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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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grimmig in die Augen. Die Amyrlin seufzte. »Wenn Ihr auch nur um Haaresbreite weniger Potenzial besäßet, Kind, würde ich Euch zur Herrin der Novizinnen schicken und ihr befehlen, sie solle Euch für den Rest Eures Lebens dort behalten. Aber Ihr werdet bekommen, was Ihr verdient.«
    Nynaeves Augen weiteten sich, und sie hatte gerade noch Zeit, mit einem Aufschrei zu beginnen, da fiel sie auch schon mit einem dumpfen Schlag auf ihr Bett zurück. Egwene verzog schmerzlich das Gesicht; die Matratzen waren dünn, und das Holz darunter war ziemlich hart. Nynaeves Gesicht verzog sich nicht. Sie rutschte nur ein winziges Stückchen weiter, um bequemer zu sitzen.
    »Und jetzt«, sagte die Amyrlin mit fester Stimme, »werden wir mit den Lektionen beginnen, außer Ihr wünscht noch eine weitere Demonstration. Man könnte auch sagen, lasst uns mit der Lektion fortfahren.«
    »Mutter?«, fragte Egwene schwach. Sie konnte sich unter Kinnhöhe immer noch nicht rühren.
    Die Amyrlin sah sie fragend an und lächelte. »Oh, das tut mir Leid, Kind. Eure Freundin hat meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.« Plötzlich konnte sich Egwene wieder bewegen. Sie hob die Arme, um sich davon zu überzeugen. »Seid Ihr beide bereit zu lernen?«
    »Ja, Mutter«, sagte Egwene schnell.
    Die Amyrlin zog die Augenbrauen hoch und sah zu Nynaeve.
    Einen Augenblick später sagte Nynaeve mit angespannter Stimme: »Ja, Mutter.«
    Egwene seufzte vor Erleichterung auf.
    »Gut. Nun denn. Entleert Eure Gedanken von allem, bis auf eine Knospe.«
    Egwene kam ordentlich ins Schwitzen, bis die Amyrlin endlich ging. Sie hatte geglaubt, einige der anderen Aes Sedai seien harte Lehrerinnen gewesen, aber diese lächelnde Frau mit dem nichts sagenden Gesicht holte die letzten Reserven aus ihnen heraus, und wenn keine Energie mehr übrig war, schien sie in die beiden einzudringen und immer noch etwas aus ihnen herauszuholen. Aber die Stunde war gut verlaufen. Als sich die Tür hinter der Amyrlin schloss, hob Egwene eine Hand. Eine winzige Flamme entstand, balancierte um Haaresbreite über ihrem Zeigefinger und tanzte dann von Fingerspitze zu Fingerspitze. Sie durfte das eigentlich nicht ohne die Anwesenheit einer Lehrerin tun – mindestens einer der Aufgenommenen –, aber sie war zu freudig erregt ob ihrer Fortschritte, um darauf zu achten.
    Nynaeve sprang auf und warf ihr Kissen nach der sich schließenden Tür. »Diese gemeine, verachtungswürdige, miese … Hexe! Das Licht soll sie versengen! Ich würde sie gern an die Fische verfüttern. Ich würde ihr gern Elixiere einflößen, damit sie für den Rest ihres Lebens grün anläuft! Es ist mir gleich, dass sie alt genug ist, um meine Mutter zu sein. Wenn ich sie in Emondsfelde hätte, könnte sie sich nicht mal fünf Minuten lang ruhig auf den Hintern setzen …« Sie knirschte so laut mit den Zähnen, dass Egwene zusammenfuhr.
    Egwene ließ die Flamme ersterben und richtete den Blick fest auf ihren Schoß. Sie hätte sich gern aus dem Raum geschlichen, ohne Nynaeves Aufmerksamkeit zu erregen.
    Für Nynaeve war die Unterrichtsstunde nicht so gut verlaufen, denn sie hatte ihr Temperament streng gezügelt, bis die Amyrlin gegangen war. Sie konnte aber nur dann viel erreichen, wenn sie wütend war, aber dann brach alles aus ihr heraus. Nachdem sie ein ums andere Mal versagt hatte, hatte die Amyrlin ihr Bestes getan, sie wieder richtig aufzuregen.
    Nynaeve stolzierte steif hinüber zu ihrer Koje und starrte die Wand an. Die Fäuste hatte sie geballt. Egwene sah die Tür sehnsuchtsvoll an.
    »Es war nicht deine Schuld«, sagte Nynaeve, und Egwene fuhr zusammen. »Nynaeve, ich …«
    Nynaeve drehte sich um und sah sie an. »Es war nicht deine Schuld«, wiederholte sie, klang aber nicht ganz überzeugt. »Aber wenn du jemals auch nur ein Wort weitererzählst, dann werde ich …«
    »Kein Sterbenswörtchen«, beteuerte Egwene schnell. »Ich erinnere mich an gar nichts, was ich erzählen könnte.«
    Nynaeve blickte sie noch einen Moment lang an und nickte dann. Plötzlich verzog sie das Gesicht. »Licht, ich hätte nicht gedacht, dass etwas noch schlechter schmecken könnte als rohe Schafszungenwurzel!«
    Egwene zuckte zusammen. Das war das Erste gewesen, was die Amyrlin probiert hatte, um Nynaeve wütend zu machen. Plötzlich war ein dunkler Klumpen aufgetaucht, der wie Schmiere glänzte und schrecklich stank.
    Während die Amyrlin Nynaeve mithilfe der Macht festhielt, wurde der Dorfheilerin das Zeug in

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