Die Jagd des Adlers
Hofeingang, und wenige Augenblicke später erschienen unter dem Torbogen die dunklen Umrisse von Reitern, die ihre Pferde zügelten und im Schritttempo in den Hof lenkten. Sie waren zu viert; jeder trug eine dunkle Robe und einen Turban mit Schleier, der ihre Gesichter bis auf die Augen vollständig bedeckte. Einen Moment lang war es vollkommen still bis auf das Atmen der Pferde und das Scharren ihrer Hufe, das in der Signalstation widerhallte. Dann, als sich die Augen der Reiter an das Halbdunkel gewöhnt hatten, löste der Führer der kleinen Gruppe seinen Schleier und lächelte Macro an.
»Symeon!« Macro grinste ebenso wie sein Gegenüber. »Gut, dich zu sehen. Ist alles bereit?«
»Ja, Präfekt.« Symeon glitt aus dem Sattel und gab seinen Begleitern ein Zeichen, seinem Beispiel zu folgen. »Alles ist bereit. Die Karawane ist direkt hinter uns. Ich habe nicht lange gebraucht, um ein Kartell zu finden, das sich gerne an den Räubern aus der Wüste rächen würde.«
»Gut.« Macro war erleichtert. Sein Plan hatte ganz und gar an Symeons Geschick gehangen, einige Nabatäer zu überzeugen, sich gegen ihre Feinde, die ihnen während der letzten Monate zugesetzt hatten, zu erheben. Jetzt war alles so, wie es sein sollte, und die Falle konnte zuschnappen.
Symeon trat beiseite und deutete auf die Männer, die mit ihm gekommen waren. Auch sie hatten inzwischen ihre Schleier abgenommen, und Macro sah, dass zwei von ihnen nicht mehr ganz jung, sondern vielleicht schon in Symeons Alter waren, doch ihre Haut war dunkler. Symeon stellte die beiden vor. »Tabor und Adul, meine ehemaligen Geschäftspartner. Tabor ist gleichzeitig der Vertreter des Kartells, dem diese Karawane gehört. Er und Adul stellen den Karawanen von Arabien bis Petra noch immer Eskorten zur Verfügung. Sie reisen mit der Karawane, denn sie wollen die Dienste ihrer Eskorten bis nach Syrien anbieten. Ehrlich gesagt vermute ich, dass sie vor allem mitgekommen sind, um zu kämpfen.« Symeon grinste. Dann legte er seine Hand auf die Schulter des vierten, deutlich jüngeren Mannes. Dieser war kleiner als Symeon, wenn auch kräftig gebaut. Er hatte funkelnde schwarze Augen und einen fein säuberlich gestutzten Schnauzbart. Symeon betrachtete ihn voller Stolz. »Das ist Murad, mein Adoptivsohn. Er hat meinen Anteil am Geschäft übernommen, als ich nach Judäa zurückgekehrt bin. Er ist so zäh, wie man es sich nur wünschen kann.«
Auf Aramäisch wandte er sich an den jungen Mann, und Murad grinste, wodurch man seine schönen weißen Zähne sehen konnte. Dann fuhr er sich mit einem Finger über den Hals und stieß ein tiefes Zischen aus, um die Geste zu betonen.
»Ich glaube, mit dir werde ich mich gut verstehen, Murad.« Macro erwiderte das Lächeln des jungen Mannes. Dann verbeugte er sich, um Symeons Begleiter zu begrüßen. »Habt ihr die Roben mitgebracht?«
»Selbstverständlich, Centurio. Sie sind auf den führenden Kamelen.«
Macro klopfte ihm auf die Schulter. »Saubere Arbeit! Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass diese Räuberbanden eine ganz besondere Überraschung erleben.«
Die Sonne stand direkt über ihren Köpfen, und über dem Sand und den Steinen erhob sich ein Hitzeflimmern, das Macro immer wieder blinzeln ließ, denn nur so konnte er verhindern, dass seine Augen zu schmerzen begannen. Er ritt zusammen mit Symeon und seinen Begleitern an der Spitze der Karawane. Hinter ihnen kam die lange Reihe der Kamele und Pferde, die die verschiedensten Waren auf dem Rücken trugen. Macros Männer, die die Roben von Kameltreibern übergestreift hatten, hielten sich neben der Karawane, wobei sie jeweils kleine Gruppen von Tieren führten. Ihre Waffen waren unter dem Tarngepäck versteckt, das an den Sätteln ihrer Pferde hing, ihre Bogen waren gespannt und einsatzbereit. Die echten Kameltreiber waren in der Signalstation zurückgeblieben, wo sie sich im Schatten der Wände ausruhten und auf Nachricht von Symeon warteten. Es hätte verdächtig ausgesehen, wenn mehr Männer als üblich die Karawane begleitet hätten. Macro warf einen kurzen Blick über die Schulter. In seinen Augen sah die Karawane genauso aus wie am Morgen, als sie sich im ersten Licht des Tages der Signalstation genähert hatte. Mit etwas Glück ließen sich die Räuber ebenfalls täuschen. Nur eine Handvoll Männer, die der Eskorte angehörten, ritten in kurzer Entfernung rechts und links neben der Karawane her, und Macro hoffte, dass sich eine scheinbar so leichte Beute
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