Die Jagd des Adlers
Centurio war ein wenig verärgert darüber, wie Murad sich zwischen ihn und sein Ziel geschoben hatte, doch gleich darauf lächelte er grimmig. Es war nicht wichtig. Murad mochte den Augenblick seines Sieges genießen. Es zählte einzig und allein, dass die Falle so erfolgreich wie möglich war. Macro reckte sich im Sattel und wandte sich hin und her, um sich einen Überblick über den Kampf zu verschaffen. Eine dichte Staubwolke hing über der Mitte der Karawane, wo dunkle Gestalten aufeinander einschlugen. Immer mehr Räuber ließen von ihrer vermeintlich leichten Beute ab und flohen den Hang hinauf, verfolgt von Symeons Eskorte und der römischen Reiterei. Macro trieb sein Pferd an und lenkte es direkt ins wirbelnde Zentrum des Kampfes. Ein reiterloses Kamel rannte an ihm vorbei, und Macro konnte sein Pferd, das ein panisches Wiehern ausstieß, gerade noch herumreißen. Gleich darauf befand er sich mitten in einem Staubwirbel und musste blinzeln, als er den Sand in seinem Gesicht und seinen Augen spürte. Plötzlich erschien ein weiteres Kamel vor ihm. Dieses Tier trug seinen Reiter noch. Der Mann riss erschrocken die Augen auf, als er sah, wie Macro auf ihn zukam. Er hob seine gekrümmte Klinge, und dann krachte die Flanke von Macros Pferd gegen die Seite seines Kamels, und der Räuber hieb in einer bogenförmigen Bewegung von oben auf Macros Kopf ein. Macro hatte den sauren Geruch des Kamels in der Nase, als es ihm gerade noch gelang, sein eigenes Schwert hochzureißen und den Schlag abzuwehren, der ihm den Schädel bis hinab zum Kiefer gespalten hätte. Die Abwehr des Hiebs ließ seinen Arm vibrieren. Dann, als der Räuber seine Waffe zurückzog, um erneut anzugreifen, beugte sich Macro nach vorn und rammte seinem Gegner unter dessen Arm die Spitze seines Schwerts in die Seite. Der Stoß war genau gezielt und durchbohrte Stoff, Fleisch und Rippen, bevor er sich durch die Lunge des Mannes bohrte und in sein Herz grub. Macros Gegner sackte leicht in sich zusammen, bevor ihm die Waffe aus seinen kraftlosen Fingern glitt. Grunzend stieß er einen Fluch aus, bevor er über seinem Sattelknauf zusammenbrach.
Macro konnte nicht mehr reagieren, als eine weitere Gestalt aus der Staubwolke auftauchte und auf ihn einstürmte, indem sie mit einem Schwert mit gerader Klinge zu einem Hieb gegen ihn ausholte. Geschickt duckte er sich und schrie: »Du verdammter Idiot! Ich bin Römer!«
Panisch riss der Mann die Augen auf, zog seinen Schwertarm zurück und lenkte sein Pferd in eine andere Richtung, bevor der Präfekt ihn erkennen konnte.
»Bastard!«, knurrte Macro. Dann sah er sich um und ritt auf ein neues, vielversprechendes Ziel zu, als plötzlich ein Räuber auf seinem Kamel an ihm vorbeihuschte und versuchte, sich auf dem Hang in Sicherheit zu bringen. Gleich darauf ritt noch ein Räuber an Macro vorbei, und dann noch einer, und plötzlich verstummte der Kampflärm. Macro holte tief Luft und rief: »Sie fliehen! Steckt die Schwerter ein! An die Bögen!«
Er wendete sein Pferd und ritt aus der Staubwolke heraus. Überall auf dem Hang vor ihm versuchten Räuber, mit heiler Haut davonzukommen, während Symeon und seine Männer ihnen bereits dicht auf den Fersen waren. Als schließlich noch mehr berittene Soldaten aus der Staubwolke auftauchten, deutete Macro mit dem Schwert auf den fliehenden Feind.
»Holt sie euch! Lasst sie nicht entkommen!«
Die Männer steckten ihre Schwerter zurück, zogen ihre Bögen und nahmen die Verfolgung auf. Die Pferde waren schneller als die Kamele und gewannen rasch an Boden, während Macros Männer ihre Pfeile an die Bogensehen anlegten. Im letzten Augenblick zügelten sie ihre Tiere, zielten und schossen. Die Entfernung war gering, und man hatte die Soldaten ohnehin wegen ihres Geschicks mit dieser Waffe ausgesucht, deshalb stürzten gleich darauf überall auf dem Hang Räuber aus ihren Sätteln. Einige, die nicht schwer verwundet waren, umklammerten entschlossen die Zügel und ritten weiter – bis sie von einem zweiten Pfeil getroffen wurden. Nur wenige erreichten die Hügelkuppe und verschwanden aus dem Blickfeld ihrer Verfolger, doch Symeons Männer und die Soldaten ließen sich nicht abschütteln.
Macro schob sein Schwert in die Scheide und beugte sich aus dem Sattel nach vorn. Plötzlich wurde er sich bewusst, wie still die Welt um ihn herum zu sein schien. Sein Herz raste, und das Blut hämmerte ihm in den Schläfen. Seine Kehle fühlte sich trocken und rau an, und wieder einmal
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