Die Jagd des Adlers
von ihnen waren einfache Bauern, die durch die endlosen Mühen und das Unrecht in ihrem Leben in diesen Kampf getrieben wurden. Diese Herkunft würde ihnen eine Zeit lang Mut machen, doch ihnen fehlten Ausbildung, Erfahrung und Selbstvertrauen professioneller Soldaten, wie es die Hilfstruppen besaßen, die die Zweite Illyrische Kohorte bildeten. Was dachten sie, während sie durch die staubige Ebene zogen und die dicken Mauern der Festung Bushir vor sich sahen, die an jeder Ecke und über den Toren mit mächtigen Türmen versehen war? Mussten sie nicht Furcht empfinden, auch wenn sie zahlenmäßig noch so sehr überlegen waren? Cato hoffte es, denn es wäre nicht nur zu seinem, sondern auch zu ihrem Besten. Es lag keine Befriedigung und noch viel weniger Ruhm darin, einfache Bauern abzuschlachten. Es war eine schmutzige, undankbare Aufgabe, die niemandem etwas einbrachte und die das Elend der Menschen in Judäa nur noch weiter vergrößern würde. Wenn die Angreifer unterlagen, würden die Wut und der Hass gegenüber Rom, die schon lange in den Herzen der Menschen dieses Landes tobten, nur noch mehr Nahrung finden. Das war alles, was Rom gewinnen konnte, wenn es Cato, Macro und den anderen Männern gelang, den Angriff des Feindes abzuwehren. Doch wenn Bannus den Sieg davontrug, dann, so dachte Cato, würde das Schicksal Bushirs überall in der Provinz als Ermutigung verstanden werden. Zahllose Kämpfer würden sich Bannus anschließen, und zwischen Ägypten und Syrien wäre keine römische Garnison mehr sicher. Und was dann? Nach allem, was Cato über diese Menschen wusste, gäbe es dann keineswegs Frieden, auch kein vereintes, unabhängiges Königreich von Judäa. Die Bewohner waren wegen ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellung und ihrer Religion einfach zu zerstritten, um zu einer Einheit zu finden. Dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bevor Judäa vom Bürgerkrieg zerrissen und von einem anderen Imperium einverleibt würde – gleichgültig, ob es sich dabei noch einmal um Rom oder um das Partherreich handelte. Wie es, nebenbei bemerkt, mit Judäa im Laufe der Geschichte immer wieder mal geschehen war.
Cato lächelte, als er sich dabei ertappte, dass ihm die heruntergekommenen Bauern leidtaten, die gegen ihn aufmarschierten.
Bannus führte seine Armee bis eine halbe Meile an die Festung heran, bevor er haltmachen und in der anbrechenden Dunkelheit das Lager aufschlagen ließ. Der Himmel war klar, und als der letzte orangefarbene Schimmer der untergehenden Sonne verschwunden war, funkelten zahllose Sterne am Himmel. Die Geräusche des Feindes drangen durch die Wüste bis zur Festung, und wenn Cato die Ohren spitzte, konnte er Fetzen von Gelächter und Gesang zwischen den mit bellender Stimme erteilten Befehlen hören. Ein Feuer nach dem anderen flammte auf, und eine Reihe heller Lichtpunkte zog sich durch die Wüste. Um jeden von ihnen drängten sich in einem dichten Kreis zahllose Menschen, die die Nacht in ihre kalte Umarmung schloss.
Macro wartete noch eine Weile, um sicher zu sein, dass sich der Feind für die Nacht einrichtete, bevor er den Einheiten, die nicht zur Wache eingeteilt waren, befahl, sich zurückzuziehen. Die Männer stiegen von den Mauern und begaben sich mit düsteren Mienen in ihre Unterkünfte. Einige würden kein Problem damit haben, Schlaf zu finden, während es anderen wahrscheinlich nicht gelang, den Zustand unruhiger Erwartung abzuschütteln, den Cato an ihnen bemerkt hatte, als sie nach dem vorrückenden Feind Ausschau hielten. Schließlich winkte Macro Cato zu sich, und die beiden begaben sich in das Quartier des Präfekten, um zusammen mit den anderen Offizieren etwas zu essen. Scrofa und Postumus saßen so weit vom Kommandanten der Kohorte entfernt, wie es ihr Rang zuließ. Sie hielten die Köpfe gesenkt und weigerten sich, Macros oder Catos Blick zu erwidern. Die Stimmung war gedämpft, auch wenn Macro den für seinen Haushalt zuständigen Soldaten angewiesen hatte, den besten Wein aus Scrofas Vorräten zu servieren. Macro selbst achtete darauf, ruhig und von der Nähe des Feindes unbeeindruckt zu erscheinen. Er erzählte einigen Offizieren sogar ein paar derbe Witze und beschloss den Abend, indem er auf den unausweichlichen Sieg der Kohorte trank. Die Offiziere antworteten mit gezwungener Begeisterung, und dann war das Mahl beendet, und sie kehrten in ihre jeweiligen Räume am Ende der Mannschaftsunterkünfte zurück.
»Welch überwältigender Erfolg«,
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