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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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steckte das Bündel der übrigen Plakate unter den Arm und ging hinaus.
    »Tragen Sie Ihre Schutzmaske«, sagte Dunworthy.
    Colin grinste von der Tür zurück. »Genau das sagte der Gallenstein. Und, daß der Herr jeden zerschmettern würde, der nicht auf die Worte der Rechtschaffenen hört.« Er zog den grauen Plaidschal hervor und wickelte ihn sich im Stil eines Wegelagerers um die untere Gesichtshälfte. »Den trage ich statt einer Schutzmaske.«
    »Stoff kann Viren nicht fernhalten.«
    »Ich weiß. Es ist die Farbe. Die schreckt sie ab.« Er schlüpfte hinaus.
    Dunworthy rief Mary an, um ihr zu sagen, daß die Krankenstation eingerichtet sei, kam aber nicht durch, also ging er hinüber zur Klinik. Der Regen hatte ausgesetzt, und auf den Straßen waren wieder Menschen zu sehen. Die meisten trugen Schutzmasken bei ihren Einkäufen. Vor der Apotheke stand eine Schlange. Dennoch wirkten die Straßen unnatürlich still.
    Endlich hat jemand das Glockenspiel ausgeschaltet, dachte Dunworthy. Vielleicht ist es das.
    Mary war in ihrem Büro und starrte auf einen Bildschirm. »Endlich liegt die genaue Bestimmung vor«, sagte sie, bevor er ihr von der Krankenstation berichten konnte.
    »Haben Sie Gilchrist informiert?«
    »Nein«, sagte sie. »Es ist nicht das Virus aus Uruguay. Auch nicht das aus South Carolina.«
    »Was ist es dann?«
    »Es ist ein H9N2. Das South Carolina- und das Uruguay-Virus waren beide H3.«
    »Woher ist er dann gekommen?«
    »Das Grippezentrum weiß es nicht. Es ist kein bekanntes Virus. Bisher nicht klassifiziert.« Sie zeigte ihm einen Ausdruck. »Es hat eine hohe Mutationsrate, sieben Punkte, was erklärt, warum er tödlich wirkt.«
    Der Ausdruck war wie Finchs Liste der Variationen mit Zahlenkolonnen bedeckt und ebenso unverständlich. »Von irgendwo muß der Erreger aber doch gekommen sein.«
    »Nicht unbedingt. Ungefähr alle zehn Jahre gibt es eine größere antigene Verlagerung mit epidemischen Potential, also könnte der Erreger in Badri seinen Ursprung haben.« Sie nahm den Ausdruck zurück. »Wissen Sie, ob er in der Nähe von Bauernhöfen mit Viehhaltung lebt?«
    »Viehhaltung? Er lebt in einer Wohnung in Headington.«
    »Mutationen entstehen bisweilen durch die Kreuzung bei Vögeln vorkommender Arten mit solchen, die mehr auf Menschen spezialisiert sind. Das Grippezentrum wünscht, daß wir mögliche Kontakte mit Vögeln und Einwirkung von Röntgenstrahlen überprüfen. Virale Mutationen werden manchmal durch Röntgenbestrahlung verursacht.« Sie studierte den Ausdruck, als ergäbe er einen Sinn. »Es ist jedenfalls eine ungewöhnliche Mutation. Es gibt keine Rekombination der Hämagglutinin-Gene, nur eine extrem große Punktmutation.«
    Kein Wunder, daß sie Gilchrist nicht verständigt hatte. Er hatte angekündigt, daß er das Laboratorium öffnen würde, sobald die genetische Entschlüsselung der Viren gelungen und ein Impfstoff hergestellt sei, aber diese Nachricht würde ihn nur in seinen lächerlichen Theorien bestärken.
    »Wann wird es ein Gegenmittel geben?«
    »Sobald ein Analogon hergestellt werden kann. Und ein Impfstoff. Die Arbeit am Prototyp hat bereits begonnen.«
    »Wie lang wird es dauern?«
    »Drei bis fünf Tage, um einen Prototyp hervorzubringen, dann mindestens weitere fünf für die Herstellung, vorausgesetzt, es entstehen keine Schwierigkeiten bei der Duplizierung der Proteine. Um den 10. Januar herum sollten wir in der Lage sein, mit Impfungen zu beginnen.«
    Um den 10. Januar herum. Und das wäre erst der Anfang der Immunisierung. Wie lange würde es dauern, die gesamte Quarantänezone zu immunisieren? Eine Woche? Zwei? Bis Gilchrist und die Protestler es für ungefährlich hielten, das Laboratorium zu öffnen?
    »Das ist zu lang«, sagte er.
    Mary seufzte. »Ich weiß. Man darf nicht daran denken, wie viele Fälle wir bis dahin haben werden. Heute morgen hat es bereits fünf neue gegeben.«
    »Glauben Sie, daß es eine mutierte Art ist?«
    Sie dachte darüber nach. »Nein. Ich halte es für viel wahrscheinlicher, daß Badri den Erreger bei dieser Tanzveranstaltung in Headington von jemandem einfing. Es können Jaina oder Leute der Earth First-Bewegung oder andere dagewesen sein, die von antiviralen Mitteln und der ganzen modernen Medizin nichts halten. Die kanadische Gänseinfluenza von 2010 wurde, wenn Sie sich erinnern, zu einer landwirtschaftlichen Genossenschaft zurückverfolgt, die von einer strikt antimodernistischen christlichen Sekte betrieben wird. Es

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