Die Jagd des Adlers
Felswände hinauf. »Es ist ein Wunder, dass überhaupt jemand diesen Zugang gefunden hat.«
Sie bogen um eine Ecke, und vor ihnen zog sich ein schmaler Lichtspalt von der Spitze der Felsen bis ganz nach unten. Ein kleines Stück hinter dieser Öffnung befand sich ein gewaltiges Gebäude – ein Tempel, der auf massiven Säulen errichtet worden war, so schien es zunächst. Als sie näher kamen, erkannte Cato jedoch, dass hier streng genommen niemand etwas errichtet hatte, sondern dass das Gebäude direkt aus dem Felsgestein herausgeschlagen worden war.
»Sieh dir das an«, sagte Macro voller Verwunderung, als sie aus dem Siq traten und das gesamte Gebäude sehen konnten, dessen Fassade im schräg einfallenden Sonnenlicht rötlich schimmerte. Sie hatten ein schmales, offenes Tal erreicht. Überall auf dessen gepflastertem Grund befanden sich Marktstände und die Tische von Geldwechslern, wie die beiden Offiziere es auch aus jeder größeren Stadt des römischen Reiches kannten. Nur dass hier keine Tempel den Markt umgaben, sondern Wände aus rotem Fels. Die Wachen führten sie über den Markt und folgten dann einer weiteren Wegbiegung, und dort, endlich, lag vor ihren Augen die Stadt Petra. Mächtige Gräber, die direkt aus den Felsen geschlagen worden waren, zogen sich an einer breiten Straße entlang, die mitten ins Herz der steinernen Stadt führte. Noch mehr Verkaufsstände waren am Straßenrand aufgebaut worden, und auf einem flachen Felsvorsprung vor sich sahen sie mehrere großartige Paläste und Tempel. Als sie das Ende der von Gräbern gesäumten Straße erreicht hatten, wichen die Felswände zurück und gaben den Blick auf die übrige Stadt frei, in der zahlreiche Häuser und Straßen auf einer leichten Erhöhung den Talgrund umgaben, der das Herz von Petra bildete. Die Wachen marschierten mit ihren Gefangenen eine breite, gerade Straße hinab, die auf beiden Seiten von Säulengängen eingefasst wurde, und erreichten schließlich eine mächtige Freitreppe. Die Treppe führte einen auf der rechten Seite gelegenen Hügel hinauf, auf dem sich der Palast der Könige von Nabatäa befand. Die Gruppe folgte den Stufen, bog jedoch vor den großen, mit Bronze beschlagenen Toren des Haupteingangs ab und ging auf eine halb verborgene Seitentür zu. Dahinter führte eine Treppe unter den Palast, und dann verlief ein von Fackeln erleuchteter Tunnel unter der Straße zurück in der Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. Am Ende des Tunnels lag eine Reihe von Zellen mit kleinen, vergitterten Fensteröffnungen, die hinaus auf die Straße gingen. Der Führer der Wachen ließ sie an den ersten Zellen vorbeigehen, in denen einige elend wirkende Gestalten in ihrem eigenen Unrat ausharrten; offensichtlich saßen sie hier ihre Strafe ab oder warteten auf ihr Urteil.
Cato knuffte Macro in die Seite. »Sieh dir das an.«
Macro warf einen Blick zur Seite, als sie an den Eisenstangen der vorletzten Zelle vorbeikamen. Hinter dem Gitter saßen mehrere Parther, die noch immer ihre Rüstungen aus kleinen Metallplättchen trugen, in denen sie vor der Festung Bushir gekämpft hatten, an die Steinwände gelehnt. Die Blicke der Parther folgten den Neuankömmlingen, als diese vorbeigingen und in die nächste Zelle geschoben wurden. Der Führer der Wachen schloss das Gittertor und verriegelte es. Dann marschierte er mit seinen Männern davon und überließ die beiden Römer sich selbst.
Macro ging zur Wand mit dem Fenster und trat auf eine kleine Bank, damit er zwischen den Gitterstäben hindurch nach draußen sehen konnte. Die Leute auf der Straße gingen vorüber, ohne einen Blick auf das Gesicht des Gefangenen zu verschwenden, der aus dem Halbdunkel schräg unter dem Palast zu ihnen hochsah.
»Nicht gerade das beste Ergebnis«, sagte er grimmig.
»Symeon wird die Situation klären. Er wird dafür sorgen, dass wir so schnell wie möglich wieder freigelassen werden.«
»Du scheinst großes Vertrauen in diesen Mann zu setzen.«
Cato hatte sich gegen die Wand sinken lassen und spürte, wie der Wunsch zu schlafen immer mächtiger in ihm wurde – er hüllte den jungen Centurio geradezu wie ein Leichentuch ein. Seine Lider wurden immer schwerer, und er schloss für einen Moment die Augen. Doch gleichzeitig reizte ihn Macros Bemerkung. »Vertrauen? Ja, vermutlich schon. Er scheint zu wissen, was er tut. Und ihm haben wir es zu verdanken, dass Bannus vor Bushir besiegt wurde, oder hast du das schon vergessen?«
»Ja, stimmt«,
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