Die Jaegerin
gepackt und von der Wand fortgerissen. Ihr entfuhr ein erschrockener Schrei, doch ehe er gehört werden konnte, legte sich von hinten eine kühle Hand über ihren Mund und erstickte jeden Laut. Ein Arm schlang sich um ihre Taille und zog sie zurück in die Dunkelheit eines Hauseingangs. Die Stimmen ihrer Verfolger durchdrangen die atemlose Stille, die sich über Alexandra gesenkt hatte. Jeden Moment würden sie um die Ecke kommen. Hinter ihr schwang die Haustür auf. Alexandra wurde gepackt und ins Haus gezogen, bis sie eine Wand in ihrem Rücken spürte. Lautlos schwang die Tür zu. Im Flur war es finster, sodass sie nicht das Geringste erkennen konnte. Sie spürte, wie ihr Retter sie mit seinem Körper dichter an die Wand drängte. Noch immer lag seine Hand über ihrem Mund. Ihr Atem ging heftig und stoßweise. Ihr war heiß und ihre Beine drohten vor Erschöpfung nachzugeben.
Auf der Straße wurden die Schritte der Männer lauter. Sie mussten jetzt etwa auf gleicher Höhe mit dem Hauseingang sein.
»Wo, zum Henker, ist sie hin?«
Ein kurzes Schweigen folgte, dann erklang dieselbe barsche Stimme, die Alexandra schon vergangene Nacht in Lauriston House vernommen hatte: »Da!« Zwei Atemzüge später entfernten sich die Schritte und verklangen in der Nacht.
Eine Weile verging, dann löste sich die Hand von ihrem Mund und der Mann trat einen halben Schritt zurück. »Wir müssen uns verstecken!« Eine ruhige Stimme, die ihr auf eigenartige Weise vertraut schien.
Alexandra versuchte durchzuatmen und zuckte keuchend zusammen, als ein erneutes Stechen durch ihre Seite fuhr.
»Sind Sie verletzt?« Sehr leise Worte, unmittelbar neben ihrem Ohr.
Sie schüttelte den Kopf. »Nur Seitenstechen«, gab sie ebenso gedämpft zurück, als ihr bewusst wurde, dass er ihre Bewegungen im Dunkeln nicht sehen konnte.
»Unten gibt es einen verlassen Keller. Dort werden sie uns nicht finden.« Eine Hand senkte sich auf ihre Schulter und lenkte sie. Schweigend folgten sie einem Gang. Alexandra kam zu der Überzeugung, dass er in diesem Haus wohnen oder zumindest sehr häufig zu Gast sein musste. Andernfalls konnte er sich unmöglich mit derart schlafwandlerischer Sicherheit hier zurechtfinden. Nicht ein einziges Mal hielt er inne oder eckte irgendwo an.
»Direkt vor Ihnen befindet sich eine Treppe«, vernahm sie seine Stimme erneut. »Die Stufen sind ein wenig unregelmäßig. Seien sie also vorsichtig.«
Langsam tastete sich Alexandra Stufe für Stufe voran. Die Hitze der Verfolgungsjagd war verflogen, und je tiefer sie hinabstiegen, desto mehr spürte sie die Kälte, die von den Steinmauern ausging. Fröstelnd erreichte sie das Ende der Treppe. Ein leichter Druck an ihrer Schulter forderte sie auf, nach rechts zu gehen. Erneut überließ sie sich seiner Führung und folgte einem Gang, von dessen Wänden sie die Feuchtigkeit tropfen hörte, bis er schließlich stehen blieb. Ein leises Knarren erklang.
»Ducken Sie sich, die Tür ist sehr niedrig.«
Alexandra zog den Kopf ein und spürte tatsächlich knapp über ihrem Haaransatz den Türsturz. Einmal mehr war es seine Hand an ihrer Schulter, die ihr den Weg wies. Er ließ sie noch einmal innehalten, um die Tür hinter sich zu schließen. Ein dumpfes Scharren verriet, dass er einen Riegel vorlegte.
Was, wenn er ein Verrückter ist, der mich hierhergebracht hat, um mich zu töten? , schoss es ihr durch den Kopf, als er sie weiterführte. Beinahe hätte sie gelacht. Sie kämpfte gegen Vampyre und fürchtete sich jetzt vor einem Mann, der ihr vermutlich gerade das Leben gerettet hatte? Er mochte stark sein, doch sie war noch immer eine geübte Kämpferin! Die leise Stimme, die ihr einflüsterte, dass sie weder Waffen bei sich trug noch im Vollbesitz ihrer Kräfte war, ignorierte sie. Dieser Mann würde ihr nicht gefährlich werden!
»Direkt hinter Ihnen ist eine Wand«, durchbrach seine Stimme ihre Gedanken. »Warten Sie dort. Ich mache Licht.«
Seine Hand verschwand von ihrer Schulter. Das leise Knirschen von Schritten erklang, dann hörte sie ihn mit etwas hantieren. Einzelne Funken blitzten in der Dunkelheit auf, nur um einen Herzschlag später sofort wieder zu erlöschen. Lediglich ein leises orangefarbenes Echo tanzte noch vor Alexandras Augen. Noch ein paarmal vernahm sie das Geräusch aufeinanderschlagender Feuersteine, dann erklang ein leises Knistern. Eine Kerzenflamme wuchs empor und entriss ihren Retter der Dunkelheit. Er kniete über einer Holzkiste, auf der die Kerze
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