Die Jagd nach den Millionendieben
auch so selten, das Fahrgeld war zu teuer. Aber darüber sprach Tarzan nie,
er ließ sich auch nichts anmerken.
Den Jaguar sahen sie schon von
weitem. Er war silbergrau. Georg, der Chauffeur, trug seine Uniform, wendete
auf dem Platz vor dem Tor und ließ die Jungs dann einsteigen. Tarzan kannte ihn
schon.
Georg hatte ein gutmütiges
Gesicht und bürstendicke Brauen. Er war etwas gehbehindert, galt aber als
erstklassiger Chauffeur. Seit 15 Jahren hatte er die Stellung bei den
Sauerlichs. Er kannte Klößchen von klein auf, und die beiden waren dick
miteinander befreundet. Klößchen sagte ,Georg’ zu ihm und ,du’. Tarzan redete
ihn natürlich mit ,Herr Georg’ an.
Der Wagen war toll. Innen alles
Leder. Es roch sogar noch. Das Armaturenbrett bestand fast nur aus wertvollem
Holz; und den Motor hörte man kaum — so leise war er.
Sie fuhren zur Stadt. Erst
holten sie Karl ab, der sich sogar eine Krawatte umgebunden hatte, zuletzt
Gaby.
Sie hatte ein geblümtes Kleid
an, das ihr noch besser stand als das weißblaue; und Georg sagte:
„Donnerwetter! So ein hübsches kleines Fräulein. Bestimmt will dich der Herr
Pauling gleich malen.’’
„Wer?“ fragte Tarzan — weil er
so eine Ahnung hatte.
„Außer euch ist heute abend
noch ein Kunstmaler eingeladen,“ sagte Georg. „Herr Paul Pauling. Ich glaube,
es ist der Bruder eures Zeichenlehrers.“
„Ich kenne ihn,“ sagte Tarzan
und meinte PP, den Kunstmaler. „Durch Willi“, fügte er noch hinzu, „ln der
Stadt haben wir ihn ein paarmal getroffen.“
„Dein Vater“, sagte Georg, „hat
neue Gemälde gekauft, Willi. Die soll Pauling sich ansehen und beurteilen. Es
heißt ja, er sei ein Experte.“
Aber das letzte sagte Georg in
einem Ton, als hätte er großen Zweifel an Paulings Sachkunde.
Tarzan war sehr gespannt, wie
es wohl bei den Sauerlichs sein würde. Daß auch der Kunstmaler als Gast kam,
gefiel ihm nicht besonders. Aber Dr. Paulings Anwesenheit wäre schlimmer
gewesen. Dann schon lieber das verkannte Genie mit seinem Vollbart und der
finsteren Brille.
Sie fuhren zur Eichenallee, wo
die Häuser der wohlhabendsten Leute standen. Mit ihrem Riesengrundstück
schossen die Sauerlichs den Vogel ab. Der Garten war so groß wie ein Park, die
Villa ziemlich alt — mit Giebeln und Erkern. Auf der Rückseite hatten die
Sauerlichs angebaut — wie die Kinder später sahen: Leider war dieser Teil des
Hauses mit seiner breiten Glasfront sehr modern. Das paßte nicht zu der alten
Villa und verdarb den Eindruck. Aber die Sauerlichs hatten hier ihr privates
Schwimmbad untergebracht. Das war ihnen wichtiger.
Beinahe lautlos rollte der
Jaguar durch die Einfahrt. Die Garage faßte vier Wagen und stand seitlich vom
Haus. Alles war von alten Bäumen umgeben.
Klößchen meinte, die Eichen
wären über hundert Jahre alt; und so sahen sie auch aus. Die Sonne, die jetzt
tief stand, beschien die Wipfel. Ganz oben wurden die Blätter schon bunt, und
der Abendwind spielte darin.
„Du hast dir die richtigen
Eltern ausgesucht, Willi“, sagte Karl altklug und sah sich um.
Georg hielt vor der Garage und
ließ die Kinder aussteigen.
Mit stolz geschwellter Brust
machte Klößchen auf den Rasen aufmerksam. „Englischer Golfrasen. Die Pflege ist
blödsinnig kostspielig.“
„Kann ich mir denken“, lachte
Tarzan. „Wahrscheinlich werden die Gräser einzeln geschnitten. Und nur von
einem Engländer.“
„Jedenfalls ist er so“, sagte
Klößchen, „daß jeder Ball darauf springt. Und zwar ganz gerade. Ohne zu
täuschen.“
An der Tür wurden sie von Frau
Sauerlich empfangen. Sie schloß ihren Sohn in die Arme, als hätte sie ihn seit
einem Jahr nicht gesehen. Willi war das peinlich. Trotzdem küßte er sie auf die
Wange.
Dann sagte er steif: „Darf ich
dir meine Freunde vorstellen, Mutter...“
Frau Sauerlich begrüßte die
drei herzlich. Sie hatte eine hohe Stimme und sprach alle Worte überdeutlich
aus, was Tarzan gleich auffiel. Daß Klößchen ihr Sohn war, hätte man nicht
vermutet. Für eine Frau war sie groß, wog aber höchstens einen Zentner. In ihr
blondes Haar waren bläuliche Tupfer hineingefärbt. Sie hatte eine spitze Nase
und dünne Lippen, die zwar immer lächelten, aber trotzdem streng wirkten. Alles
an ihr schien zerbrechlich zu sein, von den schmalen Händen bis zu dem ziemlich
langen Hals. Sie trug ein elegantes, graugrünes Kleid und mehrere Perlenketten
von unterschiedlicher Länge. Die längste hing bis zur Taille und war oft im
Weitere Kostenlose Bücher