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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Agnes und rannte ihr nach. Sofort hielt Rosemund den jungen Hund hoch, daß Agnes ihn nicht erreichen konnte.
    Das ist entschieden weit genug gegangen, dachte Kivrin. Sie trat zwischen die beiden und nahm Rosemund den jungen Hund weg. »Agnes, hör auf zu heulen. Deine Schwester wird Blackie nichts tun.« Der junge Hund krabbelte an Kivrins Schulter hoch, versuchte ihr die Wange zu lecken. »Agnes, Hunde können nicht reiten. Und in deiner Satteltasche bekommt Blackie nicht genug Luft.«
    »Ich konnte ihn nicht tragen«, sagte Agnes, aber nicht sehr hoffnungsvoll. »Er wollte reiten.«
    »Er hatte einen weiten Ritt bis zur Kirche«, sagte Kivrin mit Entschiedenheit, »und er wird einen schönen Ritt zurück zum Stall bekommen.« Er versuchte an ihrem Ohr zu kauen, und sie gab ihn Rosemund, die ihn wieder am Nackenfell packte. »Er ist noch ein Baby, Agnes. Er muß jetzt zurück zu seiner Mutter und schlafen.«
    »Du bist das Baby, Agnes«, sagte Rosemund so ergrimmt, daß Kivrin zu zweifeln begann, ob sie ihr vertrauen konnte, den kleinen Hund zurückzubringen. »Einen Hund mit auf ein Pferd zu nehmen! Und nun müssen wir noch mehr Zeit verschwenden und ihn zurückbringen. Bin ich froh, wenn ich einmal erwachsen sein werde und nichts mehr mit Babies zu tun haben muß!«
    Sie saß auf, den Welpen noch immer am Nackenfell haltend, doch sobald sie im Sattel saß, wickelte sie ihn beinahe zärtlich in ein Stück ihres Umhangs und hielt ihn an ihrer Brust. Mit der freien Hand nahm sie die Zügel und wendete das Pferd. Mit einem ärgerlichen Blick über die Schulter sagte sie: »Pater Roche ist inzwischen bestimmt fort!« und galoppierte davon.
    Kivrin befürchtete, daß sie wahrscheinlich recht hatte. Der Lärm, den sie gemacht hatten, war beinahe hinreichend gewesen, die Toten unter den Grabsteinen zu wecken, aber aus der Kirche war niemand gekommen. Er mußte schon vor ihrer Ankunft gegangen und längst im Wald sein, aber Kivrin nahm Agnes bei der Hand und führte sie in die Kirche.
    »Rosemund ist ein böses Mädchen«, sagte Agnes.
    Kivrin war geneigt, ihr zuzustimmen, konnte das aber schwerlich sagen; da sie andererseits kein Verlangen hatte, Rosemund zu verteidigen, schwieg sie.
    »Ich bin auch kein Baby«, sagte Agnes und blickte um Bestätigung heischend zu Kivrin auf, aber auch dazu gab es nichts zu sagen. Kivrin stieß die schwere Tür auf und blickte in die Kirche.
    Niemand war da. Im Chor war es beinahe finster, und auch das Kirchenschiff lag in tiefem Halbdunkel, weil der graue Tag draußen nur wenig Licht durch die schmalen, farbigen Fenster dringen ließ, aber durch die halboffene Tür fiel genug Licht ein, um zu sehen, daß die Kirche leer war.
    »Vielleicht ist er im Chor«, sagte Agnes. Sie drückte sich an Kivrin vorbei zum Mittelgang, kniete nieder, bekreuzigte sich und blickte dann ungeduldig über die Schulter zurück zu Kivrin.
    Der Pfarrer war auch nicht im Chor. Sie konnte von der Tür aus sehen, daß auf dem Altar keine Kerzen brannten, aber Agnes würde erst zufrieden sein, wenn sie die ganze Kirche durchsucht hätten. Kivrin kniete neben ihr nieder und bekreuzigte sich, dann gingen sie durch das Halbdunkel vor zum Lettner. Die Kerzen vor der Statue der heiligen Katharina waren gelöscht. Der Geruch vom Rauch der Talglichter hing noch in der Luft. Sie fragte sich, ob Pater Roche die Lichter gelöscht hatte, bevor er gegangen war. Feuergefahr war sicherlich ein großes Problem, sogar in einer aus Feldsteinen gemauerten Kirche, und es gab keine Glasschalen oder Becher, in denen die Talglichter sicher niederbrennen konnten.
    Agnes lief zum geschnitzten Lettner, drückte ihr Gesicht gegen das Gitterwerk und rief: »Pater Roche!« Gleich darauf wandte sie sich um und verkündete: »Er ist nicht hier, Kivrin. Vielleicht ist er in seinem Haus.« Damit rannte sie durch die Sakristei ins Freie.
    Kivrin war sicher, daß Agnes das nicht durfte, aber es blieb ihr nichts übrig als der Kleinen über den Friedhof zum Pfarrhaus zu folgen.
    Es mußte das Pfarrhaus sein, denn Agnes stand bereits vor der Tür und schrie: »Pater Roche!« und natürlich stand das Pfarrhaus neben der Kirche, doch war Kivrin gleichwohl überrascht.
    Das Haus war so bescheiden und baufällig wie die anderen Hütten, und nicht viel größer. Dem Dorfpfarrer sollte der Kirchenzehnte zustehen, ein Zehntel von jedermanns Ernte und Vieh, aber in dem schmalen Hof gab es außer ein paar mageren Hühnern keine Tiere, und neben dem Eingang

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