Die Jagd des Adlers
murmelte Macro, als der Letzte von ihnen gegangen und nur noch Cato bei ihm war. Sein junger Freund aß Datteln aus einer Schale, die vor ihm stand. »Ich könnte Bannus genauso gut die Festung jetzt gleich übergeben, dann hätten wir die Sache hinter uns.«
»Sie werden sich unerschrocken in die Schlacht stürzen, wenn die Zeit gekommen ist, Herr.«
»Oh? Warum bist du so sehr davon überzeugt, mein geschätzter Freund und Kampfgenosse?«
Cato sah auf. »Sie haben keine andere Wahl. Entweder sie kämpfen, oder sie sterben.«
»Das soll eine Neuigkeit sein?«, grummelte Macro. »Ich sage dir, Cato, wenn das Legionäre statt Hilfstruppen wären, hätten sie eine ganz andere Einstellung. Sie könnten es gar nicht erwarten, gegen Bannus und seinen Pöbel zu ziehen.«
»Vielleicht würden unsere Männer ja dasselbe empfinden, wenn Scrofa und Postumus sie nicht verdorben hätten. Es ist alles eine Frage der Führung. Bevor du hierhergekommen bist, haben sie über Monate hinweg unter einem schlechten Kommando gedient. Du hattest einfach viel zu wenig Zeit, um sie angemessen auf eine Schlacht vorzubereiten.«
»Mag sein«, erwiderte Macro nachdenklich. »Vielleicht sorgt ja der erste Angriff dafür, dass sie wieder ein wenig Eisen in ihre Knochen bekommen.«
Cato lächelte. »Ich hoffe nicht. Eine Verwundung ist das Letzte, was sie brauchen.«
Macro zuckte zusammen, als er hörte, wie sein Freund versuchte, eine humorvolle Bemerkung zu machen. »Das ist nicht zum Lachen, Cato. Unser Leben hängt davon ab.« Er schnaubte. »Das Schicksal der ganzen verdammten Provinz hängt davon ab. Also bitte keine dummen Bemerkungen. Nicht, bevor wir noch einen Weinschlauch geleert haben. Und selbst dann …«
»In Ordnung, Herr. Keine Witze mehr.«
»Gut.« Macro schwieg in Gedanken versunken. Plötzlich wandte er sich wieder an Cato. »Vespasian. Wie hat er es deiner Meinung nach geschafft?«
»Was geschafft, Herr?«
»Seine Offiziere auf die Schlacht vorzubereiten. Erinnerst du dich? Wenn wir seinerzeit in der Zweiten Augusta kurz vor einem Kampf standen, fand der Legat immer ein paar Worte für uns. Er hielt eine kurze Ansprache, und dann gingen wir zu unseren Männern zurück und brannten geradezu darauf, in die Schlacht zu ziehen. Wie hat er das geschafft?«
Cato dachte an ihren früheren Kommandanten, an seine stämmige Gestalt und an das dünner werdende Haar, das ein Gesicht mit ausgeprägten Zügen krönte. Und an die ruhige, tiefe Stimme, mit der Vespasian seine Männer gleichermaßen bezaubern wie aufs Schärfste zurechtweisen konnte. Es war schwierig zu beschreiben, was den Legaten zu einem Menschen machte, für den man bis in den Tod kämpfen würde. Worin auch immer wahre Führungsstärke bestehen mochte – Cato war überzeugt, dass einige Menschen sie besaßen und sehr viele nicht. Macro gehörte zu der ersten, kleineren Gruppe. Nur war sein Führungsstil anders als der Vespasians.
Wieder lächelte Cato. »Darauf kann ich dir keine Antwort geben.«
»Wunderbar. Danke«, erwiderte Macro grimmig.
»Kein Grund zur Unruhe, Herr. Du wirst gut zurechtkommen. Ich würde dir bis ans Ende der Welt folgen.«
Macro sah ihn überrascht an. »Du meinst das wirklich so, oder?«
»Aber ja, Herr. Und wenn diese Männer dich erst einmal besser kennen, denn würden sie genau dasselbe tun. Jetzt, da diese Schlacht vor uns liegt, werden sie schon sehr bald die Qualität ihres neuen Präfekten erkennen. Vielleicht ist es das, was Vespasian hatte.«
»Was?«
»Den Vorteil eines Beispiels. Wir sind ihm gefolgt, weil wir ihn in der Schlacht erlebt haben. Er hat sich uns gegenüber bewiesen. Ich würde sagen, sobald ein Kommandant das getan hat, hat er die Männer für sich gewonnen. Das ist deine Chance, bei der Zweiten Illyrischen dasselbe zu machen.«
Macro strich sich nachdenklich über das Kinn. Dann füllte er Catos Becher und seinen eigenen nach, bevor er letzteren hob und einen Trinkspruch ausbrachte. »Auf alle, die von der vordersten Kampflinie aus führen.«
Cato nickte. »Darauf trinke ich.«
Cato wurde eine Stunde vor Anbruch der Dämmerung geweckt. Ein Soldat schüttelte ihn vorsichtig an der Schulter. »Herr, der Präfekt möchte dich sehen.«
Cato blinzelte, gähnte und rieb sich die Augen. »Gut. Wo ist er?«
»Im Torhaus über dem Haupttor, Herr.«
»In Ordnung. Richte dem Präfekten meinen Gruß aus. Sag ihm, dass ich komme.«
»Ja, Herr.« Der Soldat drehte sich um und verließ das Zimmer. Sofort
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