Die Jagd beginnt
erleben.« Plötzlich flammte einen Augenblick lang die ihnen am nächsten befindliche Fackel prasselnd auf. Sie quiekte und starrte überrascht hin.
Er wand sich herum, packte ihren Arm, zog sie von seinem Rücken herunter und stieß sie gegen die Wand. Als er sich aufrichtete, saß sie ihm gegenüber und rieb sich wütend den Arm. »Du hättest das wirklich fertig gebracht, nicht wahr?«, sagte er verärgert. »Du spielst mit Sachen, die du nicht verstehst. Du hättest uns beide zu Holzkohle verbrennen können!«
»Männer! Wenn ihr uns nicht überzeugen könnt, dann rennt ihr entweder davon oder ihr greift zu Gewalt.«
»Mach mal halblang! Wer hat wen zu Fall gebracht? Wer hat sich auf wen gesetzt? Und wer hat gedroht … versucht …« Er hob die Hände. »Nein, du machst nicht so weiter. Du versuchst das immer wieder. Wenn du merkst, dass es nicht nach deinem Kopf geht, dann reden wir plötzlich von etwas ganz anderem. Aber diesmal nicht!«
»Ich will nicht streiten«, sagte sie ruhig, »und ich wechsle auch nicht das Thema. Verstecken heißt doch nur weglaufen. Und nach diesem Versteckspiel läufst du ohnehin weg. Und du tust Mat und Perrin und Loial weh! Und wie steht es mit mir? Ich weiß, warum. Du hast Angst davor, dass du jemandem noch mehr wehtust, wenn du ihn bei dir bleiben lässt. Wenn du nicht tätest, was du sowieso nicht solltest, dann müsstest du dir auch keine Gedanken darüber machen, jemandem wehzutun. Dabei weißt du noch nicht einmal, ob du einen Grund dazu hast! Wieso sollte die Amyrlin oder irgendeine Aes Sedai außer Moiraine überhaupt wissen, dass es dich gibt?«
Er blickte sie einen Augenblick lang stumm an. Je mehr Zeit sie mit Moiraine und Nynaeve verbrachte, desto mehr nahm sie deren Art an, zumindest wenn ihr das passte. Sie waren sich manchmal so ähnlich, die Aes Sedai und die Seherin, verschlossen und weise zugleich. Dasselbe bei Egwene festzustellen brachte ihn durcheinander. Schließlich erzählte er ihr, was Lan ihm gesagt hatte. »Was kann er sonst gemeint haben?«
Ihre Hand erstarrte auf seinem Arm, und sie runzelte angestrengt die Stirn. »Moiraine weiß das von dir, und sie hat nichts unternommen. Warum sollte sie das jetzt tun? Aber falls Lan …« Mit gerunzelter Stirn sah sie ihm in die Augen. »Die Lagerräume sind der erste Ort, an dem sie suchen werden. Bis wir herausfinden, ob sie dich suchen, müssen wir dich irgendwohin bringen, wo sie niemals suchen würden. Ich weiß wo. Im Kerker.«
Er rappelte sich hoch. »Im Kerker?«
»Nicht in einer Zelle, Dummkopf. Ich gehe manchmal abends hin, um Padan Fain zu besuchen. Nynaeve auch. Keiner wird sich etwas dabei denken, wenn ich heute etwas früher komme. In Wirklichkeit wird uns überhaupt niemand beachten, weil alle die Amyrlin sehen wollen.«
»Aber Moiraine …«
»Sie geht nicht in den Kerker, um Meister Fain zu verhören. Sie lässt ihn zu sich bringen. Und sie hat das in den letzten Wochen nicht gerade oft getan. Glaub mir, dort bist du in Sicherheit.«
Er zögerte noch. Padan Fain. »Warum besuchst du überhaupt den Händler? Er ist ein Schattenfreund, wie du aus seinem eigenen Munde weißt, und ein sehr schlimmer noch dazu. Licht noch mal, Egwene, er hat die Trollocs nach Emondsfelde geführt! Der Jagdhund des Dunklen Königs nannte er sich, und er hat seit Winternacht meine Spur gesucht.«
»Ja, aber jetzt befindet er sich sicher hinter eisernen Gitterstäben, Rand.« Nun zögerte sie und sah ihn beinahe bittend an. »Rand, er ist jeden Frühling seit meiner Geburt mit seinem Wagen zu den Zwei Flüssen gekommen. Er kennt alle Menschen, die ich kenne, und alle Orte. Es ist seltsam, aber je länger er eingesperrt ist, desto umgänglicher wird er. Es ist beinahe, als komme er vom Dunklen König los. Er lacht wieder und erzählt lustige Geschichten über die Leute aus Emondsfelde und von Orten, deren Namen ich noch nie gehört habe. Manchmal ist er fast wieder so wie früher. Ich spreche einfach gern mit jemandem über zu Hause.«
Da ich dich gemieden habe , dachte er, und da Perrin alle gemieden hat und Mat seine ganze Zeit mit Spielen und Vergnügungen zubringt . »Ich hätte mich wohl nicht so zurückziehen sollen«, gab er leise zu, und dann seufzte er. »Na ja, wenn Moiraine glaubt, dass du nicht in Gefahr bist, dann ist es wohl auch kein Risiko für mich. Aber es ist nicht nötig, dass du darin verwickelt wirst.«
Egwene stand auf, wischte sich betont das Kleid ab und mied seinen
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