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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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jedoch, daß sie auf handfesten historischen Tatsachen beruhen.«
    Auf handfesten historischen Tatsachen. Hinweise auf Fieber und Krankheiten der Brust, die alles sein konnten, Lungenentzündung oder Typhus oder hundert andere namenlose Infektionen. Alles das ging an der Sache vorbei.
    »Das Virus kann nicht durch das Netz gekommen sein«, sagte er. »Es wurden Absetzoperationen in Seuchenzeiten und auf Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges durchgeführt, wo Senfgas eingesetzt wurde, nach Tel Aviv. Der Fachbereich 20. Jahrhundert schickte Meß- und Untersuchungsinstrumente zwei Tage nach einem oberirdischen Atomtest zum Explosionsort. Nichts kommt durch.«
    »Das sagen Sie.« Er hielt einen Computerausdruck hoch. »Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergibt unter Berücksichtigung aller Faktoren, daß in 0,08 Prozent aller Fälle mit der Möglichkeit einer Übertragung von Mikroorganismen durch das Netz gerechnet werden muß. Und daß bei der Öffnung des Netzes die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins aktiver Myxoviren im kritischen Bereich 22,1 Prozent betrug.«
    »Woher, in Gottes Namen, haben Sie diese Zahlen?« fragte Dunworthy. »Aus dem Hut gezaubert? Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung«, sagte er mit ironischer Betonung des Wortes, »lag die Möglichkeit, daß jemand anwesend sein würde, wenn Kivrin durchginge, bei nur 0,4 Prozent, eine Wahrscheinlichkeit, die Sie für statistisch bedeutungslos erklärten.«
    »Viren sind außerordentlich widerstandsfähige Organismen«, sagte Gilchrist. »Es ist bekannt, daß sie lange Zeiträume im Ruhezustand überdauern können, Zeiträume, in denen sie extremen Temperaturen, Trockenheit und Feuchtigkeit ausgesetzt sind, und trotzdem lebensfähig bleiben. Unter bestimmten Bedingungen bilden sie Kristalle, die ihre Struktur sogar unbegrenzte Zeit erhalten. Werden sie dann wieder in eine Lösung überführt, erweist sich ihre Virulenz als ungebrochen. Lebensfähige Kristalle des Tabakmosaikvirus sind entdeckt worden, die aus dem 16. Jahrhundert datieren.
    Es besteht offensichtlich ein nicht zu unterschätzendes Risiko, daß Viren übertragen werden, wenn das Netz geöffnet wird, und unter den Umständen kann ich eine Öffnung des Netzes unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht gestatten.«
    »Das Virus kann nicht durch das Netz gekommen sein«, sagte Dunworthy.
    »Warum sind Sie dann so begierig, die Fixierung lesen zu lassen?«
    »Weil…« Dunworthy brach ab, um seine Beherrschung zu wahren. »Weil die Ablesung uns verraten wird, ob die Absetzoperation wie geplant verlief oder ob etwas schiefging.«
    »Ach, Sie geben also zu, daß die Möglichkeit eines Irrtums besteht?« sagte Gilchrist. »Warum dann nicht ein Irrtum, der das Eindringen von Viren durch das Netz erlauben würde? Solange diese Möglichkeit besteht, wird das Laboratorium gesperrt bleiben. Ich bin ganz sicher, daß Mr. Basingame meine Vorgehensweise billigen wird.«
    Basingame, dachte Dunworthy. Darum allein ging es ihm. Es hatte nichts mit dem Virus oder den Demonstranten oder »Krankheiten der Brust« im Jahre 1318 zu tun. Alles war nur darauf abgestellt, sein Handeln vor Basingame zu rechtfertigen.
    Gilchrist war in Basingames Abwesenheit amtierender Dekan. In dieser Eigenschaft hatte er die Einstufung geändert und die Absetzoperation überstürzt, offensichtlich mit der Absicht, Basingame vor ein brillantes fait accompli zu stellen. Aber das war nun in Gefahr, denn eine Epidemie war dazwischengekommen, die Stadt stand unter Quarantäne, Leute demonstrierten vor dem College, und nun kam es ihm vor allem darauf an, sein Handeln zu rechtfertigen und sich unbeschadet aus der Affäre zu ziehen.
    »Was ist mit Kivrin? Billigt sie Ihre Handlungsweise?« sagte er.
    »Miss Engle war sich der Risiken vollauf bewußt, als sie sich freiwillig meldete, in das Jahr 1320 zu gehen.«
    »War ihr bewußt, daß Sie sie unter Umständen aufgeben würden?«
    Gilchrist stand auf. »Dieses Gespräch ist beendet, Mr. Dunworthy. Ich werde das Laboratorium öffnen, sobald die Herkunft des Virus’ geklärt und zu meiner Zufriedenheit erwiesen ist, daß er keinesfalls durch das Netz gekommen ist.«
    Er führte Dunworthy zur Tür. Draußen wartete der Portier.
    »Ich habe nicht die Absicht, zuzulassen, daß Sie Kivrin aufgeben«, sagte Dunworthy.
    »Und ich habe nicht die Absicht, zuzulassen, daß Sie die Gesundheit dieser Gemeinde gefährden!« Er wandte sich zum Pförtner. »Geleiten Sie Mr. Dunworthy zum Tor! Sollte er

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