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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Schuster zu Hause in Emondsfelde, und sie waren gut eingelaufen und bequem. Aber wenn es die Shatayan dazu brachte, ihn allein zu lassen, sodass er fliehen konnte, würde er ihr eben seine Stiefel geben und alles, was sie noch wollte. Er hatte keine Zeit. »Ja. Ja, natürlich. Auf meine Ehre.« Er schob die Tür gegen ihren Widerstand zu.
    Endlich allein, ließ er sich aufs Bett fallen und zog seine Stiefel aus. Sie waren noch gut, ein bisschen abgenützt, das Leder hatte hier und da einen kleinen Riss, aber immer noch gut zu tragen und gut eingelaufen, gerade richtig für seine Füße. Dann zog er sich schnell aus, legte alles auf seine Stiefel und wusch sich hastig am Waschbecken. Das Wasser war kalt – in den Wohnquartieren der Männer war das Wasser immer kalt.
    Der Kleiderschrank war dreitürig. Die Holztüren waren auf die einfache, in Shienar übliche Art geschnitzt, sodass sie eine Reihe von Wasserfällen und felsgerahmten Teichen mehr andeuteten als zeigten. Er zog die mittlere Tür auf und bestaunte kurz das, was die wenigen mitgebrachten Kleidungsstücke ersetzt hatte. Ein Dutzend Mäntel mit hohem Kragen aus feinstem Tuch und von so gutem Schnitt, wie er ihn bei keinem Händler oder Lord besser gesehen hatte, die meisten davon wie Festtagsgewänder bestickt. Ein Dutzend! Drei Hemden für jeden Mantel, sowohl aus Leinen als auch aus Seide, mit weiten Ärmeln und engen Manschetten. Zwei Umhänge. Zwei, und er hatte sein ganzes Leben lang nur einen einzigen besessen. Ein Umhang war einfach – feste Wolle und dunkelgrün –, während der andere von einem tiefen Blau war mit einem steifen Kragen, der mit goldenen Reihern bestickt war … und oben an der linken Brustseite, wo ein Lord sein Wappen tragen würde …
    Seine Hand glitt ganz von allein über den Stoff des Umhangs. Als seien sie unsicher hinsichtlich dessen, was sie fühlen würden, streiften seine Finger über die gestickte Schlange, die beinahe zu einem Kreis zusammengerollt war. Aber es war eine Schlange mit vier Beinen und der goldenen Mähne eines Löwen, mit roten und goldenen Schuppen, und an jedem Fuß wuchsen fünf goldene Klauen. Seine Hand zuckte wie verbrannt zurück. Licht, hilf mir! Hat Amalisa das machen lassen oder Moiraine? Wie viele haben das gesehen? Wie viele wissen, was das bedeutet? Selbst einer ist schon einer zu viel. Licht noch mal, sie bemüht sich redlich darum, dass mich jemand umbringt. Die verfluchte Moiraine spricht nicht mal mit mir, aber dafür hat sie mir verdammt schöne neue Kleider gegeben, um darin zu sterben!
    Ein Klopfen an die Tür ließ ihn vor Schreck fast aus der Haut fahren.
    »Seid Ihr fertig?«, erklang Elansus Stimme. »Restlos alles! Vielleicht sollte ich lieber …« Ein Quietschen, als drehe sie den Türknopf.
    Auffahrend wurde Rand klar, dass er noch immer nackt war. »Ich bin fertig«, rief er. »Friede! Kommt nicht herein!« Hastig sammelte er alles auf, was er getragen hatte; auch die Stiefel. »Ich bringe es schon!« Er versteckte sich hinter der Tür und öffnete sie gerade weit genug, um das Bündel hinzuhalten und in die Arme der Shatayan zu legen. »Das ist alles.«
    Sie versuchte, durch den Türspalt zu spähen. »Seid Ihr sicher? Moiraine Sedai hat gesagt: wirklich alles. Vielleicht sollte ich schnell mal nachsehen …«
    »Es ist alles«, knurrte er. »Auf meine Ehre!« Er schob ihr mit der Schulter die Tür vor der Nase zu und hörte Gelächter von der anderen Seite.
    Er fluchte leise vor sich hin und zog sich hastig an. Er traute ihnen zu, dass sie irgendeine Ausrede fänden, um trotzdem hereinzuplatzen. Die grauen Hosen waren enger, als er es gewohnt war, aber sie saßen bequem, und das Hemd mit den Puffärmeln war weiß genug, um jede Emondsfelder Hausfrau am Waschtag zufrieden zu stellen. Die kniehohen Stiefel passten, als habe er sie schon ein Jahr lang getragen. Er hoffte, das sei lediglich auf die Qualität des Schusters zurückzuführen und nicht wieder ein Werk der Aes Sedai.
    All diese Kleidungsstücke zusammen würden einen Stapel ergeben, so hoch, wie er groß war. Inzwischen hatte er sich an den Luxus sauberer Hemden gewöhnt; nicht dieselben Hosen Tag um Tag tragen zu müssen, bis sie von Schweiß und Schmutz so steif wurden wie seine Stiefel, und sie selbst dann noch weiterzutragen … Er nahm seine Satteltaschen aus der Truhe und steckte hinein, was nur hineinpasste. Dann breitete er zögernd den bestickten Umhang auf dem Bett aus und legte noch ein paar Hemden und

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