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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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bedrängt sie womöglich, und Weihnachten steht vor der Tür. Sie hat das halbe Dorf, dessen Einwohnerschaft anscheinend aus Hörigen besteht, zu Dienstleistungen herangezogen, und es fehlt an Vorräten wichtiger Lebensmittel, die Imeyne aus Oxford oder Courcy holen lassen will. Agnes, die sich ständig Maisrys Aufsicht entzieht und ihrer Mutter im Weg ist, macht es ihr nicht leichter.
    »Du mußt zu Sir Bloet schicken und ihn um eine Kammerfrau bitten«, sagte Imeyne, als sie Agnes nach längerer Suche auf dem Heuboden entdeckt hatten, wo sie spielte. »Und um Gewürze, Pökelsalz und weißes Mehl. Wir haben nichts für die Verfeinerung der Speisen und für die Honigkuchen.«
    Eliwys seufzte mit deutlichem Überdruß. »Mein Gemahl hieß uns…«
    »Ich werde auf Agnes achtgeben«, sagte ich mit der Hoffnung, daß der Dolmetscher »Kammerfrau« richtig übersetzt hatte und daß die Geschichtsdarstellungen stimmten und die Stellung einer Kinderfrau manchmal auch von Standespersonen eingenommen wurde. Anscheinend verhält es sich so. Eliwys sah sogleich erleichtert und dankbar aus, und Imeyne blickte nicht finsterer als sonst. Also habe ich Agnes zu beaufsichtigen. Und anscheinend Rosemund, die mich heute morgen um Hilfe bei ihrer Stickerei bat.
    Der Vorteil, ihre Kinderfrau zu sein, besteht darin, daß ich sie alles über ihren Vater und das Dorf fragen, in den Stall hinaus und zur Kirche gehen kann, um mit Gawyn und dem Pfarrer zu sprechen. Der Nachteil ist, daß den Kindern vieles vorenthalten wird. Einmal unterbrach Eliwys ihr Gespräch mit Imeyne, als ich mit Agnes in die Diele kam, und als ich Rosemund fragte, warum sie hierher gekommen seien, um zu bleiben, sagte sie: »Mein Vater meint, die Luft in Ashencote sei gesünder.«
    Dies ist das erste Mal, daß jemand den Namen des Dorfes erwähnt hat. Auf der Karte oder im Doomsday Book gibt es kein Ashencote. Ich vermute, daß es sich um ein weiteres »verlorenes Dorf« handeln könnte. Mit einer Bevölkerung von nur vierzig Seelen könnte es in der Zeit des Schwarzen Todes leicht ausgestorben oder von einer der benachbarten Ortschaften aufgesogen worden sein, aber ich glaube noch immer, daß es Skendgate ist.
    Ich fragte die Mädchen, ob sie von einem Dorf namens Skendgate wüßten, und Rosemund antwortete, sie habe nie davon gehört, was freilich nichts beweist, weil sie nicht aus dieser Gegend sind, aber Agnes erkundigte sich anscheinend bei Maisry, und auch sie hat nie davon gehört. Der erste schriftliche Hinweis auf Skendgate stammt erst aus dem Jahre 1360, und viele der alten angelsächsischen Orts- und Flurnamen waren um diese Zeit schon durch normannisierte Namen ersetzt oder nach ihren neuen Eigentümern benannt worden. Das bedeutet nichts Gutes für Guillaume d’Iverie und für die Gerichtsverhandlung, von der er noch immer nicht zurückgekehrt ist. Es sei denn, dies wäre ein völlig anderes Dorf. Was nichts Gutes für mich bedeuten würde.
     
    (Unterbrechung)
     
    Gawyns Gefühle ritterlicher Minne für Eliwys hindern ihn anscheinend nicht an Liebeleien mit dem Dienstpersonal. Ich ging mit Agnes hinaus zum Stall, um ihr Pony zu besuchen, weil ich hoffte, daß Gawyn dort sein würde. Das war er auch, mit Maisry in einer der Pferdeboxen, wo er ganz unritterlich grunzende Geräusche machte, während er sie mit kräftigen Stößen von hinten nahm. Maisry sah nicht ängstlicher als sonst aus. Sie hielt ihre gerafften Röcke in einem Knäuel vor der Brust und reckte ihm ihren nackten Hintern entgegen. Es war also ganz offensichtlich keine Vergewaltigung. Aber es war auch nicht ritterliche Minne.
    Ich mußte Agnes schnell ablenken und aus dem Stall bugsieren, also sagte ich ihr, ich wolle über den Dorfanger gehen und den Glockenturm anschauen. Wir gingen hinein und betrachteten das dicke Seil.
    »Pater Roche läutet die Glocke, wenn jemand stirbt«, sagte Agnes. »Wenn er nicht läutet, kommt der Teufel und nimmt die Seele mit, und dann kann sie nicht in den Himmel kommen.« Das wird auch zu dem abergläubischen Geschwätz gehören, das Frau Imeyne irritiert.
    Agnes wollte die Glocke läuten, aber ich überredete sie, statt dessen in die Kirche zu gehen und Pater Roche aufzusuchen.
    Er war nicht da. Agnes meinte, er sei wahrscheinlich noch bei dem kranken Häusler, »der nicht stirbt, obwohl er die letzte Ölung bekommen hat«, oder anderswohin gegangen sei, um zu beten. »Pater Roche hat die Gewohnheit, im Wald zu beten«, sagte sie, als wir durch den

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