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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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sagte Agnes. »Frau Ivolde ist Sir Bloets Schwester.«
    »Aber Rosemund ist zu jung«, sagte Kivrin in einer ersten, gefühlsmäßigen Reaktion. Aber sie wußte, daß es im Mittelalter üblich gewesen war, Mädchen schon im Kindesalter zu verheiraten, bisweilen schon bei der Geburt. Eheschließungen waren rein wirtschaftliche und politische Rechtsgeschäfte gewesen, ein Mittel, um Ländereien zu erwerben, Macht zu vergrößern und das Ansehen zu erhöhen. Rosemund war unzweifelhaft schon in Agnes’ Alter ausersehen worden, jemanden wie Sir Bloet zu heiraten. Aber Kivrin mußte auch an die Geschichten von blutjungen Mädchen denken, die mit zahnlosen, ausschweifenden alten Männern verheiratet worden waren.
    »Mag Rosemund Sir Bloet?« fragte sie. Natürlich mochte sie ihn nicht. Seit sie gehört hatte, daß er kommen wollte, war sie wie ausgewechselt, mißgelaunt, haßerfüllt, beinahe hysterisch.
    »Ich mag ihn«, sagte Agnes. »Er hat mir ein silberbeschlagenes Zaumzeug versprochen, wenn sie heiraten.«
    Kivrin blickte voraus zu Rosemund, die in weiter Entfernung wartete. Es war nicht gesagt, daß Sir Bloet alt und ausschweifend war. Sie nahm das genauso an, wie sie angenommen hatte, daß Frau Ivolde seine Frau sei. Vielleicht war er noch jung, und Rosemunds schlechte Laune konnte Ausdruck ihrer Nervosität sein. Oder sie würde ihre Einstellung zu ihm bis zur Hochzeit noch ändern. Die eigentliche Hochzeit fand gewöhnlich erst statt, wenn die Mädchen vierzehn oder fünfzehn waren, jedenfalls nicht, bevor sie anfingen, Zeichen von Reife zu zeigen.
    »Wann sollen sie heiraten?« fragte sie Agnes.
    »Zu Ostern.«
    Sie kamen zu einer weiteren Weggabelung. Diese war viel schmaler, die beiden Fahrwege verliefen über hundert Meter beinahe parallel, bevor derjenige, den Rosemund genommen hatte, eine niedrige Anhöhe hinaufführte.
    Zwölf Jahre alt und in drei Monaten verheiratet. Kein Wunder, daß Eliwys Sir Bloet nicht hatte wissen lassen wollen, daß sie hier waren. Vielleicht billigte sie nicht, daß Rosemund so jung heiratete, und vielleicht war Rosemund ihm nur versprochen worden, um ihrem Vater aus den Schwierigkeiten herauszuhelfen, in denen er steckte.
    Rosemund ritt bis auf den Rücken der Anhöhe und kam dann zurückgaloppiert. »Wohin führst du uns?« fragte sie ihn. »Bald kommen wir in offenes Gelände.«
    »Wir sind beinahe da, Rosemund«, sagte Pater Roche.
    Sie wendete ihr Pferd und galoppierte wieder voraus und über den Hügel, wo sie kurze Zeit außer Sicht blieb, kam wieder zum Vorschein, galoppierte auf die anderen zu, warf das Pferd herum und ritt wieder voraus. Wie die Ratte im Käfig, dachte Kivrin, verzweifelt nach einem Ausweg suchend.
    Das Nieseln verstärkte sich zu Graupeln. Pater Roche zog sich die Kapuze über den Kopf und führte den Esel die leichte Steigung hinauf. Er ging willig hinauf, blieb aber stehen, sobald er die Höhe erreicht hatte. Pater Roche zog am Strick, und der Esel zog zurück.
    Kivrin und Agnes holten ihn ein. »Was hat er?« fragte Kivrin.
    »Komm, Balaam«, sagte Pater Roche und ergriff den Strick mit beiden Händen, aber der Esel gab nicht nach. Er stemmte die Hufe in den Boden und lehnte sich gegen den Zug rückwärts, bis er beinahe auf der Hinterhand saß.
    »Vielleicht mag er den Regen nicht«, sagte Agnes.
    »Können wir helfen?« fragte Kivrin.
    Er schüttelte den Kopf und winkte sie vorbei. »Reitet nur voraus. Es wird besser mit ihm gehen, wenn die Pferde nicht hier sind.«
    Er wickelte sich den Strick um die Hand und ging um den Esel herum nach hinten, als wollte er ihn schieben. Kivrin ritt langsam mit Agnes weiter, sah sich aber immer wieder um, weil sie befürchtete, der Esel könnte plötzlich ausschlagen und seinen Kopf treffen. Dann ritten sie auf der anderen Seite hinunter, und Pfarrer und Esel kamen außer Sicht.
    Der Wald vor ihnen war in Regenschleier gehüllt. Der Schnee schmolz bereits von der Straße, und am Fuß des Hügels waren die tief eingeschnittenen Wagengleise mit schlammigen Wasserlachen gefüllt. Zu beiden Seiten war dichtes, schneebedecktes Gebüsch. Rosemund hielt weit voraus auf der nächsten Bodenerhebung. Sie war nur bis zur Hälfte bewaldet, und darüber dehnten sich Schneeflächen. Und dahinter, dachte Kivrin, sieht man über die weite Ebene bis zur Straße nach Oxford.
    »Wohin willst du, Kivrin? Warte!« rief Agnes. Aber Kivrin war bereits die Anhöhe hinunter und abgesessen und schüttelte die schneebedeckten Büsche, um

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