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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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unsicher ob der dort herrschenden Schwärze stehen, und Changu grinste hinter ihm, doch Egwene packte ihn am Ärmel und zog ihn weiter. Die Tür schlug zu und erwischte ihn beinahe noch an der Ferse. Die Riegel wurden knirschend vorgeschoben. Es gab nur noch den Laternenschein, der seinen kleinen Lichtkreis in die Dunkelheit hineinzeichnete.
    »Bist du sicher, dass er uns wieder herauslassen wird?«, fragte er. Der Mann hatte, das wurde ihm jetzt klar, sein Schwert und seinen Bogen überhaupt nicht angesehen und auch nicht gefragt, was er in seinen Bündeln habe. »Das sind keine sehr guten Wachen. So, wie der aufgepasst hat, könnten wir genauso gut hier sein, um Fain zu befreien.«
    »Dazu kennen sie mich zu gut«, sagte sie, doch es klang besorgt, und sie fügte hinzu: »Die Wachen scheinen jedes Mal schlimmer zu werden, wenn ich komme. Bissiger und mürrischer. Changu hat bei meinem ersten Besuch noch Witze erzählt, und Nidao sagt überhaupt kein Wort mehr. Aber ich schätze, wenn man an einem Ort wie diesem arbeitet, kann man wohl kein leichtes Herz bewahren. Vielleicht liegt es auch an mir. Dieser Ort macht mein Herz auch nicht gerade leichter.« Trotz ihrer Worte zog sie ihn voller Selbstvertrauen weiter in die Schwärze. Er hielt mit seiner freien Hand das Schwert.
    Der blasse Laternenschein enthüllte einen breiten Flur mit Eisengittern auf beiden Seiten, hinter denen sich Zellen mit aus dem Felsen gehauenen Wänden befanden. Nur zwei der Zellen, an denen sie vorbeikamen, waren belegt. Die Gefangenen richteten sich von ihren schmalen Pritschen auf, als der Lichtschein auf sie fiel, schützten ihre Augen mit den Händen und starrten böse zwischen den Fingern hindurch. Obwohl ihre Gesichter verborgen blieben, war Rand sich ihrer bösen Blicke sicher. Ihre Augen funkelten im Laternenschein.
    »Der da trinkt und rauft zu viel«, murmelte Egwene und deutete auf einen stämmigen Burschen, dessen Gelenke fast unter Muskelpaketen verschwanden. »Diesmal hat er ganz allein den Schankraum einer Schenke in der Stadt auseinander genommen und einige Männer schwer verletzt.« Der andere Gefangene trug einen goldbestickten Mantel mit weiten Ärmeln und niedrige, glänzende Stiefel. »Er versuchte, die Stadt zu verlassen, ohne seine Rechnung in der Schenke zu begleichen …« – dabei schnaubte sie laut und verächtlich; schließlich war ihr Vater Wirt und auch noch Bürgermeister von Emondsfelde – »… und er schuldet auch noch einem halben Dutzend Kaufleuten Geld.«
    Die Männer fauchten sie an und knurrten kehlige Flüche, wie Rand sie bisher nur von den Leibwächtern der Händler gehört hatte.
    »Auch sie werden jeden Tag schlimmer«, sagte sie mit angespannter Stimme und beschleunigte ihren Schritt.
    Sie befand sich weit genug vor ihm, als sie Padan Fains Zelle ganz am Ende des Ganges erreichten, dass Rand sich in dem Moment außerhalb des Lichtscheins befand. Er blieb an dem Fleck im Schatten hinter ihrer Laterne stehen.
    Fain saß auf seiner Pritsche und beugte sich erwartungsvoll vor, als habe er wirklich gewartet, so wie Changu behauptet hatte. Er war ein knochiger Mann mit stechendem Blick, langen Armen und einer großen Nase, und er war noch hagerer, als Rand ihn in Erinnerung hatte. Die hagere Gestalt rührte nicht vom Aufenthalt im Kerker her – das Essen hier war das gleiche, das auch die Diener bekamen, und auch der schlimmste Gefangene bekam die gleichen Portionen –, sondern von dem, was er getan hatte, bevor er nach Fal Dara gekommen war. Der Anblick ließ in Rand Erinnerungen aufkommen, auf die er lieber verzichtet hätte. Fain auf dem Bock seines großen Wagens, wie er über die Brücke rumpelte und am Tag der Winternacht in Emondsfelde ankam. Und an Winternacht kamen die Trollocs und mordeten und brannten Häuser nieder und jagten. Sie jagten drei junge Männer, hatte Moiraine gesagt. Sie jagten mich, auch wenn sie es nicht wussten, und Fain benutzten sie als Spürhund.
    Als Egwene näher kam, stand Fain auf, doch er schützte seine Augen nicht vor dem Licht; er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er lächelte sie an. Das Lächeln berührte aber kaum seine Mundwinkel. Dann hob er den Blick und sah über ihren Kopf hinweg. Er schaute geradewegs Rand an, der in der Schwärze hinter dem Lichtschein verborgen stand, und deutete mit einem langen Finger auf ihn. »Ich fühle, wie du dich dort verbirgst, Rand al’Thor«, sagte er in einem Singsangton. »Du kannst dich nicht verbergen, nicht vor

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