Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Heilung verlangen? Doch er hat keine andere Wahl. Er fühlte sich ein wenig schuldig, weil er Erleichterung empfand, dass zumindest er nichts mehr mit den Aes Sedai zu tun haben musste. Ich bin mit ihnen fertig. So oder so.
    »Der Dolch! Alles, was Ihr im Kopf zu haben scheint, ist dieser Dolch. Ich sagte Euch doch, dass Ihr ihn loswerden müsst. Das Horn von Valere, Rand!«
    »Nein.«
    Sie kam mit einem Hüftschwung auf ihn zu, und er hatte das Gefühl, ihm sei etwas in der Kehle stecken geblieben. »Ich will es lediglich bei Tageslicht sehen. Ich werde es nicht einmal berühren. Ihr haltet es. Das bliebe mir in Erinnerung – Ihr mit dem Horn von Valere in den Händen.« Beim Sprechen nahm sie seine Hände in die ihren. Bei ihrer Berührung prickelte seine Haut, und der Mund trocknete ihm aus. Etwas, woran sie sich erinnern würde – wenn sie weg war … Er konnte den Deckel sofort wieder über dem Dolch schließen, wenn er das Horn aus der Truhe genommen hatte. Es wäre schon etwas, das Horn in Händen zu halten und es bei Tageslicht zu betrachten.
    Wenn er nur mehr über die Prophezeiungen des Drachen gewusst hätte! Als einmal der Leibwächter eines Kaufmanns in Emondsfelde etwas davon erzählte, hatte Nynaeve dem Mann einen Besen um die Ohren gehauen, bis der Stiel abbrach. In dem wenigen, das er gehört hatte, war nichts über das Horn von Valere vorgekommen.
    Die Aes Sedai wollen mich dazu bringen, dass ich tue, was sie wünschen. Selene sah ihm immer noch eindringlich in die Augen. Ihr Gesicht war so jung und schön, dass er sie am liebsten geküsst hätte – trotz seines Argwohns. Niemals hatte sich eine Aes Sedai so benommen wie sie. Und sie sah so jung aus, nicht alterslos … Ein Mädchen meines Alters kann doch keine Aes Sedai sein. Aber …
    »Selene«, fragte er leise, »seid Ihr doch eine Aes Sedai?«
    »Aes Sedai«, fauchte sie fast. Sie stieß seine Hände weg. »Aes Sedai! Immer müsst Ihr mir das vorwerfen!« Sie holte tief Luft und strich ihr Kleid glatt, als wolle sie sich damit beruhigen. »Ich bin, was oder wer ich eben bin. Und ich bin keine Aes Sedai!«
    Und dann hüllte sie sich in eine lautlose Kälte, gegen die selbst die Morgensonne kalt war.
    Loial und Hurin ertrugen alles so gelassen, wie sie es vermochten, bemühten sich um eine Unterhaltung und verbargen ihre Verlegenheit, bis ihr Blick sie zum Schweigen brachte. Sie ritten weiter.
    Als sie an diesem Abend ihr Lager neben einem Bergbach aufschlugen, der ihnen Fisch zum Abendessen bescherte, schien Selene sich wieder so weit in der Gewalt zu haben, dass sie mit dem Ogier über Bücher sprechen und freundlich mit Hurin plaudern konnte. Allerdings sprach sie kaum mit Rand; höchstens wenn er sie ansprach. Das war so an diesem Abend und den ganzen nächsten Tag über, während sie an den Bergen vorbeiritten, die wie riesige gezackte graue Mauern neben ihnen aufragten. Es ging unaufhörlich aufwärts. Aber immer wenn er sie ansah, stellte er fest, dass sie ihn beobachtete und lächelte. Manchmal war es ein Lächeln, das ihn ermunterte zurückzulächeln, manchmal allerdings musste er sich räuspern und ob der eigenen Gedanken erröten, und manchmal war es das geheimnisvolle, wissende Lächeln, das er auch bei Egwene gelegentlich bemerkt hatte. Bei dieser Art von Lächeln versteifte sich sein Rücken – aber wenigstens war es ein Lächeln.
    Sie kann doch keine Aes Sedai sein.
    Dann führte der Weg abwärts, und als bereits ein Versprechen der nahenden Dämmerung in der Luft lag, machte Brudermörders Dolch abgerundeten welligen Hügeln Platz, auf denen mehr Unterholz als Wald wuchs, mehr Sträucher als Bäume. Es gab keine Straße, nur einen Feldweg, der vielleicht von Zeit zu Zeit von einem Karren befahren wurde. An einigen Hügeln waren terrassenförmige Felder angelegt worden. Das Getreide stand gut, aber um diese Zeit waren keine Menschen zu sehen. Die verstreut liegenden Bauernhöfe waren so weit von ihrem Weg entfernt, dass Rand kaum etwas erkennen konnte. Die Häuser waren aus Stein erbaut.
    Als das Dorf vor ihnen auftauchte, leuchteten in einigen Fenstern bereits abendliche Lichter.
    »Heute Nacht schlafen wir in Betten«, sagte er.
    »Das werde ich zu genießen wissen, Lord Rand.« Hurin lachte. Loial nickte zustimmend.
    »Eine Dorfschenke«, murrte Selene. »Zweifellos schmutzig und voll von ungewaschenen Männern, die Bier saufen. Warum können wir nicht wieder unter den Sternen nächtigen? Ich schlafe gern unter freiem

Weitere Kostenlose Bücher