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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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sich unter seinem forschenden Blick
weiter, und zehn Minuten später stand das Freundestrio in
eifriger Beratung beisammen. Sie konnte von ihrem Ende des Wagens aus
die drei auf der Plattform stehen sehen und bekam vor Angst einen
richtigen Schüttelfrost. Ihrer Meinung nach mußten
sie sich sofort zusammenreimen können, weshalb sie hier war,
und sie ahnte nicht, daß diese Begegnung ihnen noch viel
größeren Schrecken einjagte als ihr.
    Den ganzen Tag über schwebte sie in Todesangst und
hielt sich krampfhaft in der Nähe von Mitreisenden, um nur
keinen Augenblick allein zu sein. Weder beim ersten noch zweiten
Frühstück ließen sich indes die Feinde
blicken, auch bei der Hauptmahlzeit blieben sie unsichtbar. Statt
beruhigend, wirkte dieses Verschwinden beängstigend unheimlich
auf Marie. Immer dachte sie daran, das Zugpersonal ins Vertrauen zu
ziehen, aber es ließ sich schwer voraussehen, wie weit man ihr
Glauben schenken und ihr Beistand leisten würde.
    Wenn diese Herren ihr aus dem Weg gingen, so lag ihr
mindestens ebensoviel daran, sie zu vermeiden, und sie verbrachte den
ganzen Tag in unbeschreiblicher Angst. Stunde um Stunde verging, kein
Lebenszeichen von ihnen. Wieder kam die Nacht mit ihrem spukhaften
Grauen, aber sie verstrich ereignislos. Erst in der zweiten
Hälfte des folgenden Tages kam ihr jählings der
Gedanke, die drei könnten den Zug verlassen haben, und sie
allein fahre zweck- und ziellos weiter. Der Gedanke
erschütterte sie derart, daß sie jetzt
plötzlich den Mut fand, Erkundigungen einzuziehen, wodurch sie
erfuhr, die Herren seien durch ein Telegramm nach New York
zurückberufen worden. Dieses angebliche Telegramm war an der
ersten Haltestelle nach ihrer Begegnung mit Engel eingetroffen! Kaum
hatte sie diese Aufklärung erhalten, als Prickett vor ihr
stand.
    Er begrüßte sie so kühl und ruhig,
als ob sie in seiner Londoner Wohnung wäre, und schien ihre
Reise und diese Begegnung ganz selbstverständlich und
alltäglich zu finden.
    »Das war ein Mißgriff!« belehrte er
sie mit ernster Höflichkeit. »Sie haben wertvolle
Zeit verschwendet und die Burschen wachsam gemacht. Wenn Sie in New
York geblieben wären und mir von dort telegraphiert
hätten, säßen sie jetzt in der Falle. Sie
haben's gut gemeint, schade, daß Sie's unrichtig angegriffen
haben!«
    Er machte sich unverzüglich ans Werk, den Schaden
wieder gut zu machen, und ließ den Telegraphen nach allen
Himmelsrichtungen spielen, doch die drei waren vorderhand spurlos
verschwunden.
    »Einen Trost haben wir!« bemerkte Prickett.
»Ich kenne ihr Ziel und habe einen Vorsprung.«
    Auf allen drei Linien nach Vancouver waren bereits
Vorsichtsmaßregeln getroffen, und Prickett konnte voll
Zuversicht sein.
    »Und was soll ich jetzt thun?« fragte Marie.
    »Nach New York fahren und Ihrem Vater Gesellschaft
leisten,« entschied Prickett. »Dann verbrauchen Sie
kein unnützes Geld und erschrecken Engel nicht zur unrechten
Zeit.«
    »Hoffentlich können Sie mir meine
Unbesonnenheit verzeihen?« sagte sie zaghaft.
    »Was ist da zu verzeihen? Sie haben's gut gemeint,
nur hätten Sie jemand haben sollen, der praktischen Rat gibt.
Ein Wort an die Polizei und Engel hätte nach fünf
Minuten hinter Schloß und Riegel gesessen.«
    »Ich dachte eben, einen davon zu fangen,
hieße die andern warnen,« versetzte sie, sich
verteidigend. »Für mich handelt's sich ja nur um
meinen Vater, Herr Prickett. Ob, mit oder ohne Grund, er glaubt ans
Vorhandensein dieses Schatzes. Engel glaubt gleichfalls daran, und
Anise, Vogel und ich auch. Wenn er vorhanden ist, so hat mein Vater das
erste und einzige Recht darauf.«
    »Jawohl – wenn er vorhanden ist!«
    »Er hat Furchtbares durchgemacht, alles verloren. So
lang ich's hindern kann, soll er nicht auch noch um diese Hoffnung
kommen.«
    »Ich sage ja, daß Sie's gut gemeint
hätten! Jetzt aber überlassen Sie diesen Fall Leuten,
die das Handwerk kennen.«
    »Herr Prickett!« erklärte sie
plötzlich. »Ich will ihn nicht andern
überlassen!«
    Dieses Gespräch fand unterm Schutzdach eines kleinen
Bahnhofgebäudes statt. Der Regen trommelte darauf, ein kalter
Wind fuhr schneidend herein und die beiden gingen eifrig auf und ab, um
nicht zu erstarren. Ihre letzten Worte veranlaßten Prickett,
still zu stehen.
    »Sie wollen ihn nicht andern
überlassen?« fragte er.
    »Nein, ich will Ihnen helfen, ich will das
Gefühl haben, etwas zu leisten.

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