Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
der Haushälterei. Masons Blick wanderte über die falschen Bilder an der Wand, dann ging er in die Küche.
Er öffnete den Kühlschrank einen Spalt und lugte hinein. Als er eine Dose Bier an sich nahm, gestattete er sich ein kurzes Grinsen. Er öffnete sie und gönnte sich einen sehr großen Schluck.
» Aaah«, machte er. Das hatte ihm gefehlt.
Als er die Dose sinken ließ, erstarrte er. Irgendwas stimmte nicht. Er richtete seine Konzentration auf die Oberfläche der Küchenzeile.
» Verdammt«, murmelte er. Er ging hinüber und begutachtete sie. Auf der Fensterbank und dem Tresen war deutlich ein Sohlenprofil zu erkennen, und ein ebenso staubiger Abdruck befand sich auf dem Linoleumboden. Mason kniff die Augen zusammen. Die Waffe war plötzlich in seiner rechten Hand. Mit der linken stellte er die Bierdose ab und berührte das Fenster. Es war nicht verschlossen.
» Scheiße.«
Mason drehte sich auf dem Absatz herum, drückte sich rückwärts an die Küchenzeile und lauschte konzentriert nach Geräuschen im Haus. Er hörte lediglich die fernen, gedämpften Tastenanschläge und Julies gemurmelte Kommentare im Keller.
Jemand war durchs Fenster eingestiegen, das stand fest. Ob er sich noch im Haus aufhielt, war eine andere Frage. Eine Inspektionstour war wohl das Beste.
Mason fragte sich kurz, ob er Anna holen sollte, damit sie ihm half, doch er entschied sich dagegen. Es brachte nichts, die Frauen aufzuschrecken. Dies hier gehörte zu seinen Spezialitäten.
Er ging in die Hocke und äugte in den Korridor hinaus. Sein Blick huschte nach rechts und links. Da war niemand. Mason richtete sich auf, blieb aber geduckt und ging lautlos auf Zehenspitzen durch den Korridor zur Treppe hinüber. Als er die Diele erreichte, warf er noch einmal einen aufmerksamen Blick ins Wohn- und Speisezimmer. Beide Räume waren leer. Er ging langsam die Treppe hinauf. Die vierte Stufe knarrte laut unter seinem Fuß. Er zuckte zusammen, weil er eigentlich niemandem im Haus den kleinsten Hinweis hatte geben wollen, dass er sich näherte. Nachdem er einige Sekunden gewartet hatte, um zu sehen, ob der Lärm irgendeine sprichwörtliche Verzagtheit hervorrief, ging er weiter.
Das erste Zimmer im oberen Stock war, obwohl hier nie ein Kind gelebt hatte, wie ein Kinderzimmer eingerichtet. Mason schaute sich im Raum um, öffnete den Kleiderschrank, schaute unter dem Bett nach und kehrte, da sich dort niemand aufhielt, zufrieden in den Korridor zurück und schloss die Tür hinter sich. Die restlichen drei Zimmer inspizierte er auf die gleiche Weise. Als er ins » Elternschlafzimmer« kam, entspannte er sich allmählich. Wenn jemand ins Haus gekommen war, als sie im Keller gewesen waren, war er wahrscheinlich wieder gegangen.
Das Schlafzimmer war ebenfalls leer. Mason seufzte und steckte die Pistole weg. Die Fußabdrücke waren eigentlich besorgniserregend– doch wahrscheinlich stammten sie von einem Plünderer, der sich in dem Moment verdünnisiert hatte, als ihm klargeworden war, dass er nicht allein war.
Trotzdem…Warum sollte sich ein Plünderer die Mühe machen, so leise ins Haus einzubrechen? Warum hatte er nicht einfach eine Fensterscheibe eingeschlagen?
Irgendwas an diesem Gedanken machte Mason nervös.
Er gelangte zu der Ansicht, dass er nun nichts anderes tun konnte als wachsam sein. Er zog sich so schnell wie möglich in den Keller zurück, machte die Türen hinter sich zu und legte die Riegel vor. Anna und Julie maßen ihn mit neugierigen Blicken.
» Du tust so, als hättest du ein Gespenst gesehen«, sagte Anna.
» Vielleicht ist es nur ein Hirn gespenst«, erwiderte Mason. Unter anderen Umständen hätte er vielleicht über sein Wortspiel gelacht, aber er empfand keine Spur von Heiterkeit. » Packt alles zusammen. Wir sollten so bald wie möglich von hier verschwinden.«
» Was?«, sagte Julie. » Ich bin gleich drin, es kann nicht mehr lange dauern.« Sie deutete auf den Bildschirm.
» Vielleicht haben wir jede Menge Zeit, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht. Sicher weiß ich nur: Es war jemand im Haus. Ich habe in der Küche Fußabdrücke gefunden, und ein Fenster war nicht verschlossen.«
» Einer unserer alten Freunde?«, fragte Anna.
» Wie gesagt, ich weiß es nicht. Vielleicht hat auch nur ein Zivilist einen Ort gesucht, an dem er sich verstecken kann, aber ich will kein Risiko eingehen.« Mason ging zum Klapptisch in der Raummitte. Er hatte schon eine Menge Zeit damit verbracht, Proviantrationen,
Weitere Kostenlose Bücher