Die Jagd am Nil
und das königliche Grab.»
«Was genau wollen Sie beim königlichen Grab filmen?», fragte Captain Khaled streng.
«Nur den Eingang und die Grabkammer.»
Er kniff finster die Augen zusammen, schien es aber hinzunehmen. «Sie werden eine Eskorte brauchen», erklärte er und gab ihr die Mappe zurück. «Nasser und ich werden Sie begleiten.»
Gaille und Lily wechselten einen Blick. Das Letzte, was sie wollten, war, dass ihnen dieser Mann den ganzen Tag auf die Füße trat. «Das ist sehr nett», erwiderte Gaille, «aber wir kommen bestimmt allein …»
«Wir begleiten Sie», sagte Khaled.
Gaille rang sich ein Lächeln ab. «Das ist sehr nett.»
II
Knox lag starr in seinem Krankenhausbett und wartete darauf, dass der Eindringling zurückkehrte, das Kissen packte und sein Werk vollendete. Aber die Sekunden verstrichen, ohne dass etwas geschah. Ein schwacher Trost. Jemand wollte ihn töten und wusste, wo er zu finden war. Er musste hier weg.
Der Adrenalinschub hatte ihn ein wenig gestärkt. Er schob sein rechtes Bein zur Bettkante und ließ es runterfallen. Er wartete, bis er in einer stabilen Position war, und schob sein linkes Bein hinterher. Es zog seine Oberschenkel und seinen Hintern mit sich, dann krachte er mit dem gesamten Körper zu Boden. Der Katheter riss sich los, der Ständer wackelte, blieb aber stehen. Während er außer Atem dalag, befürchtete er, dass gleich die Tür aufflog. Doch niemand kam herein. Seine Sachen lagen auf einer Kommode. Mühsam krabbelte er hinüber und zerrte sie herunter. Sie waren zerrissen und mit Ruß und Öl verschmutzt, aber immer noch weniger auffällig als ein Krankenhausnachthemd. Knox zog seine Jeans, das Hemd und die schwarze Jacke an. Am eisernen Bettgestell zog er sich langsam auf die Beine. Ihm wurde schwindelig, verbissen kämpfte er gegen die drohende Ohnmacht an. Er ließ das Bett los und taumelte durch das Zimmer zur Tür. Einen Moment lang blieb er stehen, um Kraft zu sammeln und tief Luft zu holen. Dann öffnete er die Tür. Durch das gegenüberliegende Fenster schien die Morgensonne. Er hielt sich an der Wand fest und ging hinaus.
«Hey!»
Knox schaute nach links. Der Polizist rauchte an einem offenen Fenster. Er schnippte die Zigarette weg, verschränkte seine Arme, setzte eine strenge Miene auf und schien zu erwarten, dass erKnox damit einschüchterte. Doch Knox wandte sich in die andere Richtung, stolperte durch Pendeltüren in ein Treppenhaus und schleppte sich am Geländer geklammert eine Etage hinunter.
«Hey!», schrie der Polizist. «Kommen Sie zurück!»
Knox taumelte in einen anderen Flur, der aussah wie der erste. Ein Pförtner lehnte an der Wand und wärmte seine Hände an einem Glas Chai. Als er den Polizisten rufen hörte, stellte er das Glas ab und kam auf Knox zu. Links von Knox war eine Tür. Verschlossen. Er humpelte über den Flur zu den Fenstern, öffnete sie und schaute hinaus. Unten stand ein Betonmischer, daneben ein Sandberg. Er hievte sich auf das Fensterbrett und neigte sich im gleichen Moment nach vorn, in dem der Polizist ihn am Knöchel packte. Die Schwerkraft riss ihn los, er drehte seine Schulter, fiel auf die Seite des Sandhaufens und rollte auf die Einfahrt. Ein Auto musste ihm ausweichen, der Fahrer schrie und hob drohend die Faust.
Knox rappelte sich auf und humpelte an dem verlassenen Wachhäuschen vorbei auf die Straße. Ein Lastwagen zwang ihn zurück an die Mauer. Ein Taxifahrer hupte. Knox winkte ihn heran, zog die hintere Tür auf und stürzte auf die Rückbank, als der Polizist gerade auf die Straße lief.
«Haben Sie Geld?», fragte der Fahrer.
Knox’ Zunge fühlte sich so riesig und träge an wie ein Ballon. Da er kein Wort hervorbrachte, durchsuchte er seine Taschen, fand sein Portemonnaie und zog zwei zerfetzte Scheine hervor. Der Fahrer nickte und fuhr los, während der Polizist nur noch hinter ihnen herrufen konnte. «Wohin?», fragte er.
Die Frage überrumpelte Knox. Er hatte nicht weiter gedacht, als aus dem Krankenhaus zu kommen. Doch es gab noch andere Dinge, die er klären musste: Dieser rätselhafte Unfall, der ihn ins Krankenhaus gebracht hatte, der Fremde, der versucht hatte, ihnumzubringen. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war, dass er Augustin auf einen Kaffee getroffen hatte. Vielleicht wusste der etwas. Er gab dem Fahrer krächzend die Adresse seines Freundes und sank dann erschöpft auf dem Rücksitz zusammen.
III
«Müssen Sie hier stehen?», beschwerte sich Stafford.
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