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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Kirche?«
    »Nein, ich irrte mich. Es gibt keinen bösen Mann.«
    Agnes schien nicht überzeugt. »Du hast geschrien«, sagte sie.
    Kivrin konnte sich vorstellen, wie Agnes ihrer Großmutter erzählte: »Lady Katherine und Pater Roche waren zusammen in der Kirche und sie schrie und rannte hinaus.« Frau Imeyne würde dies mit Vergnügen Pater Roches Sündenregister hinzufügen. Und ihrer Liste von Kivrins verdächtigen Handlungen.
    »Ich weiß, daß ich geschrien habe«, sagte Kivrin. »Es war dunkel in der Kirche. Plötzlich kam Pater Roche von rückwärts, und ich bekam einen Schreck und schrie vor Angst.«
    »Aber es war Pater Roche«, sagte Agnes, als könne sie sich nicht vorstellen, daß jemand Angst vor ihm habe.
    »Wenn du mit Rosemund Versteck spielst, und sie springt plötzlich hinter einem Baum auf dich zu, schreist du auch«, sagte Kivrin.
    »Einmal versteckte sie sich auf dem Heuboden, als ich mit meinem Hund spielte. Plötzlich sprang sie herunter. Ich hatte solche Angst, daß ich laut schrie. So«, sagte Agnes und stieß ein gellendes Kreischen aus. »Und ein anderes Mal war es dunkel in der Diele, und Gawyn sprang aus dem Durchgang und sagte ›Pfui!‹, und ich schrie und…«
    »Siehst du?« sagte Kivrin. »In der Kirche war es auch dunkel.«
    »Ist Pater Roche herausgesprungen und hat ›Pfui‹ gesagt?«
    Ja, dachte Kivrin. Er beugte sich über mich, und ich dachte, er sei ein Halsabschneider. »Nein«, sagte sie. »Er hat nichts getan.«
    »Gehen wir immer noch mit Pater Roche den Efeu holen?«
    Wenn ich ihn nicht verscheucht habe, dachte Kivrin. Wenn er nicht gegangen ist, während wir hier standen und redeten.
    Sie hob Agnes vom Pferd. »Komm mit. Wir müssen ihn suchen.«
    Sie wußte nicht, was sie tun würde, wenn er wirklich fortgegangen wäre. Sie konnte nicht mit Agnes zum Herrenhaus zurückkehren und Imeyne erzählen, wie sie geschrien hatte. Und sie konnte nicht zurückgehen, ohne Pater Roche den Sachverhalt zu erklären. Welchen Sachverhalt? Daß sie ihn für einen Räuber, einen Wüstling gehalten hatte? Daß sie gedacht hatte, er sei ein Alptraum aus ihrem Delirium?
    »Müssen wir wieder in die Kirche gehen?« fragte Agnes widerwillig.
    »Es ist alles in Ordnung. Es ist außer Pater Roche niemand dort.«
    Trotz ihrer Zusicherungen war Agnes abgeneigt, in die Kirche zurückzugehen. Sie verbarg ihren Kopf in Kivrins Röcken, als diese die Tür öffnete, und klammerte sich an ihr Bein.
    »Es ist schon gut«, sagte Kivrin. Sie spähte ins Kirchenschiff. Er war nicht mehr beim Sarkophag. Die Tür fiel schleifend hinter ihr zu, und sie stand da und wartete, daß ihre Augen sich an das schlechte Licht gewöhnten. Agnes drängte sich an sie. »Es ist nichts zu fürchten.«
    Er ist kein Halsabschneider, sagte sie sich. Es gibt keinen Grund zur Ängstlichkeit. Er gab dir die letzte Ölung. Er hielt dir die Hand. Aber das Herz schlug ihr im Halse.
    »Ist der böse Mann da?« flüsterte Agnes aus ihren Rockfalten.
    »Es gibt keinen bösen Mann«, sagte sie, und dann sah sie Pater Roche. Er stand vor der Statue der heiligen Katharina und hielt die Kerze, die Kivrin fallen gelassen hatte, in den Händen. Während sie hinsah, bückte er sich und stellte sie wieder vor die Statue, dann richtete er sich auf.
    Sie hatte gedacht, daß Kerzenschein und Dunkelheit und das Spiel der Schatten in dem von unten beleuchteten Gesicht ihr womöglich einen Streich gespielt hätten, und daß er doch nicht der Halsabschneider war, aber er war derselbe Mann. Im Wald hatte er eine Kapuze über den Kopf gezogen, so daß sie seine Tonsur nicht hatte sehen können, aber jetzt stand er gebeugt vor der Statue, wie er über sie gebeugt gewesen war. Ihr Herzklopfen verstärkte sich wieder.
    »Wo ist Pater Roche?« Agnes hob den Kopf aus ihren Rockfalten. »Da ist er!« rief sie und lief auf ihn zu.
    »Nein…«, sagte Kivrin und ging ihr nach. »Nicht…«
    »Pater Roche!« schrie Agnes. »Pater Roche! Wir haben dich gesucht!« Anscheinend hatte sie den bösen Mann vergessen. »Wir suchten in der Kirche und riefen vor dem Haus, aber du warst nicht da!« Sie rannte in vollem Lauf auf ihn zu. Er wandte sich um und bückte sich, fing Agnes auf und hob sie in einer geschmeidigen Bewegung auf seine Arme.
    »Ich suchte dich im Glockenturm, aber du warst nicht da«, sagte Agnes ohne die leiseste Spur von Furcht. »Rosemund sagte, du seist fortgegangen.«
    Kivrin blieb bei der letzten Säule stehen und versuchte zur Ruhe

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