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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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Gläubigern durch. Aber das ist ehrenhaft, er
ist ja ihr Vater! Er verkriecht sich unter falschem Namen und duldet
die Herrschaft eines Gauners wie Engel. Aber das ist ehrenhaft, er ist
ja ihr Vater! Er ist ein Lügner und ein Feigling –
aber ehrenhaft!«
    »Man sieht wohl, daß sie fein erzogen ist.
Man sieht's an der ganzen Haltung, und doch ist sie gar nicht geziert.
Man hört's am Sprechen, aber von überspannten
Redensarten nicht die Spur! Ganz natürlich und einfach ist
sie, nur gewöhnt, mit seinen Leuten umzugehen. Diese Reise
nach New York, dazu gehört auch Mut! Vor Leute hinzutreten,
die den Vater und sie als wohlhabend gekannt haben! Einen
Bürgen suchen! O Gott, o Gott! Das Leben ist manchmal recht
hart, besonders für Frauen!«
    »Das arme Ding! Wenn ihre fünfhundert Pfund
aufgezehrt sind, was dann?«
    In dieser Weise beschäftigte sich Prickett mit ihr.
Sein Beruf hatte ihn die Nachtseiten menschlicher Natur genauer kennen
gelehrt als andre, aber sein gutes Herz war ebenso willig, die
Lichtseiten zu begreifen.
    Bei der Ankunft in New York konnte er sich ihr ein wenig
nützlich machen. Ihr Gepäck bestand nur in einem
kleinen, schmalen Koffer und einer Reisetasche; dafür trug er
Sorge, und dann empfahl er ihr ein anständiges, billiges Haus,
wo sie wohnen konnte, denn er kannte New York genau. Damit trennten
sich vorläufig ihre Wege.
    Der seinige führte aufs Polizeiamt, wo er
Erkundigungen für seinen eigenen Zweck einziehen wollte, aber
gar nichts erfuhr, doch konnte er für Harcourt bedeutend mehr
thun, als er versprochen hatte.
    »Ich habe den Fall nicht,« sagte Prickett,
»aber falls der arme Teufel einen Bürgen findet, so
bin ich nicht beauftragt, Einsprache zu erheben. Meiner Ansicht nach
kann und wird der Mann sich rechtfertigen, dem wirklich Schuldigen aber
bin ich auf den Fersen.«
    Die Spitzen der Londoner und New Yorker Polizei haben starke
Fühlung miteinander, kennen sich häufig
persönlich, jedenfalls dem Namen nach. Und so war Inspektor
Prickett eine wohl eingeführte Persönlichkeit, deren
Wort schwer ins Gewicht fiel. Seine Papiere wurden ihm ohne Zeitverlust
ausgefertigt, darunter vom Chef der Geheimpolizei ein Geleitbrief, der
alle Behörden Amerikas zu seiner Verfügung stellte.
Er konnte noch mit dem Nachtzug nach Montreal weiterfahren, wo bereits
alles telegraphisch für ihn geebnet war.
    Marie Harcourt blieb in New York und verfolgte ihr Ziel mit
ernstem Bedacht. Sie fand die Bekannten des Vaters indes
äußerst zugeknöpft. Sein Name war in der
Presse an den Pranger gestellt worden, alle Welt wußte,
daß er die Flucht ergriffen hatte. Einzelne waren zu
»beschäftigt«, um ihren Besuch
überhaupt anzunehmen, andre empfingen sie kalt und vorsichtig,
wieder andre sagten ihr mit roher Offenheit die Meinung. Acht Tage nach
ihr traf der Vater in New York ein, als Gefangener eingeliefert, und
sie begab sich auf die Polizei. Ein vorläufiges
Verhör wurde angestellt und die Untersuchung eingeleitet. Da
erhob sich das junge Mädchen im Gerichtssaal, eine Fremde
unter Fremden, mit einem Gefühl namenloser Verlassenheit.
    »Darf ich Bürgschaft leisten?«
fragte sie, die eigene Stimme kaum wieder erkennend.
    »Es liegt kein Grund dagegen vor,«
erklärte ein Polizeibeamter.
    »Bürgschaft ist zulässig,«
sagte der Polizeiamtmann. »Wenn eine Sicherheit von
fünfhundert Dollars hinterlegt wird, kann der Angeklagte auf
freien Fuß gesetzt werden.«
    Die Worte fielen erquickend auf ihr Herz wie Regentropfen auf
verdorrtes Erdreich! Fünfhundert Dollars! Nie hatte sie mit
leichterem Herzen Geld ausgegeben. Eine Viertelstunde darauf ging sie
am Arm des Vaters unter der häßlich polternden
Hochbahn die Kolumbusstraße entlang und beider Herzen
strömten nicht nur von Zärtlichkeit über,
sondern waren sogar von einem gewissen Glücksgefühl
erfüllt. Marie erzählte dem Vater gerade in erregtem
Flüsterton, daß Prickett Engels Spuren verfolge, als
Harcout plötzlich stehen blieb und sie, seinem Blick folgend,
auf der andern Seite der Straße den Genannten leibhaftig vor
sich sah. Er ging auf der weniger verkehrsreichen Seite der unteren
Stadt zu. Sein Anzug und sein Aeußeres waren wieder einmal
wesentlich anders geworden, aber Vater und Tochter erkannten ihn doch
auf der Stelle wie durch eine Eingebung.
    »Du weißt, wo ich wohne, Vater,«
sagte Marie rasch. »Geh' nach Hause – ich
muß wissen, wohin er

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