmte. Alexandra wollte schon weitergehen, als sie eine Gestalt zwischen den Regalen ausmachte. Von einem Instinkt getrieben zog sie sich hinter ein Regal zurück. Plötzlich kam sie sich lächerlich vor. Sie befand sich in einer öffentlich zugänglichen Bibliothek! Wollte sie jedem Studenten, der sich hier aufhielt, mit Vorsicht und Misstrauen begegnen?
    Die Kälte! , schoss es ihr durch den Kopf, gerade als sie ihr Versteck verlassen wollte. Das war kein offenes Fenster! In diesem Augenblick trat wenige Meter vor ihr eine Frau zwischen den Regalen hervor. Alexandra erkannte die zierliche Person mit den rotbraunen Locken sofort. Es war die Vampyrin von vergangener Nacht! Heute jedoch wirkte sie nicht mehr ganz so schwach wie bei ihrer letzten Begegnung. Sichtlich hatte sie ihren Hunger gestillt. Bald würde man eine weitere Leiche finden. Schlagartig erinnerte Alexandra sich daran, dass die Vampyrin vergangene Nacht nicht allein gewesen war. Ihr Blick zuckte durch den Raum, flog über Gänge und Regale, hinauf zur Galerie und wieder zurück, ohne ihren Begleiter zu entdecken. Schließlich richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Vampyrin. Was, zum Teufel, hat diese Kreatur in einer Bibliothek zu suchen? Alexandra tauchte tiefer in die Schatten und presste sich mit dem Rücken gegen ein Regal. Ihre Augen folgten der Vampyrin, die vor einer Bücherwand stehen blieb und die Buchrücken studierte, ehe sie eines der Werke hervorzog. Statt es mit zu ihrem Tisch zu nehmen, schlug sie es sofort auf und blätterte mit flinken Fingern darin. Ihre Augen huschten über die Seiten. Plötzlich hob sie den Kopf. Ein rascher Blick in die Umgebung, dann packte sie eine Seite und riss sie heraus. Während sie sie im Ärmel ihres Kleides verschwinden ließ, klappte sie das Buch zu und stellte

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