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Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Titel: Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Oder die Frau, die sich im Zirkus eine Zigarre aus dem Mund peitschen lässt. Jetzt braucht sie nur noch so ein knappes Glitzerkostüm.
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder?«, fragte Andy.
    »Aber klar«, sagte Dad.
    »Worauf wartest du?«, rief Sharon.

    Er steckte sich den Zeigefinger in den Mund und hielt ihn in die Höhe, als wollte er die Windrichtung herausfinden.
    »Mann«, sagte Jody. »Ihr seid ja wirklich tolle Vorbilder für Andy.«
    »Also erstens ist die Flinte gar nicht geladen, und zweitens habe ich nicht auf sie gezielt.«
    »Trotzdem solltet ihr keine Späße damit machen.«
    »Du hast recht.« Er drehte sich zu Sharon um. »Später vielleicht!«
    »Angsthase!«, rief sie, nahm die Dose vom Kopf und steckte sie zwischen die dürren Äste eines Busches.
    »Dir ist doch klar, dass ich so was nie machen würde«, sagte Dad grinsend. »Jedenfalls nicht mit einer Schrotflinte. «
    Sharon hatte ihn gehört und lachte. »Niemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, würde so etwas tun. Weder mit einer Schrotflinte noch mit sonst etwas.«
    »So hat Mike Fink seinen schlimmsten Feind erledigt«, sagte Dad.
    »Mike Fink, der legendäre Mississippischiffer?«
    »Genau der. Es war eine Wette. Er sollte einen Bierkrug vom Kopf des anderen Mannes schießen und zielte mit Absicht zu niedrig. Zack, genau zwischen die Augen.«
    »Sehr clever«, sagte Sharon. »Er wollte, dass es wie ein Unfall aussah.«
    »Aber er war nicht clever genug. Die Kumpels des Toten rochen den Braten und brannten ihm ein paar Löcher in den Pelz.«
    »Dad ist eine wahre Fundgrube nutzloser Informationen«, sagte Jody.

    »Es gibt keine nutzlosen Informationen«, sagte ihr Vater.
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Dann wollen wir mal sehen«, sagte er zu Sharon.
    Sie öffnete ihren Koffer und nahm das Gewehr heraus. »Eine Ruger Mini-14«, erklärte sie und reichte es ihm.
    »Ooh, eine echte Schönheit. Erinnert mich an eine alte M-1.«
    »Stimmt«, sagte Sharon. »Ist nur ein anderes Kaliber.«
    »Der Edelstahllauf gefällt mir«, sagte Jody. »Das Holz auch. Das ist viel schöner als dieses ewige schwarze Plastik. Das ist so … keine Ahnung, so kalt und futuristisch.«
    »Gefällt dir deshalb die Mossberg nicht?«, fragte Dad.
    »Sie gefällt mir ja. Ich will nur nicht damit schießen.«
    »Dann versuch’s mal hiermit«, sagte Sharon. »Das ist viel angenehmer.«
    »Am besten probiert jeder alle Waffen durch«, sagte Dad. »Wenn wir Ärger kriegen, haben wir zumindest mit jeder Waffe einmal geschossen. Hast du Erfahrung mit Schusswaffen?«, fragte er Andy.
    Der Junge verzog das Gesicht. »Ich durfte ja noch nicht mal eine Spielzeugpistole haben. Meine Eltern hielten nicht viel von Schusswaffen.«
    Bitte, Dad, reiß dich zusammen, dachte Jody. Vergiss nicht, dass sie tot sind.
    »Viele Menschen mögen sie nicht besonders«, sagte er. Dem sanften Klang seiner Stimme nach musste sie sich keine Sorgen machen. »Aber Schusswaffen sind nicht einfach gut oder böse, Andy. Es sind Werkzeuge, und wie bei jedem Werkzeug kommt es auch bei ihnen auf den richtigen Gebrauch an. Wenn man richtig damit umgeht, kann man viel Spaß damit haben.«

    »Aber davon kannst du dich gleich selbst überzeugen«, sagte Sharon.
    »Außerdem kannst du damit die Menschen, die du liebst, und dich selbst beschützen«, fuhr Dad fort. »Dir brauche ich ja kaum zu erzählen, dass es eine Menge böser Leute da draußen gibt.«
    Andy nickte leicht und biss sich auf die Unterlippe.
    »Du darfst nur auf einen Menschen schießen«, sagte Dad, »wenn er eine Bedrohung für Unschuldige darstellt. Und das auch nur als allerletzten Ausweg. Wenn du schießt, musst du auch bereit sein zu töten.«
    Andy sah ihn finster an. »Sollte man nicht erst auf die Arme oder Beine des Angreifers zielen?«
    »Auf keinen Fall«, sagte Sharon.
    »Jody?«
    »Was?«
    »Erklär’s ihm.«
    Sie seufzte. »Schieß immer, um zu töten.«
    »Und warum?«, fragte ihr Vater.
    »Weil du leicht danebenschießen könntest, wenn du auf einen Arm oder ein Bein zielst. Und wenn du doch triffst, könnte auch dort ein Treffer durchaus tödlich sein. Der Grund, auf jemanden zu schießen, ist, ihn davon abzuhalten, noch mehr Schaden anzurichten. Und dazu musst du ihn unschädlich machen. Du hast also keine andere Wahl, als ihn zu töten.«
    »Und wie geht das?«, fragte Dad.
    Sie grinste Sharon an. »Das macht er immer mit mir. Er nennt es ›die Lektion‹. Ich kann das inzwischen auswendig. «
    Sharon nickte.

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