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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Agnes«, murmelte er in seiner wundervoll beruhigenden Stimme. »Sei ganz ruhig.« Ihr Geschrei ging in Schluchzen über.
    Kivrin klopfte ihr den Schnee vom Umhang. »Wo hast du dich verletzt? Hast du dir die Hände aufgeschürft?«
    Pater Roche drehte sie in seinen Armen herum, daß Kivrin ihr die Fäustlinge ausziehen konnte. Ihre Hände waren gerötet, aber unverletzt. »Wo tut es weh?«
    »Sie ist nicht verletzt«, sagte Rosemund. »Sie schreit, weil sie ein Baby ist!«
    »Ich bin kein Baby!« sagte Agnes mit solcher Heftigkeit, daß sie beinahe Pater Roches Armen entglitt. »Ich bin mit dem Knie aufgeschlagen.«
    »Mit welchem?« fragte Kivrin. »Mit dem, das schon verletzt war?«
    »Ja! Nicht hinschauen!« sagte sie, als Kivrin sich bückte, um ihr Bein zu untersuchen.
    »Schon gut, ich werde es nicht tun«, sagte Kivrin. Die Knieverletzung war verschorft. Wahrscheinlich hatte der Aufprall den Schorf losgerissen. Wenn es nicht so stark blutete, daß es ihre wollenen Beinlinge und die Umwicklung durchtränkte, hatte es keinen Sinn, sie hier im Schnee auszuziehen und der Kälte preiszugeben. »Aber daheim mußt du es mich anschauen lassen.«
    »Können wir jetzt heimgehen?« fragte Agnes weinerlich.
    Kivrin blickte hilflos zum Dickicht hinüber. Das mußte die Stelle sein. Die Weiden, die Lichtung, der baumlose Höhenzug. Es mußte der Absetzort sein. Vielleicht hatte sie den Kasten tiefer unter die Weiden geschoben als sie dachte, und der Schnee…
    »Ich will jetzt heim!« quengelte Agnes und begann zu schluchzen. »Mir ist kalt!«
    Kivrin nickte. Agnes’ Fäustlinge waren zu naß, um sie ihr wieder anzuziehen. Kivrin zog ihre geborgten Handschuhe aus und gab sie ihr. Sie reichten halb über Agnes’ Unterarme, was sie begeisterte, und Kivrin dachte schon, sie habe ihr Knie vergessen, aber als Pater Roche sie auf ihr Pony setzen wollte, schluchzte sie: »Ich möchte mit dir reiten.«
    Kivrin nickte wieder und saß auf. Pater Roche reichte ihr Agnes herauf und führte Agnes’ Pony zurück auf die Anhöhe. Oben stand der Esel am Straßenrand und weidete das Gras und die Kräuter ab, die unter den Sträuchern aus dem dünnen Schnee schauten.
    Als Pater Roche bei ihm anlangte und den Strick nahm, versteifte sich der Esel augenblicklich und stemmte die Hufe in den Boden, doch sobald Pater Roche den Kopf wandte und mit Agnes’ Pony weiter die Straße zurück und den jenseitigen Hang hinunterging, trottete er ihm bereitwillig nach.
    Kivrin blickte durch den Regen zurück zum Dickicht und suchte die Lichtung auszumachen. Es ist bestimmt die Stelle, sagte sie sich, aber sie war nicht sicher. Selbst die Anhöhe sah von ihrem Standort irgendwie falsch aus.
    Der Regen verwandelte den Schnee allmählich in Matsch, und Rosemunds Pferd geriet ins Schlittern, als sie es im Galopp die gerade Strecke zur Weggabelung zurücktrieb. Sie mußte es im Trab gehen lassen.
    Bei der nächsten Abzweigung schlug Roche den Weg nach links ein. Er war begleitet von Weidendickichten und Eichen, und verschlammten Wagengleisen in jeder Senke zwischen den Bodenwellen.
    »Reiten wir jetzt heim, Kivrin?« fragte Agnes. Kivrin fühlte, wie der kleine Körper an ihr zitterte.
    »Ja«, sagte sie und zog das Ende ihres Umhangs nach vorn über Agnes. »Schmerzt dein Knie noch?«
    »Nein. Wir haben keinen Efeu gesammelt.« Sie richtete sich auf und wandte den Kopf, um Kivrin anzusehen. »Konntest du dich erinnern, als du Stelle sahst?«
    »Nein«, sagte Kivrin.
    »Gut«, sagte Agnes und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer wieder an sie. »Jetzt mußt du immer bei uns bleiben.«

 
17
     
     
    Andrews rief Dunworthy erst am Spätnachmittag des Weihnachtstages an. Colin hatte natürlich darauf bestanden, seine wenigen Geschenke zu unchristlicher Stunde zu öffnen.
    »Wollen Sie den ganzen Tag im Bett bleiben?« hatte er wissen wollen, während Dunworthy nach einer Brille getastet hatte. »Es ist gleich acht.«
    Tatsächlich war es Viertel nach sechs, draußen pechschwarze Nacht, sogar zu dunkel, um zu sehen, ob es noch regnete. Natürlich hatte Colin viel länger schlafen können als er. Nach dem ökumenischen Gottesdienst hatte Dunworthy ihn nach Haus ins Balliol College geschickt und war in die Klinik gegangen, um sich nach Latimer zu erkundigen.
    »Er hat Fieber, aber die Lunge ist bisher nicht angegriffen«, hatte Mary ihm berichtet. »Er kam um fünf und sagte, er habe um ein Uhr herum Kopfschmerzen bekommen und Benommenheit gefühlt. Genau

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