Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
unten in Blutlachen. Es wurde Zeit, die Verlustliste zu aktualisieren.
Brewster zielte wie im Lehrbuch auf die Stirn eines Watschlers und gab einen Schuss ab. Zufrieden schaute er zu, wie der Überträger hinfiel und am Boden zuckte. Aus den Augenwinkeln sah er Decker mit einer Kette und einem Stift in der Hand auf der anderen Rampe hochspringen. Zwei Rampen waren los. General Sherman hatte offenbar Schwierigkeiten, denn er tastete noch immer unter der seinen herum.
Brewster schaltete einen weiteren Überträger aus, diesmal einen Sprinter. Er fiel nach vorn, rutschte ein paar Schritte, bis er die Schwungkraft verlor, und kam mit einem sauberen Loch in der Stirn in einem verwickelten Knoten von Gliedmaßen zur Ruhe.
» Keine Munition mehr!«, rief ein Soldat, trat von der Barrikade zurück und ließ das leere Magazin aus seinem Gewehr fallen.
Brewster ging zu ihm hin, um seine Position einzunehmen. Er stützte sein Gewehr auf einer Kiste ab. Die stabile Feuerposition verlieh ihm viel mehr Zielgenauigkeit, und die konnte er gut gebrauchen. Ihm fiel alles wieder ein, was er in der Ausbildung gelernt hatte. Ziel suchen, anvisieren, feuern. Ziel suchen, anvisieren, feuern.
Die Überträger hatten sie jetzt beinah erreicht. Die Sprinter waren zu schnell und zu zahlreich. Sobald einer fiel, hatte der nächste den stürzenden Leichnam schon umrundet und erneut einen halben Meter gutgemacht. Brewster spürte, dass die Lage sich verschlechterte. Sherman musste sich beeilen. Er visierte den nächsten Überträger an und schoss.
Klick.
Brewster fluchte, richtete sich auf und drückte den Knopf, der das Magazin freigab. Er ließ es auf die Rampe fallen und vergaß es, dann legte er das volle– letzte– Magazin ein. Im gleichen Moment richtete Sherman sich auf und schwenkte eine Kette und einen Stift über seinem Kopf.
» Alle Mann von den Rampen runter auf den Kai!«, rief Sherman.
» Rückzug!« Decker ruderte mit seinem verletzten Arm. Die Soldaten lösten sich von den Barrikaden und zogen sich, weiterhin schießend, über die Rampen zurück.
Als der letzte Mann seine Rampe verlassen hatte, schulterte Brewster das Gewehr und schob die Finger zwischen die Holzplanken. Er zog, und die Rampe hob sich um mehrere Zentimeter, bevor sie wieder hinabfiel.
» Ich brauch Hilfe!«, schrie Brewster. » Es ist zu schwer!«
Corporal Darin war sofort da und griff zu. Beide Männer hievten und zogen die Rampe in eine vertikale Position. Dort schwebte sie einen Moment, bevor sie schwankte und umfiel. Darin und Brewster hatten kaum genug Zeit zum Ausweichen, dann traf die Rampe den Kai. Zurück blieb eine fast zwei Meter breite Lücke zwischen dem Kai und dem Asphalt.
» Yeah!«, schrie Brewster und riss höhnisch einen Arm in die Luft. Die Überträger, die sich nun um die Barrikade gruppierten, räumten die Hindernisse in dem Bemühen beiseite, die Männer dahinter zu erreichen.
Decker und Sherman konnten ihre Rampen ebenfalls zurückziehen und lösten sich vom Parkplatz. Die Soldaten eilten zu den Booten, behielten die Überträger aber ständig im Blickfeld.
Brewster nahm sein Gewehr wieder von der Schulter und richtete es nach unten. Er wollte Munition sparen– im Moment konnten die Toten und Infizierten sie nicht erreichen.
» Sir!«, rief jemand. Sergeant Major Thomas tauchte in der Tür des Bootshauses auf und schwenkte Schlüsselringe. » Ich hab sie! Die Schlüssel von vier Jachten!«
» In Ordnung«, rief Sherman zurück. Er wandte sich zu Decker um, der etwa drei Meter entfernt auf dem benachbarten Laufsteg stand. » Sieht aus, als würden wir’s doch noch schaffen.«
Darin und Brewster wandten sich von der Masse der Überträger an ihrem Ende des Kais ab und gingen zu den Booten. Hinter ihnen beschloss ein Überträger, der nun ein Knurren ausstieß, sein Glück zu versuchen.
Er stieß sich vom Asphalt ab, durchbrach die Barrikade und flog nicht sehr elegant durch die Luft. Eigentlich lief er mehr übers Wasser, als dass er darüber hinweg sprang, aber er hatte die nötige Geschwindigkeit und traf Darin von hinten, warf diesen auf die Planken und versuchte, seine Fingernägel in den Nacken des Soldaten zu schlagen.
Brewster war starr vor Schreck, doch der Augenblick verging schnell. Er ließ sein Gewehr mit einer raschen Bewegung sinken und schlug dem Überträger die Schädeldecke am Hinterkopf ab. Der Infizierte hing einen kurzen Moment auf Darin, dann sackte er seitlich von ihm herunter und klatschte ins
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