Die Jagd des Adlers
standen sie eine Weile schweigend da, ohne sich von der Stelle zu rühren. Doch niemand kam. Das ständig wiederholte Lied des Vogels hallte von den Wänden wider, bis Macro den Drang verspürte, dem Tier den Hals umzudrehen. Doch der Singvogel hatte Glück: Plötzlich öffneten sich die Türen wieder, und jemand wies Symeon in den Raum. Er lächelte, als er die beiden Römer sah.
»Hab ich’s mir doch gedacht! Ihr beide seht schon sehr viel zivilisierter aus!« Rasch warf er einen Blick auf Macro. »Na ja, wenigstens nicht ganz so barbarisch.«
»Was geht hier vor sich?«, fragte Macro. »Wir warten hier schon eine Ewigkeit. Wo ist dieser verdammte Kammerherr?«
»Er hat seine Berater kommen lassen. Die Tatsache, dass Bannus hier aufgetaucht ist und kurz darauf ihr erschienen seid, hat die Nabatäer in eine schwierige Lage gebracht, könnte man sagen.«
»Wie das?«
Symeon sah sich um, bevor er seine Stimme senkte und fortfuhr: »Einer der Parther, die mit Bannus in die Stadt gekommen sind, behauptet, er sei einer der Prinzen des Königshauses. Wenn die Nabatäer ihn weiter gefangen halten, riskieren sie, die Parther zu beleidigen. Sie haben gehört, dass die Parther Truppen an Roms syrischer Grenze zusammenziehen. Sollte es zum Krieg zwischen Rom und dem Partherreich kommen und die Parther den Sieg davontragen, können sich die Nabatäer keine Missstimmung zwischen ihrem Reich und den neuen Herrschern leisten. Andererseits sind Bannus und seine parthischen Freunde verantwortlich für den Versuch, in Judäa einen Aufstand anzuzetteln. Wenn die Nabatäer also diesen parthischen Prinzen und seinen Freund Bannus freilassen, riskieren sie, Rom zu verärgern.« Symeon hielt inne und gab den beiden Offizieren damit Gelegenheit, sich über die Bedeutung seiner Worte klar zu werden. »Ihr seht also, wo das Problem liegt. Im Augenblick versuchen die Nabatäer zu klären, ob dieser Parther wirklich der ist, wofür er sich ausgibt.«
»Aber das könnte Wochen dauern.«
»Offensichtlich nicht. Erst kürzlich haben die Parther einen Botschafter zum König von Nabatäa entsandt. Beide halten sich im Moment im Königspalast am Roten Meer auf. Der Kammerherr hat dem König eine Beschreibung der Lage geschickt und ihn gebeten, zusammen mit dem Botschafter nach Petra zurückzukehren.«
»Wie lange wird das dauern?«, fragte Macro.
»Mehrere Tage.«
Macro presste die Lippen zusammen, um seiner Enttäuschung Herr zu werden. »Ich werde nicht zulassen, dass man mich für so lange Zeit in eine verdammte Zelle steckt. Das kannst du deinem verfluchten Kammerherrn sagen.«
Draußen wurden Schritte laut, und Symeon warf einen kurzen Blick in Richtung Eingang. »Ich glaube, das kannst du ihm selbst sagen.«
Die Türen öffneten sich wieder, und von einer kleinen Gruppe seiner Begleiter umringt, betrat ein großer, dünner, in kostbare Gewänder gehüllter Mann den Saal. Die Mitarbeiter und Berater des Kammerherrn nahmen auf dem Podium und darum herum ihre offiziellen Positionen ein, wobei der Kammerherr selbst Symeon und die beiden Römer ignorierte, bis er auf seinem Stuhl Platz genommen hatte. Dann wandte er sich ihnen zu und bedachte sie mit dem unverbindlichen Lächeln eines Politikers.
»Ich entschuldige mich für die ungastliche Art, in der ihr in dieser Stadt aufgenommen wurdet.«
Sein Griechisch war kultiviert und makellos, und als er fortfuhr, hörte er sich in Catos Ohren griechischer an als die meisten Griechen.
»Symeon hat mich gebeten, euch für die Dauer eures Aufenthalts in Petra in seine Obhut zu entlassen. Ich werde seine Bitte unter folgenden Bedingungen erfüllen. Erstens, ihr werdet schwören, keinen Versuch zu unternehmen, die Stadt zu verlassen. Zweitens, ihr werdet euch nicht über das Zentrum von Petra hinausbewegen und nicht versuchen, unsere Verteidigungsanlagen auszukundschaften. Drittens, ihr alle werdet jeglichen Kontakt mit diesem Bannus und seinen parthischen Verbündeten unterlassen. Solltet ihr ihnen auf der Straße begegnen, werdet ihr sie ignorieren. Jede Missachtung dieser Bedingungen wird zu eurer unverzüglichen Reinhaftierung führen.«
»Rein… was ?«, fragte Macro Cato leise.
»Sie werden uns wieder in die Zelle stecken.«
»Oh.«
Der Kammerherr musterte sie. »Seid ihr gewillt, diese Bedingungen zu akzeptieren?«
Macro nickte. »Das sind wir, Herr.«
»Gut. Schwört ihr, euch diesen Bedingungen gemäß zu verhalten?«
»Ich schwöre es.«
»Und dein Freund?«
»Auch ich
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