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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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zu sehen, ob es Weiden waren. Es waren welche, und hinter ihnen konnte sie die ausladende Krone einer großen Eiche sehen. Sie warf die Zügel des Rotfuchses über die Weidenzweige und arbeitete sich ins Dickicht hinein. Nasser Schnee plumpste auf sie herab. Ein Schwarm kleiner Vögel flog mit aufgeregtem Gezwitscher auf. Sie kämpfte sich durch das verschneite Dickicht bis zur Lichtung, die dort sein mußte. Und sie war dort.
    Und da war die Eiche, und jenseits davon, der Straße entgegengesetzt, die Birkenstämme, die so ausgesehen hatten, als lichte sich der Wald. Es mußte der Absetzort sein.
    Dennoch sah er nicht richtig aus. War die Lichtung nicht kleiner gewesen? Und die Eiche hatte mehr dürres Laub getragen, mehr Nester. Auf einer Seite der Lichtung war ein Schwarzdorn, dessen mattblaue Schlehenbeeren zwischen den bösartigen langen Dornen hervorschauten. An diesen Strauch erinnerte sie sich nicht, obwohl sie die Lichtung umrundet hatte. Er wäre ihr sicherlich nicht entgangen.
    Es ist der Schnee, dachte sie, er läßt die Lichtung größer erscheinen. Er lag hier annähernd einen halben Meter hoch und war glatt, unberührt. Nichts deutete darauf hin, daß jemals ein Mensch hier gewesen war.
    »Ist das die Stelle, wo wir Efeu sammeln sollen?« Rosemund arbeitete sich durch das Dickicht zu ihr durch. Sie blickte umher. »Hier gibt es keinen Efeu.«
    Aber es hatte Efeu gegeben, nicht wahr, am dicken Eichenstamm, und Pilze, oder trog die Erinnerung? Es ist der Schnee, dachte sie. Der Schnee hat alle Merkmale zugedeckt. Und die Spuren, die Gawyn beim herausziehen des Fuhrwerks und der Kisten hinterlassen haben mußte.
    Der Kasten – Gawyn hatte den Kasten nicht zum Gutshof zurückgebracht. Er hatte ihn nicht gesehen, weil sie ihn in den Weiden am Straßenrand versteckt hatte.
    Sie drängte sich an Rosemund vorbei durch das Weidengebüsch, ohne auf den Schnee zu achten, der in Klumpen auf sie herabfiel. Der messingbeschlagene Kasten würde auch im Schnee begraben sein, aber am Straßenrand war er nicht so tief, und der Kasten war so groß, daß er leicht zu finden sein mußte.
    »Katherine!« rief Rosemund dicht hinter ihr. »Wohin willst du jetzt?«
    »Kivrin!« rief Agnes. Sie hatte versucht, mitten auf dem Fahrweg von ihrem Pferd zu steigen, war aber mit dem Fuß im Steigbügel hängengeblieben. »Kivrin, komm und hilf mir!«
    Kivrin blickte zu ihr, dann den Weg hinauf.
    Pater Roche war noch immer auf der Anhöhe und kämpfte mit dem Esel. Anscheinend hatte er ihn ein Stück vorangebracht, aber nun war wieder Schluß. Sie mußte den Kasten finden, bevor er kam. »Bleib auf deinem Pferd, Agnes«, sagte sie und bückte sich, um den Schnee unter den Weidenbüschen zu durchfühlen.
    »Was suchst du?« fragte Rosemund. »Hier ist kein Efeu!«
    »Kivrin, komm jetzt!« rief Agnes.
    Vielleicht hatte die Schneelast die Weidenzweige gebeugt, und der Kasten war weiter unter ihnen. Sie bückte sich tiefer, hielt sich an den dünnen, biegsamen Zweigen und versuchte den Schnee beiseite zu räumen. Aber der messingbeschlagene Kasten war nicht da. Sie sah es gleich, weil die Weidensträucher das Unkraut und den Boden darunter vom Schnee freigehalten hatten; dort lag er nur ein paar Zentimeter hoch. Aber wenn dies der Absetzort war, mußte der Kasten hier sein, dachte Kivrin, wie betäubt vor Enttäuschung. Wenn dies der Ort ist.
    Wieder rief Agnes sie beim Namen, und Kivrin blickte zurück. Die Kleine war abgestiegen und kam auf sie zugerannt.
    »Lauf nicht!« rief Kivrin, aber die Worte waren kaum heraus, da stolperte Agnes über irgendein Hindernis und schlug auf den Boden.
    Der Aufprall preßte ihr die Luft aus den Lungen, und Kivrin und Rosemund waren beide bei ihr, bevor sie zu weinen begann. Kivrin nahm sie in die Arme und richtete sie auf, daß sie Luft holen konnte.
    Agnes keuchte, schnappte nach Luft und begann zu schreien.
    »Geh und schau, wo Pater Roche bleibt«, sagte Kivrin zu Rosemund. »Er ist oben auf der Anhöhe. Sein Esel wollte nicht weiter.«
    »Er kommt schon«, sagte Rosemund. Kivrin wandte den Kopf. Er kam schwerfällig den Weg heruntergelaufen, ohne den Esel, und Kivrin war nahe daran, auch ihm »Lauf nicht!« zuzurufen, aber Agnes schrie so laut, daß es alles übertönt hätte.
    »Schhh«, sagte Kivrin. »Es fehlt dir gar nichts. Es ist bloß der Schreck, und daß du keine Luft bekommen hast.«
    Pater Roche kam zu ihnen, und Agnes warf sich ihm sofort in die Arme. Er drückte sie an sich. »Still,

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