Die Jagd am Nil
eines Mädchens gefunden.»
«Mein Sohn Mahmoud hat sie gefunden», entgegnete Tarek. «Er hat Sie auf unsere Anweisung hin benachrichtigt.»
«Richtig», räumte Naguib ein. «Und ich bin sehr dankbar dafür, glauben Sie mir. Aber ich habe bisher noch nicht herausfinden können, wer sie war oder was mit ihr geschehen ist.»
Tarek schüttelte den Kopf. «Sie war nicht von hier. Mehr können wir Ihnen nicht sagen.»
«Sind Sie sicher?»
«Wir kennen unsere Leute.»
«Haben Sie eine Ahnung, woher Sie gekommen sein könnte?»
«Wir leben hier nicht mehr so isoliert wie früher, das wissen Sie doch genau. Leute kommen und gehen.»
«Aber Sie sehen diese Leute. Sie wissen, wer kommt und geht.»
«Dieses Mädchen haben wir noch nie zuvor gesehen.»
Naguib beugte sich nach vorn. «Wir haben ein Fragment von einem Artefakt bei ihr gefunden. Ein Artefakt aus Amarna.»
Die Männer tauschten überraschte und skeptische Blicke aus. «Was hat das mit uns zu tun?»
«Ich habe gehört, dass niemand so geschickt darin ist, Artefakte zu finden, wie Sie, die
ghaffirs
. Ich habe gehört, dass Sie antike Stätten finden, die nicht einmal Archäologen finden.»
«Dann haben Sie die Wahrheit gehört», meinte Tarek nickend. «Obwohl wir den Archäologen natürlich immer sofort Bescheid sagen.»
«Natürlich», sagte Naguib, sobald sich das Gelächter gelegt hatte. Er zog das Fragment aus seiner Tasche und reichte es über den Tisch. «Vielleicht haben Sie eine Idee, woher das stammen könnte?»
Tarek betrachtete es, schüttelte den Kopf und gab es an seinen Nachbarn weiter. «Solche Artefakte findet man nur in den Wadis. Und wir dürfen nicht mehr in die Wadis.»
Naguib runzelte die Stirn. «Warum nicht?»
«Fragen Sie Ihren Freund, Captain Khaled», antwortete Tarek finster. «Sollte er es Ihnen verraten, wäre ich dankbar, wenn Sie es uns wissen lassen. Er hat uns eine gute Einnahmequelle genommen.» Im Raum kam zustimmendes Gemurmel auf.
«Wann hat er es Ihnen verboten?», fragte Naguib.
Tarek zuckte mit den Achseln und beugte sich zu dem Mann neben ihm, um sich mit ihm zu beraten. «Vor sechs Monaten», sagte er dann.
«Sind Sie sicher?»
«Ja», sagte Tarek und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Regenwand draußen. «Es war am Tag nach dem letzten großen Sturm.»
V
Es war eine Weile her, seit Augustin ein ferngesteuertes Flugzeug geflogen hatte. Doch sobald es in der Luft war, kam er damit klar und hatte Spaß. Er schickte den Flieger mehrmals über Petersons Ausgrabungsstätte, wobei Hani mit der Fernsteuerung der Kamera auf sein Kommando Aufnahmen machte. Dann aber stupste der junge Mann ihn an und zeigte auf einen weißen Pick-up, der über den Feldweg auf der anderen Seite der Mauer fuhr. Auf der Ladefläche standen drei kräftige Wachmänner und starrten in den Himmel wie die drei Weisen auf der Suche nach einem Stern. «Ich dachte, Sie arbeiten offiziell für die Antiquitätenbehörde», brummte er.
«Du verschwindest besser von hier», sagte Augustin.
«Und was ist mit Ihnen?»
«Ich komme zurecht.»
«Ich kann Sie nicht einfach im Stich lassen.»
«Du hast mit der Sache nichts zu tun.»
Hani zuckte mit den Achseln, nickte aber, legte die Fernbedienung ab und lief los. Augustin steuerte das Flugzeug vom Feldweg weg, um den Pick-up abzulenken, und ließ es lange genug kreisen, damit Hani sein Taxi erreichen und davonfahren konnte.Dann lenkte er das Flugzeug zurück in seine Richtung und schlich schnell weiter, während er die Hebel bediente, ohne es aus den Augen zu lassen. Er hörte den Motor des Pick-ups, dann einen Schrei. Sie hatten ihn entdeckt. Jetzt war keine Zeit mehr für Finessen. Er schickte das Flugzeug in den Landeanflug und brachte es gut fünfzig Meter entfernt krachend zu Boden. Der Rumpf zerbeulte, die roten Schaumstoffflügel sprangen ab. Er ließ die Fernbedienung fallen und rannte los. Als er sich umschaute, sah er die drei Männer schnell näher kommen. Er packte die Kamera und wollte sie losreißen, verbog damit aber nur die Haken. Er hob das ganze Flugzeug auf und versuchte, die Befestigung im Laufen zu lösen. Dabei schlug ihm der Rumpf zwischen die Beine, sodass er ins Straucheln geriet, die Kamera aber endlich frei bekam. Der erste seiner Verfolger war nur wenige Schritte hinter ihm, setzte verbissen zum Spurt an, hechtete sich auf ihn und erwischte ihn am Knöchel. Augustin stürzte zu Boden, rappelte sich aber sofort wieder auf. Das Wäldchen war nur zwanzig Meter
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