Die Jagd des Adlers
entdeckt worden waren. Erst dann winkte er dem Mann hinter sich und begann, am Fuß der Mauer entlangzukriechen. Vor sich konnten sie die Männer am Haupttor hören, die sich bemühten, so schnell wie möglich einige Schäden zu beheben, die das Torhaus im Laufe des Tages erlitten hatte. Wenn sich der Beschuss in den ersten Morgenstunden fortsetzte, konnte es nicht lange dauern, bis diese nächtliche Arbeit wieder zunichte wäre, doch wenigstens gewann die Garnison so ein wenig Zeit.
Als sie den Punkt erreichten, an dem die Lampe schwach auf der Mauer leuchtete, machte Cato halt und wartete, bis alle Männer nachgekommen waren. Schon liefen Schauer durch seinen Körper, was einerseits an der durchdringenden Kälte der Nachtluft lag, andererseits aber auch an der nervösen Aufregung, die ihn erfüllte, weil er seine Männer auf eine so gefährliche Mission gegen das feindliche Lager führte. Er holte tief Luft und versuchte, seine Beklommenheit zu meistern. Dann kroch er hinab in den Graben, der die Festung umgab, und kletterte an der gegenüberliegenden Stelle wieder nach oben. Die ferne, schwarze Masse eines Felsens bildete ein auffälliges Merkmal in der Landschaft; an ihr orientierte er sich, während er sich auf Händen und Knien vorwärtsschob. Seine linke Hand zuckte zurück, als er die scharfen Spitzen einer Fußangel berührte. Vorsichtig tastete er das Terrain ab, und es dauerte nicht lange, bis er auf eine zweite stieß. So gewann er schließlich ein inneres Bild von dieser Seite seiner Route. Nach Catos Einschätzung hatten sie sich bereits über hundert Schritte weit von der Mauer entfernt, als er einen Blick zurückwarf und nun auch die Lampe im Hauptquartier sah, die mit derjenigen auf der Mauer von seiner Position aus eine fast perfekte Gerade bildete. Er rückte ein wenig zur Seite, bis beide Lampen vollkommen deckungsgleich waren, und kroch dann langsam weiter.
Es dauerte lange, bis die Männer das Ende der Verteidigungsanlagen erreicht hatten, die Macro hatte errichten lassen, und plötzlich spürte Cato die Hand des Mannes hinter sich auf seiner Schulter. Cato drehte sich um und sah, dass der Arm des Mannes nach rechts deutete. In weniger als einhundert Schritten Entfernung erkannte der junge Centurio die dunklen Umrisse zweier Judäer vor dem nur ein wenig helleren Himmel. Er konnte Bruchstücke einer Unterhaltung und Gelächter hören, als die beiden Gestalten langsam davongingen, während sie ihre Patrouille um die Festung herum fortsetzten. Die kleine römische Truppe kroch weiter, bis die Verteidigungsanlagen deutlich hinter den Männern lagen, dann schlug Cato eine parallel zur Festungsmauer verlaufende Richtung ein und führte die Soldaten auf den roten Schimmer der Feuer im feindlichen Lager zu.
Alle seine Sinne waren hellwach, als er versuchte, einen nahen Feind oder irgendein Anzeichen von Gefahr wahrzunehmen. Unterdessen war die Kälte tief in seinen Körper eingedrungen, seine Brust war wie erstarrt, und er konnte die Schauer, die durch seine Arme und Beine liefen, kaum noch unter Kontrolle halten, während die römischen Soldaten sich, geduckt durch die Dunkelheit vorrückend, dem Feind näherten. Endlich sah Cato in einiger Entfernung die senkrecht in die Höhe ragenden Rahmen der Katapulte, die durch den Schimmer eines nahe gelegenen Feuers erhellt wurden. Er gab seinen Männern das Zeichen, haltzumachen und einen lockeren Kreis um ihn herum zu bilden.
»Sycorax?«, flüsterte er.
»Hier, Herr.«
Cato drehte sich zu der dunklen Gestalt um, die unweit von ihm auf der Erde kniete. »Die Karren und die Tiere sind dort drüben.« Er deutete auf eine kleine Erhebung, die etwa eine Viertelmeile von den Katapulten entfernt lag. »Erledige die Wachen und leg Feuer. Mach den Brand so groß, wie du nur irgend kannst, und sorg für so viel Lärm wie möglich, sobald sie auf dich aufmerksam geworden sind. Dann verschwinde zurück zur Festung.«
»Keine Sorge, Herr. Wir wissen, was wir zu tun haben.«
»Viel Glück. Und los!«
Cato sah zu, wie Sycorax und seine Männer sich in Bewegung setzten und kurz darauf von der Nacht verschlungen wurden. Dann gab er den übrigen Soldaten das Zeichen, ihm zu folgen, und zusammen schlichen sie näher an die Katapulte heran. Je geringer die Entfernung wurde, umso deutlicher konnten die Römer die Geräusche aus dem Lager des Feindes hören, und Cato musste befürchten, dass der Lärm die Position der Männer, die die Katapulte bewachten, schwieriger
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