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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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haben es mit einem ziemlich erstaunlichen Zufall zu tun: Zwei große Religionsgemeinschaften lebten beinahe Seite an Seite und teilten ähnlichen Ansichten und Rituale. Eine davon wurde von antiken Autoren beschrieben, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen, während die andere aus irgendeinem Grund von allen bekannten Quellen ignoriert wurde, obwohl sie umfassende Ruinen und Schriften hinterlassen hat.»
    «Also wurde Qumran von den Essenern bewohnt», schloss Omar. «Aber das erklärt nicht, warum ihre Tongefäße einzigartig sind.»
    «Die Essener achteten fanatisch auf die Reinheit ihrer Rituale», erklärte Knox. «Ein reines Gefäß konnte durch den kleinsten äußeren Einfluss unrein werden. Durch einen Regentropfen, durch ein hereingefallenes Insekt, durch unsachgemäßes Verschütten. Und dann wurde es zu einem großen Problem. Denn wenn ein Gefäß verunreinigt war, wurde augenblicklich auch sein Inhalt verunreinigt und musste vernichtet werden. Aber das war noch lange nicht alles. Da Flüssigkeiten und Körner beim Ausschütten aus einem Gefäß herausfließen, war die eigentliche Frage, ob die Unreinheit durch diesen Fluss zurück in den Lagerbehälter gelangt und auch diesen infiziert. Die Pharisäer und andere jüdische Sekten sahen das nicht so eng, aber die Essener glaubten, dass dadurch alles verunreinigt werden würde, und konnten es deshalb nicht riskieren, Inhalte auszuschütten. Stattdessen hoben sie den Deckel ein wenig an, tauchten einen Messbecher hinein und schöpften den Inhalt auf diese Weise ab. Und weil man aus diesem Grund die Lagergefäße nicht mehr kippen musste, konnten sie flache Böden haben, wodurch sie wesentlich stabiler waren, sowie kurze Hälse und breite Öffnungen, damit man den Inhalt leichter abschöpfen konnte.»
    «Und Gefäße mit breiten Öffnungen benötigen Schalen als Deckel», meinte Omar grinsend.
    «Genau», stimmte ihm Knox zu. Sie näherten sich der Kreuzung Desert Road. Er beugte sich vor, um die Verkehrsschilder lesen zu können. Ein schneller Blick auf das Verzeichnis in Omars Büro hatte gezeigt, dass es in der Umgebung des Mariutsees nur vier von Ausländern geleitete Ausgrabungsstätten gab. Auf denen in Philoxinite, Taposiris Magna und Abu Mina passierte derzeit nichts. Also blieb nur ein möglicher Kandidat: eine Gruppe namens
Texanische Gesellschaft für biblische Archäologie
, die Ausgrabungen in der Nähe von Borg el-Arab durchführte.
    «Und wie kommt der Deckel dann hierher?», fragte Omar, nachdem Knox die richtige Straße gefunden hatte.
    «Er könnte schon vor Jahrhunderten hergekommen sein», meinte Knox achselzuckend. «Die Schriftrollen des Toten Meeres waren schon in der Antike bekannt. Es gibt Berichte aus dem zweiten, dritten und vierten Jahrhundert über Texte, die in den Höhlen von Qumran gefunden wurden. Origenes hat sich auf sie bezogen, als er seine
Hexapla
schrieb.»
    «Seine was?»
    «Die Bibel in sechs parallelen Spalten. Die erste in Hebräisch, die zweite in Griechisch und die anderen als bearbeitete Fassungen. Auf diese Weise konnten die Bibelschüler die verschiedenen Versionen vergleichen. Aber der Punkt ist, dass Origenes sich bei seiner Arbeit auf die Schriftrollen des Toten Meeres gestützt hat.»
    «Und Sie glauben, dass die Schriftrollen in diesen Tongefäßen hierher gelangt sind?»
    «Das wäre eine Möglichkeit.»
    Omar schluckte hörbar. «Glauben Sie vielleicht auch, wir könnten   … Schriftrollen finden?»
    Knox lachte. «Man darf die Hoffnung nicht aufgeben. Eine derSchriftrollen war in Kupfer geprägt – eine Schatzkarte, kaum zu glauben. Aber der Rest war auf Pergament oder Papyrus. Bei dem Klima in Alexandria hätten sie sich schon vor Jahrhunderten aufgelöst. Außerdem gibt es eine andere Erklärung. Eine wesentlich faszinierendere, wie ich finde.»
    «Erzählen Sie.»
    «Man ist sich heute ziemlich sicher, dass die Essener nicht nur in Qumran lebten», sagte Knox. «Josephus erwähnt zum Beispiel ein Essener Tor in Jerusalem, und auf mehreren Schriftrollen sind Regeln verfasst, wie Essener außerhalb von Qumran leben sollten. Zudem weiß man, dass es mehrere tausend Essener gab, obwohl es in Qumran nur Platz für einige hundert Menschen gab. Es muss also irgendwo andere Gemeinden gegeben haben.»
    «Meinen Sie hier? In Alexandria?»
    Knox grinste. «Haben Sie jemals von den Therapeuten gehört?», fragte er.

III
    Reverend Ernest Peterson tupfte sich verstohlen die Stirn. Er mochte es nicht, wenn

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