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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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des Dolches nach. Seine Augenbrauen hoben sich erstaunt. Das war das erste Mal, dass Fain eine Regung in seinem Gesicht erkennen konnte. Aber im nächsten Moment war Turaks Gesicht so ausdruckslos wie zuvor. »Habt Ihr eine Ahnung, was das ist?«
    »Das Horn von Valere, Hochlord«, sagte Fain aalglatt, und es bereitete ihm Vergnügen zu beobachten, wie der Mann mit dem Zopf mit offenem Mund dastand. Turak nickte bedächtig.
    Der Hochlord wandte sich ab. Fain blinzelte und öffnete den Mund, aber nach einer gebieterischen Geste des blonden Mannes folgte er den beiden wortlos.
    Sie betraten ein weiteres Zimmer, aus dem man das gesamte Mobiliar entfernt und durch Stellwände ersetzt hatte. Es gab nur einen einzigen Stuhl, der vor einer hohen, geschwungenen Kommode stand. Turak, der immer noch Dolch und Horn trug, sah die Kommode an und blickte dann wieder weg. Er sagte kein Wort, aber der andere Seanchaner bellte kurz einige Befehle, und Augenblicke später erschienen Männer in einfachen Wollgewändern aus einer Tür hinter den Stellwänden und trugen einen kleinen Tisch herein. Eine junge Frau mit so blassem Haar, dass es beinahe weiß erschien, kam hinterher. Sie trug beide Arme voll mit kleinen Untersetzern in allen möglichen Formen und Größen, alle aus lackiertem Holz. Ihr Kleid war aus weißer Seide und so dünn, dass Fain ihren Körper deutlich sehen konnte, aber er hatte nur Augen für den Dolch. Das Horn war ein Mittel zum Zweck, doch der Dolch war ein Teil seiner selbst.
    Turak berührte kurz einen der hölzernen Untersetzer, die das Mädchen trug, und sie stellte ihn in die Mitte der Tischfläche. Nach den Anweisungen des Mannes mit dem Zopf drehten die anderen Männer den Stuhl so, dass er auf den Tisch hin zeigte. Das Haar dieser niedrigeren Diener reichte bis auf die Schultern. Sie hasteten hinaus, wobei sie sich so tief verbeugten, dass ihre Gesichter beinahe die Knie berührten.
    Turak stellte das Horn senkrecht auf den Untersetzer und den Dolch gleich davor. Dann setzte er sich auf den Stuhl.
    Fain konnte es nicht mehr ertragen. Er griff nach dem Dolch.
    Der blonde Mann packte sein Handgelenk mit mörderisch festem Griff. »Unrasierter Hund! Wisst, dass die Hand, die ungebeten das Eigentum des Hochlords berührt, abgehackt wird.«
    »Er gehört mir«, murrte Fain. Geduld! So lange schon …
    Turak lehnte sich entspannt zurück und hob einen blau lackierten Fingernagel. Fain wurde zurückgerissen, damit der Hochlord ungestört das Horn betrachten konnte.
    »Euch?«, fragte Turak. »In einer Truhe, die Ihr nicht öffnen konntet? Falls Ihr mein Interesse in genügendem Maße weckt, gebe ich Euch vielleicht den Dolch. Auch wenn er aus dem Zeitalter der Legenden stammt, habe ich an so etwas kein Interesse. Aber vor allem anderen werdet Ihr mir eine Frage beantworten: Warum habt Ihr mir das Horn von Valere gebracht?«
    Fain sah den Dolch noch einen Augenblick lang sehnsüchtig an, riss dann sein Handgelenk aus dem Griff des Mannes mit dem Zopf und rieb es, während er sich verbeugte. »Damit Ihr es blast, Hochlord. Dann könnt Ihr dieses ganze Land einnehmen, falls Ihr das wünscht. Die ganze Welt. Ihr könnt die Weiße Burg schleifen und die Aes Sedai zu Staub zermalmen, denn nicht einmal ihre Macht kann Helden aufhalten, die von den Toten auferstanden sind.«
    »Ich soll es blasen?« Turaks Stimme klang ausdruckslos. »Und die Weiße Burg schleifen? Nochmals, warum? Ihr behauptet, Ihr würdet gehorchen, warten und dienen, doch dies ist ein Land von Eidbrechern. Warum gebt Ihr mir Euer Land? Habt Ihr irgendeinen privaten Streit mit diesen … Frauen?«
    Fain bemühte sich, in überzeugendem Tonfall zu sprechen. Geduld – wie ein Wurm, der von innen her bohrt. »Hochlord, in meiner Familie gibt es eine Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Wir dienten dem Hochkönig Artur Paendrag Tanreall, und als er von den Hexen von Tar Valon ermordet wurde, haben wir unseren Eid nicht gebrochen. Während andere Kriege führten und das zerrissen, was Artur Falkenflügel aufgebaut hatte, hielten wir uns an unseren Eid und litten darunter. Doch wir zerbrachen nicht. Das ist unsere Tradition, Hochlord, vom Vater auf den Sohn weitergegeben und von Mutter zu Tochter, all die Jahre hindurch, seit der Hochkönig ermordet wurde: Dass wir die Rückkehr des Heeres erwarten, das Artur Falkenflügel über das Aryth-Meer gesandt hat, dass wir die Rückkehr des Bluts von Artur Falkenflügel erwarten, um

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