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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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achtundvierzig Stunden. Es ist wirklich nicht nötig, ihn auszufragen, von wem er die Infektion hat. Wie fühlen Sie sich?«
    Er hatte zur Untersuchung bleiben müssen, und dann war ein neuer Fall eingeliefert worden, und er hatte gewartet, um zu sehen, ob er ihn identifizieren könne. Erst gegen eins war er ins Bett gekommen.
    Colin gab Dunworthy einen Knallbonbon und bestand darauf, daß er daran ziehe, die Krone aus gelbem Seidenpapier aufsetze und sein Motto laut vorlese. Es hieß: »Wann ist die Wahrscheinlichkeit am größten, daß St. Nikolaus hereinkommt? Wenn die Tür offen ist.«
    Colin trug bereits eine rote Papierkrone. Er saß am Boden und öffnete seine Geschenke. Die Seifentabletten waren ein großer Erfolg. »Sehen Sie«, sagte Colin und streckte die Zunge aus, »sie bekommen verschiedene Farben.« Sie färbten auch seine Zähne und die Ränder seiner Lippen.
    Er schien sich über das Buch zu freuen, obwohl offensichtlich war, daß ihm Holos statt der Abbildungen lieber gewesen wären. Er blätterte darin herum und betrachtete die Illustrationen.
    »Sehen Sie sich das an«, sagte er und hielt den Band Dunworthy hin, der noch bemüht war, sich aus dem Schlaf zu lösen.
    Es war der Sarkophag eines Ritters, auf der Deckplatte die übliche gemeißelte Reliefdarstellung des Verblichenen in voller Rüstung, Gesicht und Haltung das Bild ewiger Ruhe, aber auf der Seite des Sarkophags hatte der Steinmetz die Illusion einer Art Fensteröffnung geschaffen, in welcher der Leichnam des toten Ritters zu sehen war, wie er den Sargdeckel hochstieß und herauszusteigen versuchte, das verwesende Fleisch in Fetzen von den Knochen hängend, die skelettierten Hände zu Krallen gekrümmt, das Gesicht ein Totenschädel mit leeren Augenhöhlen, Maden krochen um seine Beine, über sein Schwert und die halb bloßgelegten Rippe. »Oxfordshire, ca. 1350«, lautete die Bildunterschrift. »Ein Beispiel für die makabre Ausschmückung der Grabmäler, wie sie nach der Pestepidemie gebräuchlich wurde.«
    »Apokalyptisch, was?« sagte Colin begeistert.
    Noch höflicher war er, als er den Schal ausgepackt hatte. »Die gute Absicht ist es, die zählt, nicht wahr?« sagte er und hielt den Schal an einem Ende in die Höhe, um nach einer Minute hinzuzufügen: »Vielleicht kann ich ihn bei Krankenbesuchen tragen. Denen macht es nichts aus, wie er aussieht.«
    »Welche Kranken willst du besuchen?« fragte Dunworthy.
    Colin stand vom Boden auf, ging zu seiner Tasche und begann darin zu wühlen. »Der Vikar fragte mich gestern abend, ob ich Botengänge für ihn übernehmen könnte, Leute besuchen und ihnen Medizin und anderes bringen.«
    Er fischte einen Papierbeutel aus der Tasche. »Das ist Ihr Geschenk«, sagte er und gab ihn Dunworthy. »Es ist nicht eingewickelt«, ergänzte er überflüssigerweise. »Mr. Finch sagte, wir sollten wegen der Epidemie Papier sparen.«
    Dunworthy griff in den Papierbeutel und zog ein dünnes rötliches Buch heraus.
    »Es ist ein Terminkalender«, sagte Colin. »Da können Sie die Tage abhaken, bis Ihr Mädchen zurückkommt.« Er schlug die erste Seite auf. »Sehen Sie, ich suchte einen aus, der noch den Dezember hat.«
    »Danke, mein Junge«, sagte Dunworthy und schlug ihn auf. Weihnachten. Das Fest der Unschuldigen Kinder. Neujahr. Dreikönig. »Das war sehr aufmerksam von dir.«
    »Eigentlich wollte ich Ihnen ein Modell vom Carfax-Turm kaufen, das die Melodie ›Ich hörte die Glocken am Weihnachtstag‹ spielt«, sagte Colin, »aber es kostete zwanzig Pfund!«
    Das Telefon läutete, und Colin und Dunworthy stürzten sich beide darauf. »Ich wette, es ist meine Mutter«, sagte Colin.
    Es war Mary, die aus der Klinik anrief. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Verschlafen«, sagte Dunworthy.
    Colin grinste ihn an.
    »Wie geht es Latimer?« fragte Dunworthy.
    »Gut«, sagte Mary. Sie trug noch ihren weißen Kittel, hatte aber ihr Haar gekämmt und sah munter aus. »Er scheint mit einer sehr leichten Form davonzukommen. Wir haben eine Verbindung mit dem Virus aus South Carolina festgestellt.«
    »Latimer war in South Carolina?«
    »Nein. Einer der Studenten, die Sie gestern abend befragten… großer Gott, ich meine, vorgestern abend. Ich verliere jedes Zeitgefühl. Einer von denen, die in Headington bei der Tanzveranstaltung waren. Er log zuerst, weil er aus seinem College verduftet war, um sich mit einem Mädchen zu treffen, und sich von einem Freund hatte in die Anwesenheitsliste eintragen lassen.«
    »Nach South

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