Die Jahre der Toten: Roman (German Edition)
ihn. Er räusperte sich. Als er erneut etwas sagen wollte, fiel sein Kopf vor Schwäche nach hinten. » Nicht näher kommen. Ich bin gebissen worden.«
» Mal sehen, ob wir dich wieder hinkriegen«, erwiderte Brewster. Er steckte seine Pistole ein und suchte die Regale nach Dingen ab, die ihm vielleicht nützlich sein konnten. Die Etiketten auf den Behältern hätten ebenso gut mit griechischen Buchstaben beschriftet sein können, denn er verstand nichts. » Ach, Scheiße, ich weiß nicht, was das für’n Dreck ist. In Chemie hab ich immer geschwänzt.«
» Mach dir keinen Kopf«, sagte der Mann. Blut lief zwischen den Fingern hervor, mit denen er seine Schulter festhielt. » Du solltest mich erschießen.«
» Ach, Scheiße«, sagte Brewster. » Wenn du abkratzt, erschieß ich dich schon. Aber nicht vorher.«
» Ich erschieß ihn«, sagte Decker und trat vor.
» Jetzt mach mal halblang, Alter«, sagte Brewster laut und schob sich zwischen Decker und den Mann in der Ecke.
» Gehen Sie aus dem Weg, Private Brewster.« Nun wurde Decker förmlich. » Wir dämmen den Ausbruch ein«, fauchte er und maß Brewster mit einem finsteren Blick, » bevor wir ihn alle am Hals haben.«
» Lass ihn machen«, keuchte der Mann. » Ich spüre es schon.«
» Nur über meine Leiche«, sagte Brewster stur. » Er lebt noch.«
» Erschießt mich…«
» Aus dem Weg, Brewster!«, schrie Decker.
» Was ist hier los, verdammt?« Darin kam plötzlich herein. Er verstand sofort, was vor sich ging. » Heilige Scheiße«, sagte er beim Anblick des Mannes. » Ist er infiziert?«
» Ja!«, schrie Decker wieder. » Und ich mach ihn kalt, sobald dieser selten dämliche arschlöchrige Blödian mir endlich Platz macht!«
» Du hast sie wohl nicht alle, Penner«, gab Brewster zurück. » Wenn du einen Lebenden aus dem Weg räumen willst, musst du mich zuerst kaltmachen.«
» Kann einer von euch Idioten mich endlich umlegen?«, würgte der Mann in der Ecke hervor. » Ich kann…Ich hab nicht mehr viel Zeit!«
» Das lässt sich machen«, sagte Decker zu Brewster, ohne auf den Mann zu hören. Der Seemann im Türrahmen musterte sie nervös.
» He, he!« Darin trat vor. » Im Moment sind wir sicher, klar? Behalten wir ihn im Auge. Wenn er sich verwandelt, kümmern wir uns um ihn. Er wird den Raum nicht verlassen. Klar, Sergeant?«
» Wir sollten ihn jetzt töten, bevor er Gelegenheit hat, den Erreger zu verbreiten«, sagte Decker und richtete seine Knarre auf den Corporal.
» Erschießt mich…Erschießt mich jetzt«, keuchte der Mann. Er hustete. Es war ein schleimiges, jämmerliches Geräusch. Sein Kopf fiel nach vorn.
» Schau ihn doch an, Brewster«, sagte Decker. » Er hat die Seuche. Wenn wir jetzt nicht alles tun, was in unserer Macht steht, um ihn aufzuhalten…«
Ein Schrei von der Tür her ließ sie alle herumfahren. Ihre Waffen flogen hoch, ihre Blicke ebenfalls.
Der von der Auseinandersetzung abgelenkte Seemann hatte es versäumt, den Gang im Auge zu behalten. Ein Infizierter klammerte sich von hinten an ihn, zischte wütend und zerkratzte seinen Hals und sein Gesicht.
» Schafft ihn mir vom Hals!«, schrie der entsetzt um sich schlagende Seemann.
Der Infizierte beugte sich vor und riss ein Stück Fleisch aus seiner Wange. Der Seemann schrie vor Schmerz auf. Sein Zeigefinger betätigte den Abzug der MP -5, und die Waffe ging los und spuckte Bleikugeln ins Lazarett, die von den stählernen Wänden abprallten. Die Männer gingen in Deckung, als der Seemann und der Angreifer in den Gang hinausfielen. Die Waffe des Seemanns feuerte weiter, das schnelle Geratter war ohrenbetäubend.
Als Darin wieder aufstand, war er der Rauferei am nächsten. Er riss seine Pistole hoch und feuerte zwei schnelle Schüsse ab. Einer fehlte, der andere traf den Infizierten in die Schulter und warf ihn von dem Seemann herunter. Er klatschte gegen eine Wand. Das Leben wich aus seinen Augen. Ein dritter Schuss traf ihn in die Stirn und sorgte dafür, dass er nicht nochmal aufstand. Der Infizierte zuckte einmal, dann rührte er sich nicht mehr.
Der Seemann wand sich vor Schmerzen am Boden herum und drückte eine Hand auf seine zerfetzte Wange. Als er sie fortnahm und sah, wie blutig sie war, verstummte sein Geschrei, und er schien sich zu beruhigen.
Darin, Brewster und Decker richteten sich hinter ihrer Deckung langsam auf und schauten den verletzten Seemann an. Er erwiderte ihren Blick. Eine Art friedliche Resignation legte sich auf seine Züge.
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