Die Jagd beginnt
den Kopf. »Junge, ich kann dich gut genug leiden, aber du weißt genauso gut wie ich, dass ich euch nur geholfen habe, weil eine Aes Sedai in die Sache verwickelt war. Seaghan versucht mich nicht mehr zu betrügen, als ich es erwarte, und wenn man noch des Königs Präsent dazurechnet, könnte ich auf den Dörfern niemals genauso viel verdienen. Zu meiner großen Überraschung scheint Dena mich zu lieben, und – genauso überraschend für mich – ich erwidere das Gefühl. Warum sollte ich also all das aufgeben, um mich stattdessen von Trollocs und Schattenfreunden jagen zu lassen? Das Horn von Valere? O ja, es ist schon eine Versuchung, das gebe ich zu. Aber nein. Nein, ich will nicht wieder in solche Dinge verwickelt werden.«
Er beugte sich vor und nahm einen langen, schmalen Instrumentenkasten in die Hand. Als er ihn öffnete, lag eine Flöte darin, einfach gearbeitet, doch mit Silber verziert. Er schloss den Behälter und schob ihn über den Tisch. »Du brauchst sie vielleicht eines Tages wieder, um dir dein Essen zu verdienen, Junge.«
»Das mag schon sein«, sagte Rand. »Wenigstens können wir miteinander sprechen. Ich werde in …«
Der Gaukler schüttelte den Kopf. »Eine klare Trennung ist am besten, Junge. Wenn du herumkommst, brauchst du es gar nicht zu erwähnen, ich habe trotzdem immer das Horn im Kopf. Aber ich will nichts damit zu tun haben. Absolut nichts!«
Nachdem Rand gegangen war, warf Thom seinen Umhang auf das Bett und setzte sich an den Tisch, die Ellbogen auf die Tischfläche gestützt. Das Horn von Valere. Wie konnte dieser Bauernjunge das finden …? Er brach diesen Gedankengang ab. Zu lange über das Horn nachzudenken könnte bedeuten, dass er mit Rand wegrannte, um es nach Shienar zu bringen. Das gäbe eine Geschichte: das Horn von Valere, verfolgt von Trollocs und Schattenfreunden, in die Grenzlande bringen. Kopfschüttelnd erinnerte er sich an Dena. Und selbst wenn sie ihn nicht geliebt hätte, konnte man doch ein solches Talent nicht alle Tage finden. Und sie liebte ihn tatsächlich, wenn er sich auch nicht vorstellen konnte, warum.
»Alter Narr«, murmelte er.
»Ja, ein alter Narr«, sagte Zera von der Tür her. Er fuhr zusammen. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er nicht gehört hatte, wie sich die Tür öffnete. Er kannte Zera seit Jahren, hatte sie auf seinen Reisen immer wieder getroffen, und sie nutzte ihre Freundschaft dazu, ihm immer wieder die Meinung zu sagen. »Ein alter Narr, der schon wieder das Spiel der Häuser spielt. Wenn mich mein Gehör nicht täuscht, spricht dieser junge Lord mit dem Akzent von Andor. Auf jeden Fall kommt er nicht aus Cairhien. Daes Dae’mar ist gefährlich genug, auch ohne sich in die Intrigen eines ausländischen Lords verwickeln zu lassen.«
Thom blinzelte überrascht, aber dann überlegte er, wie Rand wohl auf die anderen gewirkt haben mochte. Der Mantel war sicher fein genug gewesen für einen Lord. Er wurde langsam alt, wenn er solche Einzelheiten nicht mehr wahrnahm. Mit schlechtem Gewissen wurde ihm bewusst, dass er sich überlegt hatte, ob er Zera die Wahrheit sagen oder sie lieber bei ihrer vorgefassten Meinung lassen sollte. Es ist nur notwendig, über das Große Spiel nachzudenken, und schon fange ich an, es zu spielen. »Der Junge ist Schäfer, Zera, und kommt von den Zwei Flüssen.«
Sie lachte höhnisch. »Und ich bin die Königin von Ghealdan. Ich sage dir, in den letzten Jahren ist das Spiel in Cairhien äußerst gefährlich geworden. Es ist nicht so harmlos, wie du es aus Caemlyn kennst. Jetzt wird dabei auch gemordet. Wenn du nicht aufpasst, schneidet dir eines Tages jemand die Kehle durch.«
»Ich sage dir doch, ich spiele das Große Spiel längst nicht mehr. Das liegt alles zwanzig Jahre zurück.«
»Ja.« Es klang nicht, als glaube sie ihm. »Aber was auch immer, abgesehen von jungen ausländischen Adligen hast du begonnen, in den Herrenhäusern der Lords aufzutreten.«
»Sie zahlen gut.«
»Und sie benützen dich für ihre Intrigen, sobald sie einen Weg dazu gefunden haben. Sie sehen einen Mann und überlegen, wie sie ihn benützen können. Das ist für sie genauso natürlich wie das Atmen. Dieser junge Lord wird dir nicht helfen können; sie werden ihn bei lebendigem Leibe rösten.«
Er gab es auf, sie davon überzeugen zu wollen, dass er nichts mehr damit zu tun habe. »Bist du deshalb heraufgekommen, Zera, um mir das zu sagen?«
»Ja. Hör auf, das Große Spiel mitzuspielen, Thom. Heirate
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